Schwarze Sheriffs verurteilt:"Aus Spaß und Frust gequält"

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"Aus diesen Taten spricht eine Menschenverachtung ohnegleichen", befand die Richterin. Dementsprechend hart fielen die Urteile für zwei Angeklagte aus, die im Stachus-Untergeschoss Obdachlose misshandelt hatten.

Von Alexander Krug

Wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilte die Amtsrichterin Petra Römer den Haupttäter Andre P. zu dreieinhalb Jahren Haft. Der Mitangeklagte Fabian K. muss wegen Beihilfe für sechs Monate hinter Gitter.

Eine Obdachlose bettelt in München um Almosen. (Foto: Foto: ddp)

Die beiden Angeklagten legten am Mittwoch vor dem Amtsgericht ein umfassendes Geständnis ab, nachdem sie die Tatvorwürfe in den polizeilichen Vernehmungen noch geleugnet hatten.

Andre P., 28, und Fabian K., 26, arbeiteten seit einigen Jahren beim Zivilen Sicherheitsdienst (ZSD), der schon in früheren Jahren wiederholt in Verruf geraten war.

Brutal geprügelt und auf die Schienbeine gezielt

Im Februar vergangenen Jahres prügelte Andre P. im Untergeschoss des Stachus in der Herrentoiletten den Obdachlosen Günther C., 58, mit einem Schlagstock brutal nieder. Dabei zielte er besonders auf die Schienbeine seines Opfers, das in einer Klinik stationär behandelt werden musste und tagelang nicht mehr gehen konnte.

Nur wenige Tage später erwischte es den Obdachlosen Wilhelm B., 52, den der Angeklagte in der Toilette malträtierte und mit einem Schädelhirntrauma am Boden liegen ließ.

Im Mai traf es die Obdachlose Sylvia K., 41, die im Untergeschoss auf ihre Straßenbahn wartete. Andre P. packte und zerrte sie in die Damentoilette. Dort musste sie sich über ein Waschbecken beugen, während Andre P. ihr mit einem Taschenmesser einen tiefen Schnitt im Nacken versetzte und ihr büschelweise Haare abschnitt.

Die geschockte Frau erstattete später Anzeige - als einzige der drei Opfer. Darauf hatten die anderen beiden vermutlich aus Angst und Misstrauen vor den Behörden verzichtet. "Die Betroffenen schenken uns nicht viel Vertrauen", meinte ein Kripobeamter als Zeuge. Es sei äußerst schwierig, mit ihnen "in Kontakt zu treten".

Keine spezielle Ausbildung beim Sicherheitsdienst

Anwalt Joachim Schwarzenau gab für Andre P. eine Erklärung ab, in der alle Vorwürfe eingeräumt wurden. Weitere Angaben wollte der 28-Jährige nicht machen. Das Motiv blieb daher weitgehend im Dunkeln. "Ich habe viel nachgedacht in der U-Haft", sagte der gebürtige Sachse in seinem Schlusswort.

"Ich weiß immer noch nicht, warum ich so agiert habe." Eine spezielle Ausbildung habe er beim ZSD nie bekommen, betonte Andre P. "Das lief so nebenbei."

Für Staatsanwältin Dagmar Illini war es die "pure Freude am Quälen", die Andre P. getrieben habe. Die Wachmänner hätten ihre Macht missbraucht in dem Bewusstsein, dass ihre Opfer sich nicht wehren würden. "Sie haben Angst und Schrecken verbreitet als Ordnungs- und Sicherheitskraft, das ist der Hohn."

Die Strafen waren bei einer Absprache im Vorfeld des Prozesses ausgehandelt worden. Nur sein umfassendes Geständnis bewahrte Andre P. davor, sich vor einer großen Strafkammer verantworten zu müssen. Beide Angeklagte waren nicht vorbestraft.

Aus "Frust und Spaß" gequält

Die Amtsrichterin begründete die Strafe mit der "unglaublichen Rohheit" der Taten. "Sie haben sich gezielt die Schwächsten der Gesellschaft ausgesucht", meinte sie, und hätten diese aus "Frust und Spaß" gequält.

Der Mitangeklagte Fabian K. kam mit sechs Monaten Haft davon, weil er nur in einem Fall beteiligt gewesen war. Er hatte dabei nicht selbst geprügelt, aber seinen Kollegen Andre P. nicht von dessen Gewaltexzessen abgehalten. Die Urteile sind bereits rechtskräftig, da die Angeklagten auf Rechtsmittel verzichteten.

Der ZSD hat den beiden Angeklagten nach Bekanntwerden der Vorfälle gekündigt. Aber das Unternehmen ist auch selbst in die Schusslinie geraten. Die Stadt hat die Überwachung des Stachus-Untergeschosses inzwischen an eine andere Firma vergeben.

© SZ vom 7.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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