Schwanthalerhöhe:Von oben Sonne, von unten Strahlung

"Quartiersplatz Theresienhöhe" in München, 2016

Noppen als Abstandshalter: Wegen Elektrosmogs sollen sich Kinder an den markierten Spielplatz-Stellen am "Bahndeckel" nicht zu lange niederlassen.

(Foto: Robert Haas)

Wegen ihrer besonderen Lage über den Bahngleisen lässt sich die Spiellandschaft zwischen Theresienhöhe und Max-Hirschberg-Weg nur eingeschränkt nach den Wünschen Jugendlicher verändern

Von Andrea Schlaier, Schwanthalerhöhe

Zugegeben, es braucht etwas Fantasie bei den derzeit herrschenden Außentemperaturen. Dafür, dass es auf dem sogenannten Bahndeckel, dieser kunstvollen Spiellandschaft mitten in der Stadt selbst bei den ersten kräftigen Frühlingsstrahlen nicht ewig auszuhalten ist ohne Sonnenschutz. Oder dafür, dass die eigenwilligen Bodennoppen auf der artifiziellen Freizeit-Schneise zwischen Theresienhöhe und Max-Hirschberg-Weg beim Chillen unter freiem Himmel stören. Es ist einiges zusammengekommen, was der Kinder- und Jugendrat Westend an Veränderungen für das Gelände, das die Stadt 2010 hier baute, mit Unterstützung des Bezirksausschusses beantragt hat. Nur: "Für die Vorschläge zur Umgestaltung", berichtet Holger Henkel (SPD) im Stadtviertel-Gremium, "haben sie jetzt relativ ablehnende Antworten vom Baureferat erhalten; teilweise nachvollziehbar, teilweise skurril".

Die Besonderheit der 300 Meter langen und 50 Meter breiten Achse liegt in ihrer Konstruktion. Als Betonplatte spannt sie sich über die Bahnlinie München-Rosenheim und ist nicht beliebig mit Mobiliar belastbar. Die empfindliche Statik ist das eine, der Elektrosmog, der von den Oberleitungen über den Gleisen ausgeht, weckte während der Planungen auch bei vielen Eltern Bedenken. Dem ist unter anderem die Anbringung silberner Bodennoppen im Bereich des Kunstrasens und der Turngeräte geschuldet. "Niemand soll sich hier über längere Zeit hinlegen", erinnert das Baureferat, und: "Trotz eindeutiger Unterschreitung der Grenzwerte wurde vom Referat für Gesundheit und Umwelt seinerzeit empfohlen, Bereiche mit einem geringen Abstand zu den stromführenden Teilen der Bahnlinie rein vorsorglich so zu gestalten." Gleiches gilt für den künstlich angelegten Hügel auf dem Gelände. Durch die Erhöhung der Grünfläche entstehe ausreichend Abstand zur Quelle der Strahlung. Die Auskunft wird bei den Kindern im Viertel für lange Gesichter sorgen. Sie wollten die Bodennoppen weg- und den Hügel flacher haben, damit man hier besser spielen kann, erläutert Holger Henkel. "Man muss sich doch fragen, ob man den gesamten Bereich benoppen muss?"

Mit dem Wunsch nach Fußballtoren auf einer der grünen Flächen hatten die jungen Antragsteller auch nicht mehr Glück. Zum einen lägen sie auf smogabgewandten Schrägen, und, so argumentiert das Baureferat, rückten sie der angrenzenden Wohnbebauung zu nahe; der Schutz vor Lärm sei nicht gewährleistet. So geht es dahin: Die Vergrößerung der Trampoline entfalle wegen dadurch erhöhter Unfallgefahr, ein farbig markierter Tanzbereich wegen "eingeschränkter Haltbarkeit".

Würde nicht das ein oder andere Begehr positiv aufgegriffen, man müsste sich fragen, wer hier den größeren Frust bei den politisch aktivierten Kindern erzeugt: die stoisch Veränderung verweigernde Behörde oder das erwachsene Begleitpersonal des Kinder- und Jugendforums, das seine Klientel über die schwierige Architektur des Deckels unzureichend aufgeklärt hat.

Aber ein bisschen was geht schließlich doch: Im Sommer soll, acht Jahre nach Eröffnung des Quartiersplatzes, zumindest eine mobile Toilette aufgestellt werden. "Obwohl", murrte Wilhelm Mundigl (SPD), "uns schon mal ein Kiosk mit einer Toilette versprochen worden ist; darauf müssen wir noch mal dringen!" Über einen Trinkwasserbrunnen will das Baureferat entscheiden, sobald ein entsprechender Modellversuch am Rindermarkt abgeschlossen ist. "Wenn der Pilotversuch im Juli 2018 durch ist", schaltete sich Thomas Hofstätter (CSU) ein, "fordern wir überall einen im Viertel, wo wir einen haben wollen, auch auf dem Bahndeckel." In diesem Frühjahr werden schließlich noch die in die Knie gegangenen Hainbuchen und Schmuckgräser auf dem Deckel nachgepflanzt. Was die gewünschte Beschattung auf dem Gelände angeht, arbeitet man im Baureferat gerade an einer neuen Idee. Noch brennt die Sonne nicht vom Himmel.

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