Dass die Zecken Krankheiten wie Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen können, lernen schon Schulkinder. Doch gegen Zecken an sich gibt es - wie die landläufige Bezeichnung der Vorsorge suggeriert - freilich keinen Impfstoff. Dieser schützt nur vor der durch Viren ausgelösten FSME. Das Referat für Umwelt und Gesundheit der Stadt München rät allen, die in einem der Risikogebiete leben oder dort Urlaub machen, zu einer FSME-Impfung.
Die meisten Infektionen treten in Süddeutschland auf, vor allem Bayern und Baden-Württemberg gelten als Endemiegebiete, Regionen also, in denen sich vermehrt Menschen mit FSME infiziert haben. Eine Infektion kann zu einer Hirnhautentzündung führen. Allerdings führt nicht jeder Stich einer angesteckten Zecke zu einer Infektion; wenn die Zecke das Virus überträgt, treten bei etwa 30 Prozent der Infizierten Symptome auf.
Die Krankheit verläuft in zwei Phasen: Zunächst kommt es zu grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen und Schwindelgefühl. Nach einem fieberfreien Intervall von einer Woche bis zu 20 Tagen bricht bei zehn Prozent der Patienten eine Hirnhautentzündung mit Nackensteife, starken Kopfschmerzen und Erbrechen aus. Meist kann die FSME vollkommen geheilt werden. Einer von 100 Patienten, bei denen die Krankheit das Nervensystem befallen hat, stirbt an FSME.
Die Impfquote gegen FSME ist in Bayern seit 2005 gestiegen. Ließen sich damals in den Gefahrenzonen nur etwa 18 Prozent immunisieren, liegt die Quote derzeit bei etwa 30 Prozent. "Das ist zumindest eine Verbesserung in den Risikogebieten", sagt Jochen Süss, Leiter des Nationalen Referenzlabors für durch Zecken übertragbare Krankheiten in Jena. Zufrieden ist der Experte damit aber nicht. Süss sagt: "Man könnte alle FSME-Erkrankungen mit einer Impfung vermeiden." Das Risiko sei gering, die Wirkkraft aber liege bei 98 bis 99 Prozent. Vor allem Menschen aus Berufsgruppen, die viel im Freien arbeiten, wie Landwirte, Gärtner und Waldarbeiter sollten sich alle fünf Jahre gegen den Virus impfen lassen.
Im Raum München dagegen, der laut Robert-Koch-Institut als Nicht-Risikogebiet gilt, sind nur vereinzelte Fälle von FSME bekannt. Dennoch lag die Impfquote zum Beispiel im Landkreis München laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung im Jahr 2010 dort bei 31 Prozent, von den Schulanfängern ist sogar fast die Hälfte geimpft. Damit kümmern sich in München überdurchschnittlich viele Menschen um FSME-Vorsorge.
Manche Ärzte halten dies allerdings für übertrieben. Zum Beispiel, Herbert Bardutzky, Internist in Puchheim. "Das Risiko ist hier in der Gegend relativ gering", sagt er. "Wer sich nur in München aufhält, muss sich nicht impfen lassen. Mir ist zumindest kein einziger FSME-Fall aus München bekannt." Weit häufiger sei die Borreliose, eine bakteriell übertragene Krankheit, gegen die jedoch kein Impfstoff auf dem Markt ist. "Im Sommer haben wir in unserer Praxis einmal im Monat einen Patienten, der sich mit Borreliose infiziert hat", so Bardutzky. Hinter den verstärkten Kampagnen für eine FSME-Impfung hingegen vermutet er das wirtschaftliche Interesse der Hersteller von Impfstoffen.
Doch wie soll man sich nach einem Zeckenstich verhalten? Wichtig sei, sagt Bardutzky, die Bissstelle zu beobachten; bildet sich um den Stich in den folgenden Wochen eine ringförmige Hautrötung, die nach außen wandert, so sind das Anzeichen einer Borreliose-Infektion. "Dann heißt es schnell handeln. Wenn man die Borreliose früh erkennt, kann man sie mit Antibiotika meist ausheilen", so Bardutzky.
Bleibe die Krankheit unbehandelt, könne es Wochen oder Monate später zu schmerzhaften Nerven- und Hirnhautentzündungen sowie Lähmungen kommen. Nach Monaten, manchmal auch nach Jahren werden bei Patienten die Gelenke befallen, was zu entzündlichen Schwellungen an den Knie- und Sprunggelenken führe. Je länger eine Zecke bei ihrem Wirt Blut sauge, desto wahrscheinlicher sei die Übertragung der Borreliose.
Vorbeugend können sich Menschen, die in ihrer Freizeit viel in der Natur unterwegs sind, mit entsprechender Kleidung schützen. Zecken halten sich vor allem in Büschen, Waldgebieten und hohem Gras auf. Deshalb raten Gesundheitsbehörden zu langärmeliger Kleidung und geschlossenen Schuhen. Dass Zecken sich auch von Bäumen auf ihre Wirte fallen lassen, hat sich aber als falsch herausgestellt; höher als eineinhalb Meter können die Parasiten nicht klettern.
Nach einem Ausflug ins Grüne sollten Naturliebhaber ihren Körper nach Zecken absuchen. Die winzigen Tiere bevorzugen dünne Hautstellen als Einstichstelle, befinden sich also häufig in Armbeugen, Kniekehlen oder am Hals.