Wohnen in München:Kein Abriss - aber höhere Mieten

GBW Mietwohnungen in München, 2014

Den Häusern 31, 33, 35 in der Bonner Straße drohte die Abrissbirne - nun werden sie saniert und bekommen Aufzüge.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Ursprünglich wollte das Wohnungsunternehmen GBW einen Gebäudekomplex an der Bonner Straße abreißen und einen durch Neubau mit mehr Wohnungen ersetzen.
  • Durch den Widerstand der Bewohner legt das Unternehmen nun einen neuen Plan vor: Die Wohnunen sollen saniert werden.
  • Damit kommen auf die Bewohner allerdings höhere Mieten zu.

Von Ellen Draxel

Die Stimmung ist ausgesprochen harmonisch. Es gibt Dankesbekundungen. Lobreden. Zwar sind hin und wieder auch kritische Stimmen bei der Versammlung zu hören. Aber eines ist deutlich zu spüren: Die zumeist älteren Mieter der Bonner Straße 31, 33 und 35 sind mit ihrer Vermieterin inzwischen durchaus zufrieden. Das Ungewöhnliche daran: Die Vermieterin ist die GBW.

Die Bonner Straße ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer Fall. Bei diesem Objekt legte die GBW AG, zwei Monate, nachdem 92 Prozent ihrer Aktien 2013 an ein Konsortium unter Führung des Augsburger Immobilienkonzerns Patrizia AG verkauft worden waren, bayernweit erstmals die Gewinn-Maximierungskarten auf den Tisch.

Eigentlich drohte die Abrissbirne

Geplant war, einen Gebäudekomplex mit 24 Wohnungen, der weder baufällig noch abgewohnt ist, abzureißen und zwei neue Häuser plus Tiefgarage zu errichten. 18 Wohnungen mehr als bisher sollten dabei herausspringen. Zusätzlich hätten 21 Bäume im Innenhof gefällt werden sollen, eine Ruhe-Oase inmitten der hektischen Großstadt, in der die Kinder aus der ganzen Bonner Straße spielen. Für die Mieter war die Ankündigung ein Schock, einige sind deutlich älter als 80 und hätten nach 50 Jahren ihr Umfeld verlassen sollen. Auch viele der Jüngeren leben seit mehr als zwanzig Jahren dort, hier haben sie ihre Kinder großgezogen und häufig nicht unerhebliche finanzielle Mittel in Bäder, Küchen oder Parkettböden investiert.

"Ja", sagt Karl Scheinhardt, Niederlassungsleiter der Münchner GBW und einer der beiden Geschäftsführer der GBW Oberbayern und Schwaben GmbH, nun den Mietern. "Ja, wir hatten vor zwei Jahren die Überlegung, diese Gebäude abzureißen. Aber das Ding hat sich erledigt, nachdem ich bei Ihnen war."

Er, der eloquente Redner, reagierte damals bei der ersten Mieterversammlung regelrecht geschockt ob der massiven Gegenwehr, die ihm entgegenschlug. "Sie haben mich ganz schön in die Mangel genommen." Gleichzeitig sei ihm nach der Versammlung etwas passiert, das ihm "völlig neu" gewesen sei: Vier Mieterbeiräte seien an ihn herangetreten: "Scheinhardt, Du hast die einmalige Chance, mit uns konstruktiv, ehrlich und fair zusammenzuarbeiten." Das, betont er mehrfach an diesem Informationsabend, "war und ist für mich nach wie vor beispiellos".

Sanierung - und Aufzüge

Seitdem zeigt die GBW am Beispiel Bonner Straße - und das ist die zweite Besonderheit, dass sie anders kann als nur Profitgier zu beweisen. Der kooperative Widerstand der Mieter und das vehemente Engagement des Westschwabinger Bezirksausschusses für die Bewohner haben das Immobilienunternehmen dazu bewogen, die Abriss-Pläne zu überdenken. Die Lösung, die jetzt im Raum steht und noch vor Weihnachten als Bauantrag eingereicht werden soll, ist, wie alle betonen, ein Ergebnis des Einander-Zuhörens.

Geplant ist nun die "energetische Modernisierung und Sanierung" des dreistöckigen Bestandsgebäudes. Das Dach wird abgerissen und um ein zweiteiliges Staffelgeschoss mit sechs und noch einmal fünf Wohnungen erweitert. Dazu kommt ein Neubau mit 28 Wohnungen, der L-förmig an das bisherige Gebäude andockt.

Warum die Mieten steigen werden

Vorgesehen sind eine Tiefgarage für 53 Fahrzeuge mit Zufahrt von der Bonner Straße sowie drei außen liegende Aufzüge am jetzigen Haus. Die Bäume werden überwiegend erhalten. Die Tiefgaragenplätze erscheinen den Mietern zu knapp kalkuliert, doch mehr Stellflächen seien aus Baumschutzgründen nicht möglich, erklärt GBW-Projektleiter Klaus Platen.

Kritik wird aber vor allem wegen der Aufzüge laut: "Die waren so nicht ausgemacht", rügt Helmut Sporrer, stellvertretender Vorsitzender der Mietergemeinschaft. Laut Platen sind die Aufzüge "obligatorisch", um die obersten fünf Wohnungen im neuen Dachgeschoss zu erreichen - ohne Lifte dürfte die GBW diese Appartements aufgrund der Höhe des Hauses gar nicht bauen. Doch Aufzüge sind bei Sanierungen ein sensibles Thema: Sie gelten formal als Luxus und können später voll auf die Miete umgelegt werden. Es sei denn, der Vermieter ist zu Kompromissen bereit.

Man wolle für alles eine Lösung finden

Bezirksausschuss und Mieter könnten sich vorstellen, dass die GBW die Investitions- und die Bewohner die Betriebskosten tragen. Das allerdings will Scheinhardt an dem Abend nicht zusagen. Mit Mietsteigerungen zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Euro monatlich pro Quadratmeter, rechnet der Münchner GBW-Chef vor, müssten die Mieter nach dem Umbau rechnen. Plus 80 bis 90 Cent pro Quadratmeter für die Aufzüge. Eine 80 Quadratmeter-Wohnung würde damit rund 350 Euro im Monat teurer werden als bisher.

"Wir sind ein wirtschaftliches Unternehmen, das gewinnorientiert denkt und handelt, und wir bleiben es auch", erklärt er den Mietern. "Aber das Motto der GBW ist ebenso: Kein Mieter muss wegen einer Modernisierung seine Wohnung verlassen." Nicht, weil die Rente danach vielleicht nicht mehr ausreicht, um die Miete zu bezahlen. Und auch nicht, weil Lärm und Dreck nicht mehr auszuhalten sind. "Diese eineinhalb Jahre Baustelle, die werden sicher kein Zuckerschlecken", sagt Scheinhardt. "Aber wir bieten Ihnen die Hand: Gemeinsam finden wir einen gangbaren Weg."

Ist diese Offenheit und Hilfsbereitschaft jetzt die neue Strategie der GBW? Auch bei anderen Projekten? "Ich glaube", sagt der Münchner Chef, "die ganze GBW-Führung hat am Beispiel Bonner Straße eines gelernt: Wir müssen rechtzeitig auf die Mieter zugehen, müssen uns gemeinsam an einen Tisch setzen und reden. Bevor Pläne überhaupt an die Öffentlichkeit gelangen." Im Sommer kommenden Jahres will die GBW mit den Bauarbeiten an der Bonner Straße 31-35 beginnen, fertig sein sollen Um- und Neubau Ende 2017.

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