Seehofer zu GBW-Wohnungen:Die Entdeckung der Mieter

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Eine schnelle Klimaerwärmung: Ministerpräsident Horst Seehofer sichert den GBW-Bewohnern vertraglichen Schutz zu - und nimmt damit seinem Konkurrenten Ude ein Wahlkampfthema.

Bernd Kastner

Kaum hat man drei Jahre lang diskutiert und geschimpft und gedroht, schon sitzt man gemeinsam an einem Tisch, und redet nicht mehr übereinander, sondern miteinander. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte für den Donnerstag Mietervertreter in die Staatskanzlei eingeladen, um mit ihnen über den geplanten Verkauf der staatlichen GBW mit ihren gut 32.000 Wohnungen zu sprechen. Und siehe da: Sie haben sich wieder ziemlich lieb, die Verkäufer und die Mieter.

"Auf diesen Schutz absolut vertrauen": Ministerpräsident Seehofer. (Foto: dpa)

"Sehr, sehr positiv", "angenehm", ja, "kollegial". So beschreiben Gesandte der politisch eher rot gefärbten Mieterlobby die Gesprächsatmosphäre in der schwarzen Regierungszentrale. Die schnelle Klimaerwärmung ist die eigentliche Nachricht nach dem fast zweistündigen Treffen, die wichtigsten Fakten waren vorher schon bekannt: Dass zum einen die Staatsregierung die GBW, eine Tochter der maroden Landesbank, verkaufen muss, weil die EU das so fordere, und der Freistaat nicht seinerseits die GBW kaufen dürfe, weil das wiederum Brüssel verbiete.

Dass zum anderen aber die GBW-Bewohner nicht nur mit einer sogenannten "Sozialcharta" geschützt werden sollen, sondern jetzt doch mit individuellen Zusätzen zu den bestehenden Mietverträgen. Diese Minimalforderung hatten Mieterlobby und SPD gebetsmühlenartig wiederholt, und nun bewegt sich die Staatsregierung.

Die etwa 70.000 GBW-Bewohner in ganz Bayern, davon rund 25.000 im Großraum München, sollen geschützt werden vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs; Umwandlungen in Eigentumswohnungen sollen für gewisse Zeit ausgeschlossen sein, und vor "unangemessenen Mietererhöhungen" sollen sie ebenso bewahrt werden wie vor Luxusmodernisierungen.

Seehofer, so berichtet Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Mieterschutzbundes Bayern, habe sogar die Möglichkeit einer genossenschaftlichen Lösung angesprochen, von sich aus. Und er sei zu überzeugen gewesen, dass diese Individualverträge vor dem GBW-Verkauf unterzeichnet werden müssten. Geschähe dies hinterher, könnte ein Investor die Mieter über den Tisch ziehen und dafür gern eine Vertragsstrafe in Kauf nehmen.

Liest man Seehofers Verlautbarung nach dem Treffen, könnte man meinen, er wolle seinem Gegenkandidaten von der SPD, Christian Ude, dessen Lieblingsrolle als Münchner Mieteranwalt streitig machen: "Nachhaltig und optimal" wolle er, der Ministerpräsident, den Mieterschutz gewährleisten.

Man meint, den Konkurrenten Ude zu hören, wenn Seehofer verkündet: "Die Mieterinnen und Mieter können auf diesen Schutz absolut vertrauen." Und damit Seehofers neue Schützlinge ihm auch endlich glauben, dass die ganze Verkaufsmisere Brüssel zu verdanken sei, versprach der CSU-Chef auch noch "umfassende Transparenz": Ende Juli erwarte man die Anweisungen aus Brüssel in schriftlicher Form, dann werde man sie gleich übersetzen und den Mietervertretern zuschicken.

So könne der für 2013 geplante GBW-Verkauf "belastbar nachvollzogen werden". Und weil es gar so nett war am Donnerstag, hat sich die neue schwarz-rote Mieterallianz "zeitnah" gleich noch einmal verabredet.

Beatrix Zurek, Chefin des Mietervereins München, führt den neuen Kuschelkurs auf den politischen Druck zurück. Anders formuliert: Für Ude wären ungeschützte GBW-Mieter willkommene Wahlkampfmunition. So bleibt ihm nichts anderes, als Seehofers "180-Grad-Wende" zu begrüßen. Und die SPD-Landtagsfraktion muss sich damit begnügen, das Versprechen des CSU-Chefs zu überwachen, auf dass er sich nicht wieder wende.

© SZ vom 20.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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