Schwarzfahren:Teurer Trip im Graubereich

Wer in Bus oder Bahn ohne Ticket fährt, muss bald 60 Euro zahlen. Die hohe Strafe soll Schwarzfahrer abschrecken - sie könnte aber auch Menschen treffen, die aus Versehen ein falsches Ticket gelöst haben.

Von Marco Völklein

Wer künftig ohne gültigen Fahrschein in Bus oder Bahn angetroffen wird, wird schon bald mehr zahlen müssen. Der Bundesrat entscheidet an diesem Freitag darüber, das "erhöhte Beförderungsentgelt" von derzeit 40 Euro zum 1. Januar auf 60 Euro zu erhöhen. Einer entsprechenden Initiative des Freistaats werden sich voraussichtlich die anderen Bundesländer anschließen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte zuletzt erklärt, der Bund werde sich dem Vorstoß "nicht verschließen". Es gehe "auch um Fairness gegenüber den Fahrgästen, die ordnungsgemäß ihre Fahrkarte bezahlen". In der Tat fordern nicht nur die Spitzen der Münchner Verkehrsunternehmen seit Jahren, den Betrag anzuheben.

Etwa drei Prozent fahren schwarz

"40 Euro haben keine abschreckende Wirkung mehr", sagt Alexander Freitag, Chef des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV). Allein die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) beziffert den Schaden durch Schwarzfahrer auf zehn Millionen Euro pro Jahr. Die Schwarzfahrerquote liege seit Jahren bei etwa drei Prozent. Zuletzt wurde der Betrag 2003 zur Abschreckung von 30 auf 40 Euro erhöht.

Allerdings gibt es auch immer wieder Kritik an der Überwachung. SZ-Leser monieren regelmäßig, dass ihnen kaum noch Kontrolleure begegnen. "Nach meiner Beobachtung als Vielfahrer hat der MVV die Fahrscheinkontrolle im laufenden Betrieb inzwischen fast ganz eingestellt", sagt beispielsweise SZ-Leser Hans-Jörg Penzel. Und Horst Müller aus Bogenhausen meint, "wenn die MVG die Ein- und Ausgänge an den U-Bahnhöfen anders gestalten würde, um Drehkreuze aufzustellen, wäre schon mal in diesem Bereich das Schwarzfahren erheblich erschwert".

Die MVG indes widerspricht vehement: "Die Kontrolldichte hat nicht nachgelassen", sagt Sprecher Matthias Korte. Im Gegenteil: Man habe die Zahl der Kontrollstunden in den vergangenen drei Jahren um zehn Prozent erhöht. Und im kommenden Jahr sei eine "überdurchschnittliche Steigerung geplant, um die Kontrolldichte im Interesse der zahlenden Fahrgäste weiter zu verbessern".

Umgang mit "Graufahrern" noch unklar

Fahrgastvertreter sehen das kritisch. "Notorische Schwarzfahrer müssen hart bestraft werden", heißt es bei Pro Bahn. Die Frage sei aber, wie man mit "Graufahrern" umgehe - also mit Kunden, die zum Beispiel versehentlich ein falsches Ticket gelöst haben. Oder mit Passagieren, die gerne einen Fahrschein gekauft hätten, dies aber nicht konnten - etwa weil der Automat nicht funktioniert hat oder zu viele Fahrgäste die Automaten belagerten.

"In solchen Fällen ist es absolut nicht gerechtfertigt, 60 Euro zu verlangen", sagt Berthold Maier vom Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr (AAN). Zudem durchblicke nicht jeder den "MVV-Tarifdschungel", ergänzt Wolfram Liebscher vom Verkehrsclub Deutschland. "Selbst ich muss hin und wieder die Tarifbestimmungen wälzen", gibt AAN-Vertreter Maier zu. Und er weist auf ein weiteres Problem hin: In Bussen und Trambahnen der MVG akzeptieren Automaten nur Münzen, keine Scheine. Bei Preisen von 14,20 Euro für ein Partner-Tagesticket XXL, so Maier, "kann eigentlich niemand erwarten, dass man das nur mit Münzen bezahlt".

Drehkreuze an den U-Bahn-Zugängen, um Schwarzfahrer auszusperren, lehnt die MVG ab. Zum einen sei die U-Bahn als "offenes System" konzipiert - ein Einbau von Schranken oder Drehkreuzen sei an vielen Stationen schon allein aufgrund der Platzverhältnisse nicht möglich. Und: Das Ganze sei mit hohen Investitionen in neue Technik sowie Wartung verbunden. "Das ist nicht finanzierbar."

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