Schwabing:Piazza zwingt zum Umlenken

Ein Gutachten spricht sich klar für die Umgestaltung einer Kreuzung in der Parkstadt zum zentralen Quartiersplatz aus. Gemäß den Experten wird dadurch auch die problematische Verkehrslage im Viertel entzerrt

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Viele Bewohner in der Parkstadt Schwabing dürften längst den Glauben daran verloren haben, dass sich die Infrastrukturmisere in ihrem Quartier irgendwann zum Besseren wenden könnte. Es fehlt an Geschäften des täglichen Bedarfs, die idealerweise an einem (nicht existenten) zentralen Quartiersplatz angesiedelt sind; ferner leidet die Bevölkerung unter dem immensen Durchgangsverkehr, den umzulenken und einzubremsen seit Langem der Bevölkerung in Aussicht gestellt wird, von der Stadt ebenso wie vom Generalentwickler und größtem Grundstückseigentümer in diesem 40 Hektar großen Gebiet, der Immobilienfirma Argenta. Doch jetzt zeichnet sich ab, dass Bewegung in die Vorbereitungen für eine "urbane Mitte" in der Parkstadt kommt.

Dies soll eine zentrale Piazza werden, durch welche überdies auch der verhasste Pendlerverkehr zumindest teilweise umgelenkt werden soll. Längst schon haben die Argenta und der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann einen Standort dafür ausgemacht: die Kreuzung Anni-Albers-Straße/Lyonel-Feininger-Straße. Die Gabelung und der östliche Straßenabschnitt müssten dafür großflächig umgebaut werden; ein Planwerk dafür gibt es schon, erarbeitet vom Münchner Planungsbüro Andreas Hautum - und nun liegt auch die nötige Expertise vor, ob das aus verkehrsplanernerischer Sicht sinnvoll ist. "Die vorgesehene Umplanung wird positiv bewertet", heißt es in einem Gutachten des Münchner Büros für Verkehrsplanung und Städtebau Lang + Burkhardt, welches im Auftrag der Argenta erstellt wurde und der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Studie wird derzeit vom Planungsreferat ausgewertet und geprüft, wie ein Behördensprecher bestätigt. Sobald dies abgeschlossen sei, werde man dem Stadtrat berichten. Ob dies noch dieses Jahr geschehen soll, dazu mag der Sprecher keine Aussage treffen.

Schwabing: Die Kreuzung Anni-Albers-/Lyonel-Feininger-Straße soll umgestaltet werden.

Die Kreuzung Anni-Albers-/Lyonel-Feininger-Straße soll umgestaltet werden.

(Foto: Stephan Rumpf)

Dennoch dürfte das Projekt jetzt behördenintern Fahrt aufnehmen. Eine ausstehende Verkehrsstudie nannte das Planungsreferat zuletzt als Voraussetzung für den Einstieg in ein Realisierungskonzept; und der Hautum-Planung hatte sich die Behörde vor gut einem Jahr bereits sehr zugeneigt gezeigt. Demnach soll die derzeit öde, versiegelte Fläche vor dem Accenture-Bürogebäude, kombiniert mit dem Raum vor dem nordseits gelegenen Hotel-One-Komplex, zu einem ansprechenden Platzgefüge werden. Der Abschnitt der Anni-Albers-Straße würde dafür nach Süden an das Bürohaus heranrücken, der Durchgangsverkehr auf der Nord-Süd-Achse der Lyonel-Feininger-Straße nach Osten in die Walter-Gropius-Straße umgeleitet. Vor dem Hotel, das eine Zufahrt bekäme, entstünde dadurch eine große Freifläche.

Die Verkehrsstudie spricht sich klar für die Umsetzung des Konzepts aus. Zum einen prognostizieren die Autoren eine spürbare "Geschwindigkeitsdämpfung", da Hautum auch eine verkehrsberuhigte Gestaltung durch einen durchgängigen Pflasterbelag empfiehlt. Zum anderen heißt es: "Durch die Änderung der Verkehrsführung wird die derzeit problematische Verkehrslage entzerrt und das Wohngebiet vom Durchgangsverkehr entlastet." In Zahlen: Zwischen 2011 und 2017 ist der Durchgangsverkehr im Ostabschnitt der Anni-Albers-Straße dem Papier zufolge im Zuge der Neubauten um 45 Prozent auf täglich 5560 Autos angewachsen; würde die Argenta ihre Pläne kippen, die Restflächen auf zehn Prozent der Gesamtfläche zu bebauen, sänke der Verkehr mit dem Hautum-Konzept auf 5300 Fahrzeuge pro Tag in diesem Bereich. Im naheliegenden Fall, dass das Unternehmen ihre Flächen verwertet, rechnen die Experten mit einem moderaten Anstieg auf 6000 Fahrzeuge pro Tag.

"Neue Mitte" Parkstadt Schwabing

Geplant ist für die Kreuzung ein schöner Platz. Simulation: Office le Nomade; Argent/oh

Rückenwind erhält das Vorhaben naturgemäß von der Argenta, in deren Auftrag auch das Hautum-Konzept entstand. Firmenchef Helmut Röschinger hatte zwar zuletzt in einer spektakulären Kehrtwende seine Wohnungsbau-Pläne für beendet erklärt; er will nun doch vor allem Büros errichten - hält aber ausdrücklich an seinem Ziel für eine "urbane Mitte" fest. Man werde sich an den Kosten für den Kreuzungsumbau "mit einem namhaften Betrag beteiligen", versprach er nach SZ-Informationen in einem Brief an das Planungsreferat. Röschinger dürfte nach den gescheiterten Verhandlungen mit der Stadt und seinem Strategieschwenk nun zügig loslegen wollen - und eine dieser Flächen liegt an eben dieser Kreuzung an der Lyonel-Feininger-Straße: Dort soll ein zwölfstöckiges Gebäude entstehen - und im Erdgeschoss unter Arkaden eben jene Geschäfte, die Bestandteil des Piazza-Plans sind.

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