Süddeutsche Zeitung

Scientology-Krise:Haus der Probleme

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An der Prinzregentenstraße soll es nun Reformen geben

Von Susanne Hermanski

Um die Scientology-Krise am Haus der Kunst zu bewältigen, haben Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung eine lange Liste von Maßnahmen beschlossen. Entsprechend lange dauern dürfte es, bis manche davon greifen. So möchte man sich mindestens noch von zwei Mitarbeitern trennen, deren Zugehörigkeit zur umstrittenen Organisation Scientology vom Verfassungsschutz bestätigt worden ist. "Aber natürlich geht das nur im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten", sagte Kultusminister Ludwig Spaenle der SZ.

Verbunden sein wird dies also mit neuerlichen Arbeitsrechtsverfahren. Mit denen hat die Geschäftsführung in den vergangenen Jahren schon viel Erfahrung gesammelt - allerdings eher mit umgekehrter Stoßrichtung: Bis vor wenigen Wochen stemmte sie sich noch vor verschiedenen Kammern des Münchner Arbeitsgerichts gegen die im öffentlichen Dienst sonst übliche Regelung, Scientology-Fragebögen an neue Mitarbeiter zu verteilen.

Gerichtsverfahren wie diese kosten gewöhnlich Zeit und Geld. Und die Finanzen des Hauses der Kunst sind im Maßnahmenkatalog des Aufsichtsrats ebenfalls angesprochen. Darin heißt es - etwas verklausuliert - "die Bewertung des Wirtschaftsprüfers" solle in eine "umfassende strategische Analyse der Organisationsstruktur des Hauses der Kunst" einfließen. Mit anderen Worten: Die Geschäftsführung wird dazu angehalten, sich Unterstützung zu holen, weil auch in finanzieller Hinsicht nicht alles rund läuft im Haus der Kunst. "Eine anerkannte Beratungsgesellschaft" solle diese Analyse vornehmen, steht im Forderungskatalog an die Geschäftsführer.

Das Haus der Kunst, das als Stiftung betrieben wird, erhält jährlich variierende staatliche Unterstützung von etwa drei Millionen Euro. Die Höhe richtet sich dabei nach übrigen Einnahmen wie der Pacht, die der Club P1 und die Goldene Bar bezahlen, oder Sponsorengeldern. Trotzdem gilt das Haus der Kunst als latent unterfinanziert. Das trifft prinzipiell auch auf andere Museen zu, weil die Kosten im Ausstellungsbetrieb in den vergangenen Jahren abstrus gestiegen sind. Doch allein die Transportkosten einer Ausstellung wie "Post War", die jüngst im Haus der Kunst zu Ende ging, werden auf mehr als 1,5 Millionen Euro beziffert, Versicherung der Kunstwerke noch nicht inbegriffen.

Einem Haus ohne eigene Sammlung bleibt aber kaum etwas anderes übrig. Es wirkt sich unterdessen besonders stark auf die Finanzlage aus, wenn Ausstellungen weniger Besucher anziehen als erhofft und Eintrittsgelder fehlen. Das Haus der Kunst scheint davon betroffen zu sein. Für seine rechnerische Bilanz helfen dann weder große internationale Aufmerksamkeit noch hohe Qualität des Gezeigten.

Bekannt ist auch, dass die Personalkosten im Haus schon lange strikt gedeckelt sind, indem man einen großen Teil der Mitarbeiter nicht einmal angelehnt ans Tarifniveau bezahlte. Das entlastet zwar die Kasse, dürfte aber auch zum Unfrieden zwischen Betriebsrat und der Geschäftsführung beigtragen haben. Es kann also dauern, bis all diese Probleme im Haus der Kunst gelöst sind. Das weiß auch Spaenle, der sagt: "Wir werden den Landtag und die Öffentlichkeit über die Fortschritte informieren."

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Quelle:
SZ vom 28.04.2017
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