Süddeutsche Zeitung

Kosten für Schulbau:"Eine Milliarde mehr oder weniger"

Irritiert reagiert der Stadtrat auf die doppelt so hohen Kosten für Schulbauten - doch auch die neue Summe ist nur geschätzt.

Von Melanie Staudinger

Nach der Verdopplung der Kosten für die Schulbauoffensive in München wächst die Kritik an der Stadtverwaltung. Ursprünglich hieß es aus dem Bildungsreferat, die Sanierung maroder Gebäude und der Neubau neuer Schulen solle bis 2030 etwa 4,5 Milliarden kosten. Nun legte die Kämmerei eine neue Schätzung vor, wonach die Stadt mit Beträgen von knapp neun Milliarden Euro rechnen muss.

Stadträte von CSU, SPD und Grünen fordern nun eine Aufklärung, wie diese Differenz zu erklären sei. Auch Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle, der auch Bezirksvorsitzender der CSU in München ist, reagiert empört. Der hohe Investitionsbedarf in Schulgebäude zeige, welch "desaströse Leistung" hinterlassen wurde. So eine Situation habe er noch nicht erlebt. Über Jahrzehnte sei versäumt worden, in Bildungsbauten zu investieren. "Diese Erblast muss nun abgearbeitet werden", sagte Spaenle. Das aber dürfe nicht zu Lasten anderer Projekte, etwa des Ganztagsausbaus gehen.

Warum der Stadtrat irritiert ist

Im Stadtrat sorgen die neuen Zahlen indes für Irritationen. "Wenn die Kosten bei diesen Dimensionen auf das Doppelte ansteigen können, brauchen wir ja gar keine Finanzplanung mehr zu machen", sagte CSU-Fraktionschef Hans Podiuk. Er wolle jetzt endlich wissen, "was Sache sei". Nur dann könne der Stadtrat realistisch für die Zukunft planen. Falls die Schulbauoffensive wirklich derart teuer werde, müsse die Stadt an anderer Stelle sparen. Dies könne der Stadtrat aber nur auf Grundlage von echten Zahlen entscheiden.

"Ich erwarte, dass man uns erklärt, wie genau sich diese unvorstellbare Summe zusammensetzt", erklärte auch Birgit Volk, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Bisher seien nur Mutmaßungen bekannt. Das müsse sich ändern. Die Grünen haben sich für kommende Woche im Bildungsreferat zu einem Termin angemeldet. "Es stellt sich schon die Frage, ob die Verwaltung nicht erst einmal tiefere Zahlen verbreitet hat, damit es nicht so klingt, als hätte man in der Vergangenheit viel versäumt", sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sabine Krieger.

Belastbare Zahlen sind derzeit nicht möglich

Wirklich belastbare Zahlen aber werden die Stadträte zum jetzigen Zeitpunkt allerdings kaum erfahren. Denn auch Stadtkämmerer Ernst Wolowicz betont, dass sein Betrag eine "grobe Schätzung" sei. Mehr sei momentan nicht möglich, weil zu vielen Projekten noch keine konkreten Planungen vorlägen. Die Summe setze sich zusammen aus den Kosten für Sanierungen, größere Baumaßnahmen, Neubauten und Erweiterungen, die der Stadtrat im Mehrjahresinvestitionsplan für 2015 bis 2019 beschließen soll. Dazu komme das Aktionsprogramm Schulbau, das der Stadtrat im Juli abgesegnet hatte. "Ob die Ausgaben in 15 Jahren dann neun Milliarden oder eine Milliarde mehr oder weniger betragen, wird man sehen müssen", sagte der Kämmerer.

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SZ vom 21.10.2015/bica
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