Schwabing:Großes Missverständnis

Bei der Schwabinger Bürgerversammlung wird überraschend die Einführung des Parkraum-Managements angekündigt. Bei genauer Betrachtung bleibt den Anwohnern am Morgen danach aber nur Frust

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Die Besucher trauen ihren Ohren kaum. So kurz, klar und prägnant hatten sie sich das nicht vorgestellt - und wohl auch nicht zu hoffen gewagt. "Noch in diesem Jahr soll der Stadtrat über die Einführung des Parkraum-Managements in der Parkstadt Schwabing entscheiden. Es wird dann zeitnah umgesetzt", sagt der Mitarbeiter des Planungsreferats an diesem Donnerstag ins Mikrofon bei der Schwabinger Bürgerversammlung in der Aula des Maximiliansgymnasiums.

Mehr sagt er nicht. Die Parkstädter schauen verdutzt - sie stellen sich womöglich schon den kollektiven Erleichterungsseufzer vor, der durch die rund 1800 Wohnungen in ihrer Nachbarschaft geht. Denn schon lange, und auch an diesem Abend, dringen Anwohner darauf, das Quartier zum Parklizenzgebiet zu machen. Doch daraus wird nichts. Sogenanntes Bewohnerparken wird hier nicht eingeführt, auch wenn der Behördenmann das vermeintlich versprochen hat.

Die Bevölkerung in dem Neubaugebiet zwischen Schenkendorf- und Domagkstraße hat ihr neues Zuhause zwar ins Herz geschlossen - doch die Begleiterscheinungen des Großprojektes lassen ihnen mitunter den Hut hochgehen. Die Wohnhäuser sind nahezu umstellt von den Firmenkomplexen, für die ein Großteil des Areals reserviert ist. Viele Werktätige kommen mit dem Auto, viel zu viele. "Jeder Zentimeter ist zugeparkt", zürnt ein Mann im mittleren Alter in der Schulaula. Bordsteine, Straßeneinmündungen, Tiefgarageneinfahrten - alles sei zugeparkt: "Leute mit Kinderwagen und Rollstuhlfahrer kommen nicht mehr durch. Wir haben ein massives Verkehrsaufkommen." Sein Antrag, Parkraummanagement in der Parkstadt einzuführen, wird von der überwältigenden Mehrheit der Besucher angenommen - und scheinbar von der zuständigen Behörde sogleich bestätigt. Doch das ist ein Missverständnis.

"In der Parkstadt Schwabing wird es auf keinen Fall ein Parklizenzgebiet geben", relativiert am Freitagmorgen der Sprecher des Planungsreferates, Thorsten Vogel. Dies sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Denn: Die Straßenverkehrsordnung schreibe vor, dass ein Mangel an privaten Stellplätzen nachgewiesen werden müsse. "Diesen Mangel gibt es aber nicht, es sind ausreichend private Parkplätze vorhanden." Dennoch: Geschwindelt hatte der Mitarbeiter bei der Versammlung auch nicht, er hat nur Entscheidendes nicht gesagt. Denn "Parkraum-Management" ist der Oberbegriff für alle behördlichen Stellschrauben, die Parkplätze im öffentlichen Raum betreffen, Parklizenzgebiete sind dabei nur eine Möglichkeit. Laut Vogel arbeitet das Kreisverwaltungsreferat daran, eine "Zonenbewirtschaftung" in der Parkstadt Schwabing einzuführen. Dabei würden partielle Halteverbots- und Kurzparkzonen sowie das Aufstellen von Parkuhren erwogen.

Das dürfte erneut für Ernüchterung in der Bewohnerschaft führen, wobei das Parkproblem nicht deren einzige Sorge in diesem vom Gewerbe geprägten Gebiet ist. Viel Zustimmung erhält eine junge Frau für ihren Antrag, die Buszufahrt zu einem Hotel an der Lyonel-Feininger-Straße an die Oskar-Schlemmer-Straße zu verlegen. Bis zu vier Reisebusse stehen nach ihrer Beobachtung gleichzeitig vor dem Hotel. Schon morgens grölten Gäste herum, Busfahrer ließen zudem lange die Motoren ihrer Fahrzeuge laufen: "Das ist unzumutbar." Das findet das Kreisverwaltungsreferat allerdings nicht. "Bei Abwägung aller Belange hält das Kreisverwaltungsreferat die mit der Busanfahrt verbundenen Probleme im Hinblick auf die Größe des Hotels (147 Zimmer) für verkehrsüblich und zumutbar", heißt es in einer Antwort auf einen Antrag der ÖDP im Stadtrat auf Verlegung der Buszufahrt.

Als unerträglich empfindet eine Nachbarin nicht nur den Busverkehr, sondern auch den Taxistand vor dem Hotel. Sie fordert an diesem Abend, die Stadt solle dafür sorgen, dass er weg kommt: "Es ist kein Spaß, fünf laufende Dieselmotoren vor dem Fenster zu haben", teilt sie der Zuhörerschaft mit, die Mehrheit unterstützt ihren Antrag.

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