Süddeutsche Zeitung

Schwanthalerhöhe:Stoff zum Nachdenken

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Die Kunst- und Kulturtage im Westend, die am Donnerstag beginnen, greifen aktuelle gesellschaftliche Debatten auf

Von Sonja Niesmann, Schwanthalerhöhe

Frieden beginnt in der Nachbarschaft, dieses Motto haben die Organisatoren der Kunst- und Kulturtage im Westend für heuer gewählt. Gefährdet wird der Frieden immer dort, wo Vorurteile oder vergiftete Ansichten transportiert werden. Aber ist man zum Beispiel schon ein Antisemit, wenn man Israel kritisiert? "Antisemitismus? - Lasst uns darüber reden!" heißt eine Veranstaltung über das Judentum und den Hass auf Juden, zu der die Europäische Janusz-Korczak-Akademie, eine jüdische Bildungseinrichtung in München, und der Arbeitskreis "Westend hat ein Gesicht" am Donnerstag, 28. Juni, einladen. Der Diskussionsabend bildet den Auftakt des dreiwöchigen Veranstaltungsreigens, den Costas Gianacacos, Ismail Sahin und Teresa Mandl zusammengestellt haben, der so bunt und vielfältig ist wie die Zusammensetzung der Einwohner in diesem Stadtteil - und der sich tapfer gegen die parallel laufende Fußballweltmeisterschaft behaupten will.

Der Begriff Kultur ist weit gefasst in diesem Programm, das sich nicht mit gefälliger und leicht verdaulicher Kost begnügt, sondern auch aktuelle politische und gesellschaftliche Debatten aufgreift, zur Auseinandersetzung mit weniger vertrauten Kulturen auffordert. So gibt es am Freitag, 6. Juli, eine Hommage an den 1995 gestorbenen türkischen Aufklärer, Humanisten und Satiriker Aziz Nesin; am Mittwoch, 4. Juli, sind klassische persische Verse und Musik zu hören; am Dienstag, 17. Juli, findet eine Lesung statt mit dem türkischstämmigen Berliner Essayisten Zafer Şenocak über dessen Buch "Deutschsein: Eine Aufklärungsschrift". Wer mag, kann auch im Haus mit der roten Fahne gemeinsam mit anderen das Kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels studieren (Freitag, 6. Juli).

Dazu kommen Live-Musik, von Blues über Schlager bis zu afrikanischen, türkischen und peruanischen Klängen, Ausstellungen des Künstlers Günter Wangerin sowie der Refugio-Kunstwerkstatt mit Fotografien, Bildern und Objekten zum Thema "Unterwegs". Außerdem gibt es Autorenlesungen, Kabarett, Theater, eine Nacht der Chöre, Vorlesen für Kinder, bayerischen Volkstanz oder Filme wie "Das Lied des Lebens", eine Dokumentation über die Rettung der jüdischen Gemeinde 1943 auf der griechischen Insel Zakynthos.

Eingebettet ins Programm sind wie immer die drei großen Freiluftfeste auf der Schwanthalerhöhe: der World Neighbours Day am Samstag, 30. Juni, rund um das Multikulturelle Jugendzentrum, das große Straßenfest des Griechischen Hauses an der Bergmannstraße am Samstag, 14. Juli, und das Internationale Fest auf dem Gollierplatz am Samstag, 21. Juli, mit dem die Kunst- und Kulturtage im Westend offiziell enden.

Auffällig dünner als an den anderen Tagen ist das Angebot freilich am Spätnachmittag/Abend des 15. Juli, dem Tag des Weltmeisterschaftsendspiels; gegen das Finale in Moskau treten im Westend an diesem Sonntag nur eine Einführung ins Arabische an und das Rote Kino mit dem Film "Die Wunderwaffe".

Programmhefte für die Kunst- und Kulturtage im Westend, 28. Juni bis 21. Juli, liegen im Multikulturellen Jugendzentrum, Westendstraße 66 a, und im Griechischen Haus, Bergmannstraße 46, sowie an einigen anderen Orten im Viertel aus; im Internet zu finden ist das Programm unter www.facebook.com/westend.hat.ein.Gesicht. Viele Veranstaltungen sind kostenlos, für die Antisemitismus-Veranstaltung ist eine Anmeldung per E-Mail an westend@kjr-m.de nötig.

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Quelle:
SZ vom 26.06.2018
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