Schwanthalerhöhe:Die drei K waren gestern

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Die katholische Frauengemeinschaft von St. Rupert gibt es seit 100 Jahren. Zusammenhalt ist den Mitgliedern das Wichtigste

Von Ilona Gerdom, Schwanthalerhöhe

Rote Wolle, Stricknadeln und goldene Fäden liegen kreuz und quer verteilt auf einer grünen Tischdecke. Dahinter steht im Pfarrheim der Kirchengemeinde St. Rupert ein großer Schrank, dessen Türen offen sind. Bis oben hin ist er voll mit Utensilien zum Basteln. Die verwenden Sophie Zach, Lore Dillmeier und Margareta Erlacher immer, wenn sie sich mittwochs treffen. Meistens sind dann noch andere Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft (KFD) in St. Rupert anwesend. Gemeinsames Basteln hat eine lange Tradition, schon seit den Anfangsjahren der KFD die in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag feiert.

An diesem Mittwoch sind sie nur zu dritt. Eigentlich treffen sie sich auch eher zum Ratschen, gebastelt haben sie in den vergangenen Wochen mehr als genug für den Weihnachtsbasar. Die Handarbeitsgruppe schwingt ihre Nadeln erst wieder für den Ostermarkt. Das sind die zwei großen Projekte, die sich Frauengemeinschaft jährlich vornimmt. Daneben treffen sich die älteren und die jüngeren Mitglieder unter anderem einmal im Monat zum Stammtisch sowie zum wöchentlichen Gottesdienst der Frauen in der Pfarrkirche St. Rupert auf der Schwanthalerhöhe.

"Es tut gut zu wissen, dass wir Frauen füreinander da sind." - In der Bastelgruppe von St. Rupert treffen sich (von links) Lore Dillmeier, Sophie Zach, Margareta Erlacher regelmäßig. (Foto: Robert Haas)

Das war auch vor 100 Jahren so. Die Mitglieder von damals sind längst verstorben, und außer der Gründungsurkunde gibt es keine Unterlagen. Deshalb wissen die Frauen selbst nicht genau, wie es dazu kam, dass die Gemeinschaft ins Leben gerufen wurde. Annemarie Auer, erste Vorsitzende der KFD St. Rupert, hält folgende Version für möglich: 1918, kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges, lebten viele Menschen in bitterer Armut. Die Frauen litten Hunger und viele von ihnen hatten ihren Mann verloren. Deshalb, so Annemarie Auer, sei der damalige Pfarrer wohl der Ansicht gewesen, die weiblichen Stadtbewohner bräuchten die Kirche, vor allem aber einander, um die Not durchzustehen.

Kurz nach der Gründung hieß die Gemeinschaft noch Mütterverein. Zu jener Zeit war es normal, dass jede Frau auch Mutter war. Die heute 85-jährige Sophie Zach schüttelt den Kopf, ihre Stimme zittert vor Entrüstung, als sie sagt: "Es hat ja nichts anderes gegeben als die drei Ks: Kinder, Kirche, Küche." Die anderen Frauen am Tisch nicken zustimmend. Dass man nur als Mutter Teil der Gemeinschaft sein könnte, glaubten einige auch noch vor ein paar Jahren. Auer erzählt: "Es ging das Gerücht um, dass man nur Mitglied werden kann, wenn eine andere Mutter ihren Platz aufgibt." Früher war das der Fall. Lore Dillmeier, ehemalige Vorsitzende, sagt, dass viele der Meinung waren: "Solange die Mutti mit drin ist, gehe ich nicht mit rein." Laut Dillmeier hätte das vor allem daran gelegen, dass die Mütter dominanter gewesen seien, und von der Kirche wäre ein anderes Mutterbild vermittelt worden.

Annemarie Auer, erste Vorsitzende der KFD St. Rupert. (Foto: Robert Haas)

Heute ist das anders. Man muss keine Mutter sein, um zur Gemeinde zu gehören. Jede Frau ist willkommen, ob kinderlos, verheiratet, ledig oder erwerbstätig spielt keine Rolle. Auer sagt, die Gemeinschaft spiegle jede Art von Frauenleben. Das fanden vor etwa zehn Jahren auch ein paar Mädchen, die für die KFD-Gruppe noch zu jung waren. Eine Neunjährige beschwerte sich mit den Worten: "Ich bin auch eine Frau!". So entstand eine "Junge Mädchen Gruppe" - vier der elf Mädchen sind heute voll in die Gemeinschaft integriert.

Junge Frauen einzubinden, ist der pfarreigebundenen Gemeinschaft wichtig. Schon, weil die Mitgliederzahl höher sein könnte. 1935 gehörten noch 1773 Frauen zur Gemeinschaft, 1988 waren es 170, 2018 sind es nur 60 Frauen. Viele der alten Mitglieder sind verstorben oder umgezogen. Doch jüngere Frauen zur Kirchengruppe dazuzubekommen, sei gar nicht so leicht, erklärt Auer. Obwohl sie findet, dass sie gar nicht so uninteressant seien. Gerade in einer Zeit, in der alles sich ständig verändert, sei es schön, einen Platz zu haben, an den man gehöre. Das findet auch Zach: "Hier werde ich angenommen, wie ich bin. Außerdem gibt es Dinge, die man nicht erklären muss. Man muss nicht viele Worte machen. Die wissen, was man meint."

Auch, wenn es bei einer Gruppe, die nur aus Frauen besteht, öfter mal knirscht, steht im Mittelpunkt, dass man einander unterstützt und ermutigt. Ob beim gemeinsamen Basteln oder beim Verkaufen auf dem Weihnachtsbasar, die Frauen der Gemeinschaft haben immer die Gewissheit, nicht alleine zu sein. Oder wie Sophie Zach sagt: "Es tut gut zu wissen, dass wir Frauen füreinander da sind."

© SZ vom 17.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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