Es ist nicht lange her, da schwärmte Michael Liebl noch über seine Crew, "Rock 'n' Roll" habe er gesehen von seinem Münchner Yacht-Club (MYC) beim Auftakt der Segel-Bundesliga in Starnberg. Längst sind es andere Töne, die er anschlägt, mehr Moll als Dur. "Wir sind enttäuscht, den Abstieg hab ich zu verantworten", sagt der Teammanager nun. Und schiebt nach: "Aber das ist die Philosophie des Vereins." Doch mit Philosophen lässt es sich schlecht segeln, gerade wenn der raue Wind der Realität bläst. Am Ende fehlten zwei Punkte auf das rettende Ufer, Platz 15 bedeutet den Abstieg.
Der Kurs des Vereins sieht vor, möglichst viele Segler "in den Genuss Bundesliga kommen zu lassen". Liebl schickte praktisch sechs verschiedene Besatzungen an den sechs Spieltagen ins Rennen, darunter ein blutjunges Nachwuchsteam sowie eine reine Frauencrew. Aber es geht natürlich nicht darum, den Vereinsmitgliedern einen hübschen Segeltörn zu ermöglichen in einem kompetitiven Umfeld. Sondern darum, nicht in Abhängigkeit zu geraten von den Besten. "Wir wollen nicht den Fehler machen, an fünf oder sechs Seglern festzuhalten", sagt Liebl. Schnell entstehe hinter den Top-Leuten ein Vakuum an erfahrenen Sportlern, während der Nachwuchs vergrault ist, weil er nur zuschauen darf.
Der DTYC will seine Mannschaft verkleinern, um wieder näher an die Spitze heranzurücken
Dabei waren am finalen Spieltag in Glücksburg an der Ostsee mit Andi Lachenschmid, immerhin Weltmeister in der Bootsklasse Musto-Skiff, und Maximilian Adami recht erfahrene Segler im Boot, mit Platz zwölf waren die Münchner sogar die beste bayerische Mannschaft. "Aber vielleicht ist es gut, runterzugehen. In der zweiten Liga, da haben wir Zeit, uns zu sammeln." Dort soll es weitergehen mit der Ausbildung. Und: "Der Druck ist nicht mehr so groß." Die Rückkehr in die Beletage ist fest eingeplant: "2020 segeln wir wieder Bundesliga", sagt Liebl.
Nicht nur der MYC befindet sich in einem Umbruch, das trifft auch für die Konkurrenten vom Starnberger See zu, auch sie taten sich schwer. Die Binnensegler aus dem Süden hatten es in der Flensburger Förde an der Ostsee schwer. Dort, wo im Renaissanceschloss die Herzöge von Glücksburg und später das dänische Königshaus residierte, hatten die Segler mit drehenden Winden zu kämpfen, "ziemlich tricky", sagt Ilja Wolf, Teammanager beim Bayerischen Yacht-Club (BYC). Sein Team hätte die Liga noch spannend machen und den führenden Verein Seglerhaus am Wannsee angreifen können, um ihm den Meistertitel streitig zu machen. Aber als Wolf sich an den Taschenrechner setzte und zu dem Ergebnis kam, dass im schlechtesten Fall nur der siebte Platz drohte, da hat er gleich die Besetzung aus der Junioren-Bundesliga aufgeboten. Die schaffte es, mit dem vorletzten Platz immerhin noch Rang vier zu verteidigen - was sogar zur Qualifikation für die Champions League reichte. Die großen Namen am Steuer hatten gefehlt, Philipp Authenried und Veit Hemmeter waren privat verhindert. "Nix erwartet" hatte Wolf von der jugendlichen Besatzung um Felix Kaiser, Nico Jansen, Moritz Forster und Jonas Royla. "Aber ich mache da einen Unterschied zwischen erwarten und erhoffen." Und erhoffen durfte er sich, dass seine Teenager-Crew sich den ein oder andern Kniff abschauen würde. Gerade bei den Starts zog die abgebrühte Konkurrenz vorbei. "Sie sollen die Speichertaste drücken und die guten Erfahrungen behalten", das habe er ihnen mitgegeben. Der Start im Finale der Bundesliga darf also als eine Investition in die Zukunft gelten. Schließlich wolle man den BYC einer "Verjüngungskur" unterziehen. Für das nächste Jahr habe man den Titelkampf schon mal abgeblasen. "Wenn man die Jugend aufbaut, braucht man nicht vom Titel zu sprechen", sagt Wolf.
Auch der Deutsche Touring Yacht-Club aus Tutzing segelt im Moment weit hinter seinen Ansprüchen und der ruhmreichen Vergangenheit her. Zwei Meister-Trophäen und der Champions-League-Pokal stehen in der Vitrine. "Bei denen, die die erfolgreiche Zeit miterlebt haben, war die Luft raus", sagt Segel-Profi Patrick Follmann. Deshalb war ja eigentlich der Plan, mit neuem Personal anzugreifen, Segler, die "heißer" sind. "Aber das hat nicht geklappt." Der DTYC landete auf Platz zwölf. Als Reaktion riefen sie in Tutzing erneut eine Wende aus und kündigten einen "Generationenwechsel" an. Zudem soll die Mannschaft verkleinert werden, wie es die Spitzenklubs gerade vormachen. "Die Teams, die vorne sind, arbeiten mit höchstens zehn Seglern", sagt Follmann. Da will auch der DTYC wieder hin. Diesmal mit Seglern, die sich "committen", sich zum Sport bekennen also, damit man wieder vorne angreifen könne, "und nicht mehr so knapp an die Abstiegsplätze rankommt", sagt Follmann. Das mache auch mehr Spaß, als schlecht vorbereitet hinterherzusegeln.