Schwabing:Rabatz und Rücksichtnahme

Schwabing: Im Sommer 2017 wurde der Stadtplatz im Neubaugebiet Ackermannbogen eingeweiht, ein Jahr später gibt es dort Konflikte.

Im Sommer 2017 wurde der Stadtplatz im Neubaugebiet Ackermannbogen eingeweiht, ein Jahr später gibt es dort Konflikte.

(Foto: Stephan Rumpf)

In lauen Nächten machen Jugendliche beim Stadtplatz am Ackermannbogen Lärm und hinterlassen Müll. Die Anwohner wollen tolerant sein, kommen aber mit ihren Gesprächsangeboten nicht weiter. Jetzt soll ein runder Tisch helfen

Von Ellen Draxel, Schwabing

Dietlind Klemm und ihre Nachbarn im Gebäude von Wagnis 4 und gegenüber leben sehr gerne in der Neubausiedlung am Ackermannbogen. Die Lage am Stadtplatz hat ihren Charme. Und die Mischung von Sozial-, Genossenschafts- und Eigentumswohnungen finden die Bewohner ebenso gelungen wie das Mehrgenerationenkonzept. Vor ein paar Monaten allerdings, erzählt Klemm, habe die Wohlfühlatmosphäre einen gehörigen Dämpfer erlitten.

Es war im vergangenen Sommer, in den lauen Nächten, die zum Verweilen im Freien geradezu einluden. In diesen Nächten trafen sich wiederholt Jugendliche an einigen "Hot Spots" im Quartier - vorwiegend am sogenannten "Ort der Stille" unmittelbar unterhalb von Klemms Balkon und bei den Tischtennisplatten. Zu Beginn des Abends sei es in der Regel ruhig gewesen, sagt die Journalistin und ausgebildete Sonderpädagogin. Aber je mehr Alkohol konsumiert wurde, desto lauter wurden die Feiernden. "Dann wurde gejohlt, gekreischt, die Musik aufgedreht." Das Ergebnis dieser Nächte: herumliegende Zigarettenstummel, leere Flaschen, Pizzakartons. Und Anlieger, darunter viele Familien mit kleinen Kindern, die um ihre Nachtruhe gebracht waren.

Das Ambivalente an der Situation: Den Nachbarn ist ein Miteinander mit den jungen Leuten enorm wichtig. "Wir möchten, dass Jugendliche einen Ort haben, an dem sie sich treffen können", betont Klemm. Gleichzeitig wollen die Anwohner die Ruhestörung nicht endlos hinnehmen, sind aber unsicher, wie sie reagieren sollen. Mehrfach haben sie versucht, mit den jungen Frauen und Männern ins Gespräch zu kommen, sind aber nicht durchgedrungen. "Ehrlich gesagt, fühlen wir uns ein wenig hilflos und ratlos." Klemm gibt zu, sich auch "ein bisschen vor den Jugendlichen zu fürchten", wenn diese durch den Alkohol enthemmt reagieren.

"Es muss doch möglich sein, den Mädchen und Jungs zu vermitteln, dass sie die Musik leiser drehen und nicht diesen Dreck hinterlassen. Aber wie?" Die Anlieger bitten um Hilfestellung, wie sie die jungen Menschen erreichen können, um im Idealfall die Sensibilität für ein harmonisches Miteinander in einem dicht besiedelten Quartier zu wecken.

Diese Tipps sollen sie nun bekommen: Der Ackermannbogen-Verein will Anfang 2019 im Jugendzentrum Life an der Lissi-Kaeser-Straße einen runden Tisch unter dem Motto "Rücksichtnahme" veranstalten, moderiert von Akim, dem "Allparteilichen Konfliktmanagement in München".

"Das Thema Lärm ist eine Geschichte, die bei uns seit Jahren immer wieder hochpoppt", erklärt Heidrun Eberle von der Nachbarschaftsbörse. Mal sind es die fußballspielenden Kinder auf der Großen Wiese, die Nachbarn stören, mal die jungen Leute, die sich auf dem Rodelhügel treffen. Und nicht immer ist die Basis-Toleranz der Anlieger so gegeben wie im akuten Fall beim Stadtplatz. Dieses Verständnis füreinander zu wecken aber ist der Grund für das Treffen im Januar oder Februar. Eingeladen werden sollen Jugendliche wie Erwachsene - um auf neutralem Boden miteinander zu reden und zu hören, wo die jeweiligen Bedürfnisse liegen. Die Moderatoren wissen auch, wie man auftreten sollte, wenn man sich bedroht fühlt, sie vermitteln Verhaltensspielregeln. Allerdings, weiß Eberle, wird es eine "Herausforderung" sein, genau die Jugendlichen, die in den Sommernächten auf dem Stadtplatz gefeiert haben, zu finden und dazu zu bringen, zum runden Tisch zu kommen.

Dietlind Klemm jedenfalls will sich auf diesen Kommunikationsprozess einlassen. Sanktionen sind ihr zuwider - als "ultima ratio" aber, sollte dieser Weg nicht fruchten, fordern Klemm und ihre Nachbarn ein Alkoholverbot auf den Plätzen am Ackermannbogen. Einen entsprechenden Antrag haben sie beim Bezirksausschuss Schwabing-West gestellt - die Lokalpolitiker nahmen die Bitte zur Kenntnis.

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