Süddeutsche Zeitung

Scientologen:Kritik am Haus der Kunst

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Mitarbeiter wollen persönliche Fragebogen nicht ausfüllen

Von Sabine Reithmaier

Im Haus der Kunst gehören vermutlich mehr Mitarbeiter der umstrittenen Scientology-Organisation an als bisher angenommen. Davon ist jedenfalls die SPD-Landtagsabgeordnete Isabelle Zacharias überzeugt. Zwar will sie ihre Quellen nicht nennen. Aber auf ihre Frage, ob er weitere Mitglieder außer den bisher bekannten drei Fällen ausschließen könne, erwiderte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU), das könne er nicht.

Eine "Handvoll" Mitarbeiter habe den Fragebogen, in dem auch die Zugehörigkeit zu Scientology erkundet wird, bislang nicht unterschrieben, berichtete er im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst. Da es sich um Mitarbeiter mit älteren Verträgen handle, gebe es keinerlei rechtliche Handhabe, sie zu einer Unterschrift zu zwingen. Für Neuanstellungen ist das Ausfüllen des Fragebogen inzwischen Pflicht. Von zwei Mitarbeitern, deren Zugehörigkeit zu Scientology vom Verfassungsschutz bestätigt worden war, hat sich das Haus getrennt; einer der Betroffenen klagt gegen seine Kündigung.

Ausschussvorsitzender Michael Piazolo (Freie Wähler) staunte erneut über das zögerliche Tempo der Aufarbeitung. Völlig unverständlich ist ihm auch, dass in der Führungsebene des Hauses bislang keine Konsequenzen gezogen worden sind. Sepp Dürr (Grüne) attestierte dem Haus der Kunst einschließlich des Aufsichtsrates ebenfalls unzureichenden Aufklärungswillen. Schließlich sei das Thema zumindest intern seit 2011 bekannt. Die Angelegenheit habe die massiven Leitungs- und Kontrolldefizite im Haus erst sichtbar gemacht. "Die sind dramatisch."

Spaenle war in den Ausschuss gekommen, um dem Gremium von den jüngsten Entwicklungen zu berichten. Neben der Aufarbeitung der Scientology-Problematik und der anstehenden Sanierung des Gebäudes hat der Aufsichtsrat eine umfassende Analyse der Organisationsstruktur in Auftrag gegeben. Das Haus habe sich schließlich in den letzten Jahren einen weltweit angesehenen Platz in der Kunstszene erkämpft, sagte der Kultusminister, zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrates. Um diesen Weg erfolgreich weiterzugehen, müssten neue Aufgaben bewältigt werden; deshalb müssten zwischen zehn bis 15 zusätzlichen Vollzeitmitarbeiter eingestellt werden. Im Augenblick sei man dabei, das künftige Nutzungskonzept in eine aktualisierte Raumplanung zu gießen.

Den Sanierungsaufwand gab Spaenle mit 100 Millionen Euro an, 20 davon übernimmt der Bund. Ob das Haus während des Umbaus geschlossen wird, sei noch nicht absehbar. Auch eine Entscheidung bezüglich der Bäume auf der Südseite gibt es noch nicht.

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Quelle:
SZ vom 01.06.2017
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