Sechs Bahnmitarbeiter festgenommen:Geldrollen in der Würstchendose

Polizei hebt Betrügerring bei der Bahn aus: Über Jahre hat Aufsichtspersonal Münzen aus Schließfächern gestohlen - für insgesamt eine Million Euro.

Susi Wimmer

Sechs Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG haben über Jahre hinweg das Münzgeld aus den Schließfächern dreier Bahnhöfe in München gestohlen. Anstatt die Ein- und Zwei-Euro-Münzen in sogenannten Safebags zu verpacken und einer Werttransportfirma zu übergeben, steckten sie sich Teile der Einnahmen selbst in die Taschen. "Jeder von ihnen zweigte pro Jahr etwa 30.000 Euro ab", sagt Polizeisprecher Andreas Ruch. Der Schaden dürfte knapp an die eine Million Euro gehen. Die Bahn hat das Schließfachpersonal komplett ausgewechselt.

Bahn, Schließfächer

Jahrelang zweigten Mitarbeiter Münzen aus Bahnhofs-Schließfächern ab.

(Foto: Foto: Rumpf)

Es war ein anonymer Hinweis, der die Münchner Kriminalpolizei auf die Spur der Diebe brachte: "Die Männer haben einen hohen Lebensstandard, da ist was komisch, die wirtschaften wohl in die eigene Tasche." Mit diesen Aussagen hatte sich Ende 2007 ein Anrufer bei der Bahn gemeldet. Außerdem, so eine Bahnsprecherin, habe man selbst schon Unregelmäßigkeiten bemerkt. Die Polizei wurde eingeschaltet. Es folgten "operative Maßnahmen", wie Kriminaloberrat Robert Weber sagt - und am letzten Dienstag dann die Festnahme der sechs Verdächtigen.

Knapp 2700 Schließfächer bietet die Bahn am Hauptbahnhof, Ostbahnhof und am Pasinger Bahnhof an. Die Münzfächer werden regelmäßig von der so genannten Schließfachaufsicht geleert, die Münzen ungezählt in Safebags verpackt und einer Werttransportfirma übergeben. Bereits vor mehreren Jahren müssen die sechs Männer im Alter von 26 bis 52 Jahren auf die Idee gekommen sein, dass dort leichte Beute zu machen ist.

Die Männer arbeiteten immer zu zweit in wechselnder Besetzung zusammen. Irgendwann gingen sie dazu über, sich Teile des Geldes in Hemd-, Hosen- und Jackentaschen zu stecken. "Das ging sogar so weit, dass, wenn ein Kollege krank oder im Urlaub war, sein Anteil zurückgelegt und später ausgezahlt wurde", erzählt Robert Weber. Aufgrund einer Aussage, so Weber, könne man davon ausgehen, dass die Bande seit etwa sechs Jahren an ihrem Arbeitsplatz abräumte.

In den Wohnungen der Beschuldigten in München und Emmering fanden die Ermittler bei einem 49-Jährigen mehr als 30.000 Euro, ein anderer mutmaßlicher Täter hatte Geldrollen und -scheine in seinem Arbeitsrucksack und in einer Würstchendose versteckt.

Außerdem hatte der 49-Jährige noch ein ganzes Arsenal an teilweise erlaubnispflichtigen Waffen in der Wohnung. In einem Schließfach, das sich zwei von ihnen anonym gemietet hatten, fanden sich drei vollgepackte Taschen mit Münzgeld im Wert von etwa 30.000 Euro. "Die Koffer waren so schwer, dass man sie mit einer Hand kaum heben konnte", so Weber. Insgesamt stellte die Polizei etwa 150.000 Euro sicher, zudem noch zwei Tresore, randvoll mit Schmuck.

Drei geständige Männer wurden gegen Auflagen auf freien Fuß gesetzt, die anderen sitzen in Haft. Laut Staatsanwältin Dorothea Schindler liegt das Strafmaß bei schwerem Bandendiebstahl bei ein bis zehn Jahren Haft.

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