Süddeutsche Zeitung

Schwabing:Fast aus einem Guss

An der Infanteriestraße wollte Euroboden eine einheitliche Häuserzeile mit den benachbarten Eigentümern realisieren. Die Stadtwerke trugen das Konzept zwar nicht mit - doch zwei andere Baufirmen zeigen sich offen

Von Ellen Draxel, Schwabing

Das Gebäude an der Infanteriestraße 14 steht leer. Die Fakultät für Design der Hochschule München hatte dort bis vor wenigen Monaten ihren Sitz. Inzwischen befinden sich sämtliche Studienrichtungen der Fakultät im renovierten historischen Zeughaus an der Lothstraße. Eigentümerin des Grundstücks an der Infanteriestraße ist seit September die Firma Bauwerk Development. Der Projektentwickler hat das Areal von der Euroboden GmbH gekauft - nachdem der ursprüngliche Plan von Euroboden-Chef Stefan Höglmaier geplatzt war. Höglmaier wollte nicht nur die Infanteriestraße 14 abreißen und durch ein moderneres Gebäude ersetzen. Ihm schwebte die Kreation eines ganz neuen Straßenzuges aus einem Guss vor, eine gemeinsame Häuserzeile mit den Nachbarn.

Das Grundstück an der Infanteriestraße 12 gehört dem Freistaat: Die Stadibau, die Wohnraum für Staatsbedienstete schafft und vermietet, hat hier Beamtenwohnungen untergebracht. Und bei der übernächsten Fläche an der Ecke zur Kathi-Kobus-Straße handelt es sich um ein Betriebsgelände der Stadtwerke mit einem Heizwerk, das zur Fernwärmeversorgung des Stadtviertels benötigt wird.

Die Stadtwerke allerdings konnten damals Höglmaiers Konzept nicht mittragen, sie benötigen dringend Werkswohnungen und hatten im Rahmen der Wohnungsbauoffensive bereits eigene Pläne. Außerdem, so erklärte seinerzeit Pressesprecherin Bettina Hess, wäre eine Überplanung durch einen fremden Investor schon wegen der dichten Sparten im Untergrund und des Lückenschlusses zur erforderlichen Feuerwehrzufahrt nicht möglich gewesen. Baubeginn für die 20 Zwei- bis Vier-Zimmer-Werkswohnungen der Stadtwerke ist nun wahrscheinlich bereits im September dieses Jahres, Mitte 2021 sollen die ersten Bewohner einziehen. Ein Teil von Höglmaiers Idee aber wird künftig vermutlich trotzdem weiterleben - in einem Projekt der Firma Bauwerk und der Stadibau.

Fassadenpläne sind bislang nicht bekannt. Die Bauwerk Development GmbH will mit der Veröffentlichung warten, bis sich die Stadtgestaltungskommission voraussichtlich im Juni oder Juli mit dem Wohnkomplex beschäftigt hat. So viel aber verrät Unternehmenssprecherin Julia Wald: "Der architektonische Entwurf stammt aus der Feder des für seine innovativen Projekte mehrfach ausgezeichneten Amsterdamer Architekturbüros UNStudio." Die Niederländer haben etwa das Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart, den Bahnhof von Arnheim und den Bürokomplex La Défense im holländischen Almere konzipiert. Für das Vorhaben in Schwabing, sagt Wald, sei nun ein Gebäudekörper vorgesehen, "der sich nach oben hin staffelt und so maximale Freiheit und optimale Belichtung für die Wohnungen schafft". Rund 120 Eigentumswohnungen möchte der Projektentwickler Bauwerk auf dem knapp 2420 Quadratmeter großen Areal an der Infanteriestraße 14 errichten - im gehobenen Preissegment, aber ohne Ausreißer nach oben, wie der geschäftsführende Gesellschafter Roderick Rauert dem Bezirksausschuss Schwabing-West laut Gremiums-Chef Walter Klein (SPD) versicherte. Die 50 bis 70 Quadratmeter großen Wohnungen des Neubaus sollen keine klassische Zimmeraufteilung mehr haben, sondern einen flexibel zu gestaltende Raum, der um ein zentral situiertes Modul mit Bad, WC, Küchenzeile, Stauraum und Ankleide angeordnet ist.

Der Projektpartner Stadibau hingegen präferiert bei seinem Bauvorhaben eher den herkömmlichen Wohnungsbau - mit Eineinhalb- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, "wie es unserem Auftrag entspricht", sagt Geschäftsführer Helmut Gropper. Zu Details möchte sich Gropper nicht äußern, noch sei man schließlich "in Abstimmungsgesprächen mit dem Nachbarn". An der Infanteriestraße 12 würden aber "auf jeden Fall deutlich mehr Wohnungen entstehen als die sieben, die es momentan gibt". Bauwerk will im kommenden Oktober oder November den Bauantrag einreichen und rechnet mit der Fertigstellung Mitte bis Ende 2022. Bei der Stadibau ist man mit zeitlichen Prognosen vorsichtiger: "Wir müssen ja zuerst klären, wo wir unsere jetzigen Mieter unterbringen", meint Gropper. Rund 6000 Wohnungen hat die Stadibau im Raum München, einige davon in Schwabing. Und die Optik des Neubaus? Die Fassaden sollten zumindest "harmonieren", meint der Stadibau-Geschäftsführer. "Wir werden aber vermutlich unsere eigene Handschrift haben."

Bevor die Infanteriestraße 14 abgerissen wird, will Bauwerk das Gebäude noch einmal bespielen. "Das war ja die Design-Hochschule, das hat uns zu einer kreativen Zwischennutzung inspiriert", sagt Unternehmenssprecherin Wald. Zwei Monate lang, im September und Oktober, soll das alte Gebäude ein letztes Mal zum Leben erweckt werden. Details zu Bewerbungen will Bauwerk Ende Mai bekanntgeben.

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SZ vom 18.05.2019
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