Er schließt die Augen, als er Elvis Presleys "I can't help falling in love" anstimmt. Alfons Schuhbeck singt ruhig, er ist ganz bei sich und trifft den Ton ziemlich gut. Mal kurz komplett ausblenden, was da draußen los ist. Die Menge an Blitzlichtern um ihn herum, das Getuschel an den Tischen, wann's wohl ins Gefängnis geht, die Welt im Spiegelzelt mit Prominenz, die aus dem Dschungelcamp, Bachelor-TV und Musikantenstadel den Weg hierher in Schuhbecks Teatro nach Riem gefunden hat.

I can't help falling in love. Das ist seine Welt hier, er liebt sie doch alle und sie ihn auch, irgendwie, und das Steinpilzconsommé mit Ravioli, Ricotta und diesem typisch Schuhbeck'schen Limonenhauch schmeckt heute auch wieder so fantastisch.

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Er singt also wieder am Donnerstagabend. Vor einer Woche, da war er gerade ein paar Stunden zuvor vom Landgericht München I wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt worden, hatte er das auch getan, stand plötzlich auf der Bühne im schön dekorierten Zelt.
Jetzt also, bei der "VIP-Premierengala", deren Einladung auf samtigen Karton mit Goldlettern kam, ist die Meldung auch nur ein paar Stunden alt, dass der einstige Starkoch und seine Anwälte Revision eingelegt haben gegen das Urteil. Er wolle Zeit gewinnen, um seine Schuld, seine Schulden zu begleichen, mithilfe eines Investors, der noch gewonnen werden müsse, heißt es. Hilft ja alles nichts, the show must go on. Das steht auch draußen auf den großen Leinwänden, von denen Schuhbeck eine Nummer fülliger und fröhlicher aus seiner weißen Kochjacke herunterlächelt.
Es gibt ja die Metapher, dass ein Elefant im Raum steht, wenn es irgendwo ein Problem gibt, von dem alle wissen, das aber dennoch nicht von den Anwesenden angesprochen wird. Schuhbeck, einst personifizierter Gaudibursch der Münchner Gesellschaft, hat wahrlich nichts Elefantiges mehr an sich. Er sieht mitgenommen aus. Und als er die Augen öffnet nach seinen zwei Gesangsnummern, sieht er Tränen der Rührung beim Schlagerduo Marianne und Michael, die an diesem Abend oft sagen werden, dass sie zu ihrem "Fonse" halten werden. Oder bei Sangeskünstler Marc Terenzi, der die Höhen und Tiefen seines Leben auch öffentlich zur Schau stellt, allerdings in diversen Reality-Shows.
Wie packt der das? Das denken sich die Gäste, das raunen sie sich über die fein eingedeckten Tische und Kerzenleuchter hinweg zu. Schuhbeck gibt selbst die Antwort drauf. "Ich trinke zwei Schnapserl", sagt er nach seinem Auftritt. "Die letzten beiden Wochen waren nicht so der Hit bei mir." Es gibt anhaltenden Applaus, die Leute stehen auf. Das "Teatro" ist längst als Unternehmen unabhängig vom insolventen Schuhbeck. Es muss jetzt schauen, wie es die kommenden Monate mit Akrobatik , Vier-Gänge-Menü und Firmenfeiern über die Runden kommt. Es werden aber wohl sicher viele kommen und schauen, ob und wer da am Ende des Abends singt.