Süddeutsche Zeitung

Schuhbecks Fine Dining:Alfons Schuhbeck greift nach den Sternen

Die asiatisch inspirierte Küche von Schuhbecks Fine Dining am Platzl in München bietet essbare Kunstwerke außerordentlicher Qualität.

Von Felix Mostrich

Bei seinem Großprojekt "Allmähliche Eroberung der Münchner Innenstadt" hat Fernsehkoch Alfons Schuhbeck in diesem Jahr ein paar schöne Siege feiern können. Nach Schuhbecks Gewürzladen, Schuhbecks Tee- und Kaffeegeschäft, Schuhbecks Eissalon und Schuhbecks Kochschule konnte er heuer am Platzl, das bald Schuhbecks Platzl heißen wird, an einer bislang noch nicht eroberten Ecke Schuhbecks Müsliladen eröffnen, eine Art Frühstücksapotheke, die neue Dimensionen des morgendlichen Genießens erschließen und mit ihrer erlesenen Beutelkost in bislang ungeahnte Geschmacksregionen vorstoßen soll.

Doch damit nicht genug: Am Anfang dieses Jahres hat der Platzl-Eroberer seinem aus drei Restaurants und einer Bar bestehenden gastronomischen Großunternehmen ein weiteres Restaurant hinzugefügt, eines das so nah bei seinen anderen Lokalen liegt, dass er sein abendliches Ritual des Sich-den-Gästen-in-Küchenkleidung-Präsentierens auch dort ohne Zeitverlust zelebrieren kann. Das neue Lokal heißt Schuhbecks Fine Dining und ist mit viel historistischem Pomp in die vormals so feinen Räume des Traditionslokals Boettner's hineinmodelliert worden ist. Boettner's war bei Krustentier-Liebhabern, die nicht auf die Preise schauen mussten, Kult - eine kulinarische Instanz seit Menschengedenken, obwohl dort immer nur die gleichen fünf Gerichte zu recht stattlichen Preisen angeboten wurden.

Schuhbeck holte seinen Meisterschüler Maurice Kriegs

Schuhbeck erkannte die Chance, die ihm der von so vielen prominenten Gästen geweihte Ort bot. Hier konnte er seinem Imperium einen Tempel hinzufügen, der ihn in höhere Sterne-Kategorien hinauftragen würde. Also holte er seinen Meisterschüler Maurice Kriegs, der im Drei-Sterne-Restaurant von Christian Bau die Finessen der asiatisch inspirierten französischen Küche erlernt hat, als Küchenchef seines neuen Lokals nach München zurück.

Nun stehen also, quasi als Gruß aus Schuhbecks Gewürzladen, auf den Tischen vier verschieden gewürzte Salze neben den obligaten Pfeffer- und Salzmühlen und neben der exquisiten gläsernen Chilimühle, die sich wie eine Chilischote krümmt. Die ersten Grüße aus der Küche werden materialgerecht in echten Avocadoschalen serviert, die Dessertpralinen standesgemäß auf einem Beet gehackter Kaffeebohnen und die Früchtekringel des Prédesserts auf einer transparenten Schachtel, die voll ist von essbaren Kunstwerken, die aussehen, als würden sie einer Goldschmiedewerkstatt entstammen. Beim ästhetischen Dekor ist Schuhbeck also schon ganz oben angekommen. Und aus der Küche kommen vielversprechende Signale.

Maurice Kriegs stellt jede Woche ein Vier- und ein Fünfgang-Menü zu je 113 Euro (mit Weinbegleitung 168 Euro) zusammen, dessen Bestandteile so aufeinander abgestimmt sind, dass der Spannungsbogen nicht reißt. Der Aufwand, der in der Küche betrieben wird, um den teuren Materialien alle Geschmacksnuancen zu entlocken, ist teilweise enorm. Bei Bavette und Backerl vom Wagyu-Rind etwa gesellt sich zu dem Teller, auf dem das fabelhaft mürbe Flanksteak liegt, ein Töpfchen, in dem die Zubereitung des Backerls auf den Gaumen wartet. Die dazukomponierten grünen, weißen und schwarzen Bohnen treten in vier verschiedenen Aggregatzuständen auf, die sich quasi symphonisch ergänzen.

Blauer Hummer aus der Bretagne

Bei der Bernsteinmakrele, die in asiatischer Manier quasi roh, aber lauwarm serviert wird, kann man auf der Zunge die außerordentliche Qualität erspüren, eine Zartheit, die mit dem, was in Deutschland sonst an Makrelen verkauft wird, nicht zu vergleichen ist. Kopfsalat und Schnittlauch, die mitangekündigt sind, dürften, von einigen Zierkrümeln abgesehen, in der fast surreal grünen aromatischen Sauce aufgegangen sein. Auch beim Blauen Hummer aus der Bretagne wird asiatisches Genuss-Wissen bemüht. Zu den ausgelösten Stücken vom Hummer, die sich beim Kochen nicht amerikanisch rot verfärbten, und zu den Spielarten des Gemüses werden japanische Buchweizennudeln gelegt, auf die dann am Tisch die abrundende Misosauce gegossen wird.

Wie sich amerikanische und japanische Traditionen sinnvoll verbünden können, läßt sich an zwei Fleischspeisen vorführen, die jeweils mit gekochtem und gegrilltem Mais und Popcorn kombiniert waren. Das eine waren schmale Scheiben von einem Schweinebauch, der millimeterdünn gestreift, also fast ohne Fett war. Das andere war ein Stück Short Rib, also Zwerchrippe vom Rind, das die Japaner, weil es durchwachsen ist, besonders schätzen und besonders saftig zuzubereiten verstehen.

Ganz der französischen Küchentradition sind zwei andere Vorspeisen zuzuordnen: Die gebratene Gänseleber mit sautierten Langostinos bekommt durch die nur etwa fünf Millimeter dicken jungen Wurzelknöllchen des Topinambur und durch Grapefruitfilets ihre Besonderheit. Und beim Kaffeegebeizten Kalbsfilet staunt man, welchen Eigengeschmack die Essenzen gerösteter Kaffeebohnen an einem hellen Stück Fleisch auszulösen vermögen.

Natürlich führt die Küche auch bei den Desserts all ihre Fertigkeiten vor. Unter dem Namen "Fürst Pückler 2017" wurden die Grundmaterialien Erdbeere, Schokolade und Vanille allen nur denkbaren Verzauberungsprozessen unterzogen.

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Quelle:
SZ vom 27.07.2017/jana
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