Süddeutsche Zeitung

Schwanthalerhöhe:Das Ende einer guten Nachbarschaft

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Auf der Schwanthalerhöhe sind viele traurig darüber, das 83 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach dem Brand im Parkhotel wegziehen mussten. Ob das Gebäude wieder reaktiviert wird, ist ungewiss

Von Sonja Niesmann und Ellen Draxel, Schwanthalerhöhe/Aubing

Das Parkhotel, in dem bis vor kurzem 83 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gelebt haben, ist seit Anfang des Monats geschlossen; aufgrund eines Brandschadens ist es derzeit nicht bewohnbar. "Alle jungen Menschen konnten bayernweit in geeigneten Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht werden", sagt Frank Boos, Sprecher des Sozialreferates. Etwa 30 Flüchtlinge leben nach Informationen der Vorsitzenden des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe, Sybille Stöhr (Grüne), nun in Aubing im Hotel Pollinger. Das Sozialreferat will das allerdings nicht bestätigen, zum Schutz der Jugendlichen.

Aber die Information stimme, sagt auch Sebastian Kriesel (CSU), Chef des Stadtteilgremiums Aubing-Lochhausen-Langwied. "Wir waren schon dort, um zu sehen, was den Jugendlichen fehlt, sie werden sozialpädagogisch betreut, und auch die Nachbarn kümmern sich." Auf der Schwanthalerhöhe sind viele richtig traurig, dass sie ihre Schützlinge verloren haben: " Wir hatten so einen tollen, hoch motivierten Helferkreis hier", sagt Stöhr.

Als im vergangenen Sommer bekannt wurde, dass das leer stehende Hotel an der Parkstraße als Erstaufnahmeeinrichtung für junge Flüchtlinge, die ohne Familie nach Deutschland kamen, dienen soll, verabschiedeten die Stadtteilpolitiker umgehend eine Resolution: "Flüchtlinge sind uns willkommen." Es folgte ein Grillabend, bei dem sich Anwohner und die Neuankömmlinge, überwiegend aus mittel- und südafrikanischen Ländern, kennenlernen konnten.

Das Konzept ging auf: Sehr schnell bildete sich ein "Netzwerk Parkhotel", in dem sich zahlreiche Menschen aus den Gemeinden im Viertel, die beiden Jugendzentren MKJZ und IG Feuerwache, das Alten- und Service-Zentrum (ASZ) und das soziale Netzwerk Regsam engagierten. Es gab Sport- und Kochangebote für die Flüchtlinge sowie Sprachunterricht, der Pfarrverband St. Rupert richtete außerdem ein Spendenkonto ein.

Dass die Willkommensresolution aus ehrlichem Herzen kam, zeigte sich auch in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses an den Reaktionen auf die Schließung des Parkhotels. "Wir sollten unbedingt schauen, ob wir nicht ein leer stehendes Gebäude finden, das wir der Stadt für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge anbieten können", sagte Ulf Schröder (SPD), "wir haben einfach eine dafür passende Infrastruktur hier." Thomas Hofstätter (CSU) ergänzte, der Helferkreis müsse nicht unbedingt in einen Dornröschenschlaf sinken: "Auch Flüchtlingskinder, die nicht unbegleitet sind, können Sprachnachhilfe, Hausaufgabenbetreuung oder Freizeitangebote brauchen." Möglicherweise könne man bei den Übergangsklassen der Schulen im Viertel andocken. Ob das Parkhotel - nach einer wohl nötigen Renovierung - in Zukunft wieder als Gemeinschaftsunterkunft für junge Flüchtlinge zur Verfügung steht, ist ungewiss. Das Jugendamt, sagt Stöhr, habe noch keine Erkenntnisse , was die Eigentümergemeinschaft plant.

Im Aubinger Hotel Pollinger hatten schon vergangenen Juni 78 Flüchtlinge aus Syrien vorübergehend ein neues Zuhause gefunden. Sie zählten zu den 10 000 Kontingentflüchtlingen, die bei einer humanitären Hilfsaktion nach Deutschland kamen und sofort Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhielten. Die Innere Mission half ihnen dabei, geeignete Wohnungen zu finden. Von dieser Gruppe leben noch drei Familien und eine ältere Dame im Hotel, 15 Personen insgesamt. "Für eine Familie haben wir eine Wohnung in Aussicht, die anderen werden voraussichtlich nach Unterwössen bei Reit im Winkl umsiedeln", sagt Andreas Herden, Leiter der Abteilung Migration bei der Inneren Mission.

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SZ vom 17.04.2015
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