Bayerischer Verdienstorden:Wie Schweinsteiger den Ministerpräsidenten alt aussehen lässt

Markus Söder hat eine Lobesrede auf Bastian Schweinsteiger gehalten. Der Fußballspieler kontert mit schnippischen Bemerkungen.

Von Philipp Crone

"Also", sagt Markus Söder und nichts passiert. Der Ministerpräsident steht am Montagvormittag im Prinz-Carl-Palais neben Bastian Schweinsteiger und sieht dabei zu, wie niemand auf ihn hört. Schweinsteiger plaudert mit Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß. Der Vorstandsvorsitzende und der Präsident des FC Bayern kommen natürlich auch, wenn ihr Ex-Spieler den Bayerischen Verdienstorden vom Chef des Hauses umgehängt bekommt. Doch Chef, das ist Söder an diesem Tag nicht. Als er am Ende nach der Laudatio und den schnippischen Dankesworten von Schweinsteiger etwas verloren neben der Traube aus Journalisten steht, die Schweinsteiger interviewen wollen, was denkt er sich da wohl?

Zunächst stehen also die vier Männer vor dem Marmorsaal. Söder möchte zur Ordensverleihung schreiten, doch die drei anderen nicht. Sie scherzen so lange, bis Söder ein zweites Mal, etwas leiser schon mit bittendem Unterton "Jetzt gehma dann" sagt, worauf Schweinsteiger nicht geht, sondern erst, als Hoeneß ihn reinwinkt. Geht ja gut los für den Ministerpräsidenten, der sich von so einer Ehrung sicher nicht nur Dank des FC Bayern verspricht, sondern auch ein wenig auf ihn und seinen Landtagswahlkampf abstrahlende Sympathie-Aura des bayerischen Volkshelden Schweinsteiger. Von dem sagt Rummenigge, dass er ein "Paradebayer" sei, mit bescheidenem Auftreten. Und Hoeneß spricht davon, dass der 34-Jährige aus Kolbermoor "immer schon ein Vorbild" gewesen sei. Als er in der Jugend bei Bayern kickte, dann mit dem Verein alles gewann, die Nationalmannschaft mit zum WM-Titel führte, danach beim Manchester United spielte und nun in Chicago aktiv ist. Aus einfachsten Verhältnissen habe er es zum Weltstar gebracht, seine Mannschaften angeführt und sich dabei immer "fantastisch verhalten". Auf den Punkt, in einem Satz. Man könnte an diesem Vormittag fast meinen, dass Hoeneß der geübtere Redner als Söder sei.

Söder spricht schnell, aus "Herr Schweinsteiger" wird da auch mal nur ein "Hschweinsteiger", die Zahl der grammatikalisch korrekten Sätze liegt knapp unter der absoluten Mehrheit, der Mann wirkt vor den Fußball-Granden in Reihe eins schlicht nervös. Viermal nennt er Schweinsteiger und dessen Erfolge "überragend", er sei eine "lebende Legende", habe in der Champions League nach der Niederlage in München und dem Gewinn im Jahr danach die "größtmöglichste" emotionale Kurve erlebt - und auch sonst kann man den Eindruck bekommen, dass hier ein Fußballkommentator am Werk ist. Söder endet mit dem heldenhaften Durchhalten Schweinsteigers im WM-Finale 2014, in dem er sich "unsterblich" gemacht habe. Der 34-Jährige sei der meistgefoulte Mann gewesen, "die Argentinier haben da eine große Fähigkeit gehabt".

Als Schweinsteiger danach der Orden um den Hals hängt, geht er kurz ans Mikrofon. Er sagt, es wirkt wie eine kleine Retourkutsche, "Misterpräsident", und dass er "sehr froh" sei, dass Söder "nicht noch mehr über die Argentinier" gesprochen habe. Denn der Präsident von Chicago, in Reihe eins, Nelson Rodríguez, sei Argentinier. Nach einem langen Lachen der etwa 50 Gäste legt Schweinsteiger nach: "Aber er versteht Ihren . . . ", in die Pause fallen weitere Lacher. Humor? Nein. " . . . Punkt." Wieder hallendes Gelächter im Marmorsaal.

Schweinsteiger dankt, seine "Ähm"-Pausen sind in den USA zu noch etwas längeren "Aahm"-Lauten geworden, dann stellt er sich lächelnd dem Reporterpulk, während Söder abseits dahinter steht und aus dem Fenster schaut. Man sieht ihm an, dass er sich das anders vorgestellt hat. War nicht gerade überragend.

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