Schulpolitik:Politische Bildung entzweit die Parteien

Fürstenrieder Gymnasiasten nehmen an einem Sozialkunde-Seminar in Mittelfranken teil. Der Elternbeirat will einen Zuschuss, doch manchen Stadtviertelvertretern missfällt, dass Bundeswehr-Offiziere zu den Referenten gehörten

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

Wenn bei einem schulischen Seminar Jugendoffiziere als Referenten auftreten, ist das dann Indoktrinierung durch die Bundeswehr, eine "subtile Rekrutierung"? Sollte die Veranstaltung obendrein fern der Münchner Heimat in Pappenheim stattfinden und mit Unterbringungskosten verbunden sein, warum denke dann niemand an näher liegende Seminarzentren in Oberbayern? An diesen beiden Fragen entzündete sich eine leidenschaftliche Debatte im Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln. Ausgelöst hat sie ein Zuschussantrag des Elternbeirats des Staatlichen Gymnasiums Fürstenried. Diesem Gremium geht es darum, den Sozialkunde-Lehrplan durch externe Angebote wie das politische Planspiel "POL&IS" zu erweitern. Dabei dreht sich alles um Politik und internationale Sicherheit. Knapp 5000 Euro Förderung durch den Bezirksausschuss erhofften sich die Eltern. Nach langer Diskussion erhalten sie nun genau die Hälfte.

Als wollten sie die Sandkastenspiele um weltweite Konflikte vorweg nehmen, bildeten die BA-Mitglieder zwei schwer versöhnliche Fronten: Hier die CSU-Fraktion, die nichts dabei findet, "unsere Bundeswehr" bildungspolitisch ins Spiel zu bringen; dort die SPD und Teile der Grünen, die "Werbung für die Bundeswehr" wittern, wo Offiziere in "komplexen Arbeitsseminaren" als Dozenten auftreten. Bei diesen von manchen Experten wärmstens empfohlenen Lehrgängen sollen Schülerinnen und Schüler von der zehnten Klassenstufe an verstehen lernen, "unter welchen Bedingungen politische Entscheidungen entstehen und wie wichtig es ist, das Weltgeschehen zu verfolgen, um aufkommende Konflikte zu erkennen und sie frühzeitig lösen zu können".

Die Seminarteilnehmer probieren sich nach diesem Konzept in einer simulierten Welt aus und sammeln Erfahrungen beim Argumentieren, im Umgang mit Konflikten und bei der Suche nach Kompromissen. Das geschieht, indem sie fiktiv über Verträge und Bündnisse verhandeln sowie bei Friedens- und Umweltkonferenzen ihre Position vertreten. Am Ende werden Arbeitsergebnisse präsentiert. Verglichen mit dem üblichen Sozialkunde- oder Geschichtsunterricht weiteten solche Seminare enorm den Horizont Jugendlicher, sagen deren Befürworter.

Zu ihnen zählt auf jeden Fall Claudia Küng (CSU). Sie kritisierte ihre Kolleginnen und Kollegen von der SPD scharf, weil diese offenbar nicht zur Bundeswehr stünden. Anke Sponer (CSU) betonte, dass die Schulen mit einer Stunde Sozialkunde pro Woche ein vernünftiges Maß an politischer Bildung einfach nicht erreichen könnten, externe Angebote also unverzichtbar seien. SPD-Fraktionssprecherin Dorle Baumann stellte diese Überlegung nicht in Frage, kritisierte aber die Mitwirkung von Offizieren der Bundeswehr: Von Uniformen gehe ganz klar ein Signal aus, auch wenn deren Auftritt nicht unbedingt mit plumper Werbung für die Armee gleichzusetzen sei. Juri Wostal (Grüne) wurde deutlicher: Womöglich würde bei den Seminaren "Krieg gespielt", und das könne ein BA unmöglich unterstützen. Für die Halbierung der Seminarförderung hatte sich, Reibereien ahnend, Rudolf Zirngibl (CSU) ausgesprochen. Anders als für die Auszahlung der beantragten Gesamtsumme, fand sich für seinen Vorschlag eine Mehrheit im Bezirksausschuss.

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