Schwabing:Mahnruf im Morgengrauen

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"Wir wollen ein Zeichen setzen", sagt der Schulleiter des Oskar-von-Miller-Gymnasiums, Peter Schwartze (Zweiter von rechts) bei der Plakat-Aktion mit Vertretern des Elternbeirats. Sie bekräftigten damit ihre Forderung an die Stadt, mehr für die Schulwegsicherheit an der Kreuzung zu tun. (Foto: Robert Haas)

Die Verkehrsbehörde hatte zugesichert, die Situation vor dem Interimsstandort des Oskar-von-Miller-Gymnasiums zu verbessern. Doch auf die Tempo-30-Zone warten Eltern und Schulleiter bis heute - und appellieren deshalb mit einer Plakat-Aktion an die Stadt

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Es war eine Woche nach Beginn des laufenden Schuljahres am Interimsstandort für das Oskar-von-Miller-Gymnasium in Schwabing, als der Schulleitung und den Eltern klar wurde, dass etwas passieren muss. Ein Elftklässler, 16 Jahre alt, war beim Queren der Domagkstraße von einem Auto erfasst worden. Er wurde nur leicht verletzt, trug aber eine schweren Schock davon - und geschockt waren auch die Elternschaft und Schuldirektor Peter Schwartze. "Es war wie ein Weckruf", sagt er und stützt sich dabei auf einen Plakataufsteller mit der Aufschrift "Achtung Kinder". Denn es ist nach seiner Auffassung und der des Elternbeirats seitdem kaum etwas passiert, um die Sicherheit der 940 Schüler zu verbessern. "Wir wollen ein Zeichen setzen", sagt Schwartze.

Es ist eine symbolische Aktion - und ein dringender Appell an die Verkehrsbehörde im Kreisverwaltungsreferat (KVR). Am Montagmorgen dämmert um 7.30 Uhr langsam der Tag, unterdessen der Berufsverkehr an der Kreuzung Domagkstraße/Ungererstraße schon gehörig Fahrt aufgenommen hat. Immer dichter und hektischer rollen und röhren Autos und Lastwagen über diesen Verkehrsknoten; und zu Dutzenden strömen Schüler aus dem nahen U-Bahnhof "Alte Heide" herbei. Mitten drin stehen Schwartze und fünf Vertreter des Elternbeirats; sie tragen jene Zeichen, die sie setzen wollen, herbei: die Plakat-Aufsteller mit dem Mahnruf an die Autofahrer. "Uns ist versprochen worden, dass zumindest im Bereich der Domagkstraße möglichst schnell Tempo 30 ausgeschildert wird", sagt Stefan Sippell vom Elternbeirat, sichtlich verärgert. Neben ihm nickt Direktor Schwartze. "Zwei Monate ist das jetzt her."

Der Stammsitz der Schule an der Siegfriedstraße wird seit diesem Sommer generalsaniert, so musste ein Platz für das Ausweichquartier gefunden werden. Die erste Idee, das Interimsgebäude in Fröttmaning anzusiedeln, wurde verworfen; zur Freude aller Beteiligten entschied man sich für die Fläche an der Domagk-/Ungererstraße. Doch dann kam es zu dem Unfall mit dem Elftklässler; es zeigte sich: Sowohl Schüler als auch Autofahrer finden hier plötzlich eine ungewohnte Situation vor. Die Kinder und Jugendlichen müssen mit dem Verkehr, die Autofahrer mit den Horden von Schülern an dieser Stelle erst umgehen lernen. "Der Autofahrer, der den Jungen angefahren hat, sagte mir: Ihm sei nicht klar gewesen, dass hier eine Schule ist", sagt Direktor Schwartze.

Er drängte also bei der Stadt auf einen Ortstermin, der am 1. Oktober mit Vertretern des KVR stattfand. Die Behördenemissäre versprachen etwa, die Radfurten im gesamten Kreuzungsbereich rot zu markieren und die Ampelschaltung für Fußgänger zu verlängern. Das ist auch geschehen - doch die Kernforderungen - Tempo-30-Zone auf 300 Metern an der Domagkstraße und Gefahrenzeichen mit der Aufschrift "Achtung Schule" - wurden bisher nicht erfüllt. Die Eltern, so sagt der Vize-Elternbeiratsvorsitzende Ernst Edhofer, hätten Angst um ihre Kinder. "Man darf nicht warten, bis noch etwas passiert."

Für dringend geboten halten Schwartze und der Elternbeirat es nach wie vor, auch auf dem nordseitigen Kreuzungsabschnitt der Ungererstraße ein Tempolimit einzuführen. "Ungeheuerlich", nennt Sippell es, dass die Behörde dem eine Absage erteilt hat. Die Begründung, es handle sich um eine Hauptverkehrsstraße, mag auch Schwartze nicht schlüssig erscheinen. Denn er weiß, dass in der ganzen Stadt vor gut 2000 sozialen Einrichtung wie Schulen und Altenheimen sukzessive Tempo-30-Bereiche eingerichtet werden - und dass dies auch auf Hauptverkehrsachsen wie der Leopoldstraße oder der Wasserburger Landstraße geschieht. Schwartze: "Wir wollen Gleichbehandlung."

Doch gerade dies sieht das KVR erfüllt - indem es auf der Ablehnung insistiert. Gemäß Stadtratsbeschluss kämen nur Straßen mit maximal zwei Fahrspuren je Fahrtrichtung in Betracht, teilt die Behörde mit; im betreffenden Bereich gebe es aber drei bis vier Spuren in Richtung Süden. "Auch im übrigen Stadtgebiet erfolgt im Umgriff von Schulen keine entsprechende Anordnung von Tempo 30, sofern die Straße mehr als zwei Fahrspuren je Fahrtrichtung aufweist", sagt ein KVR-Sprecher. Immerhin, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf dem Domagkstraßen-Abschnitt soll kommen - und zwar noch vor Weihnachten, wie eine Sprecherin des Baureferats versichert. Ein Schild habe gesondert angefertigt werden müssen, deshalb sei es zu der Verzögerung gekommen.

© SZ vom 04.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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