Schwabing:Seit 22 Monaten liegt die Beschwerde bei der Bezirksregierung

Damals, als der ganze Ärger anfing, hat Karen Meißner ein Interview nach dem anderen geben. Sie hat Briefe geschrieben, an den damaligen OB Christian Ude und an die Stadtwerke. Es sollte sich was ändern. Hängen geblieben ist aber vor allem die Geschichte mit den "grünen Zähnen". So titelten damals die Zeitungen.

Als Zahnärztin muss Karen Meißner naturgemäß bei Füllungen und auch sonst den richtigen Weißton finden. Mit dem penetranten Grünstich ist das für sie nicht leichter geworden. Sie rüstete die Praxis auf eigene Kosten auf, klebte die Fenster mit einer speziellen Reflexionsfolie ab. Die Zähne sind weiß geblieben, das Schauermärchen ist trotzdem noch in der Welt. Richtig "rufschädigend" sei das, sagt Karen Meißner. Erst eine Woche ist es her, da habe sie wieder jemand angesprochen: Ob sie die Frau mit den grünen Zähnen sei?

Ansonsten passiert nicht viel. Der Vermieter der Zahnärztin klagt sich deshalb durch die Instanzen. Meißner ist sein Sprachrohr nach außen, weil er sich selbst in der Öffentlichkeit weitestgehend bedeckt hält. "Was sollen wir machen? Wir wollen ja eigentlich eine gütliche Einigung. Wir haben nicht gesagt: Sprengt das Ding weg", erklärt Karen Meißner.

Angeblich soll der Vermieter bereits 40 000 Euro in den Rechtsstreit mit den Stadtwerken investiert haben, bisher ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht gab ihm zwar inhaltlich recht, wies die Klage aber aus formalen Gründen zurück. Zuständig sei das Verwaltungsgericht. Schließlich habe man das giftgrüne Dach in einem ordentlichen Planfeststellungsverfahren abgesegnet, so der Tenor.

Die Beschwerde gegen die SWM landete also wieder bei der Regierung von Oberbayern. Dort liegt sie seit 22 Monaten. Die Behörde sah lange keinen "akuten Handlungsbedarf". Lieber verweist man auf die Dreckschicht, die alles erträglicher mache. Dann hat die Bezirksregierung ihre Meinung doch noch geändert. Auf Anfrage teilt sie nun mit, schon im Oktober mit allen Beteiligten nach einer Lösung suchen zu wollen.

Ohne das Aachener Architekturbüro "OX2", den Gewinner des städtischen Ausschreibungswettbewerbs, wird das nicht gehen. Es hat das Dach geplant und hält die Urheberrechte. Doch der OX2-Chef Marcin Orawiec ist einer Neugestaltung prinzipiell nicht abgeneigt, sollten die Umstände dies erforderlich machen. Er will nur mit einbezogen werden. Schließlich habe die Dachkonstruktion als preisgekrönter Wettbewerbsentwurf weltweit Beachtung gefunden, inzwischen sei sie außerdem ein "architektonisches Markenzeichen des Stadtviertels". Die Werktreue soll erhalten werden.

Hässlich oder lästig - das ist die Frage

Zum Dach haben die OX2-Architekten nach wie vor eine emotionale Bindung. "Wir würden gerne sehen, dass es den Menschen in München mit dem Projekt auch gut geht", sagt Marcin Orawiec. Klickt man auf die OX2-Homepage, dann erscheint als Erstes die grün-weiß leuchtende Münchner Freiheit.

630 Kilometer entfernt von Aachen klappt die Frau mit der Penthouse-Wohnung ihr Laptop auf. Sie zeigt Bilder von der Zeit, als die Deckenwände noch grün leuchteten. Das ist vorbei. Momentan sei das Dach hauptsächlich eine ästhetische Belästigung, sagt die Frau, einfach nur hässlich. Dass die SWM jemals wieder eine Putzaktion wagen, glaubt sie nicht. "Bei dem Ärger, den sie sich dadurch einhandeln würden."

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