Süddeutsche Zeitung

Premiere:Mit dem Radl durch die Pferdeoper

Das Deutsche Theater macht einen Erfolgsfilm zum Musical und startet mit "Der Schuh des Manitu" in die neue Spielzeit.

Von Veronika Kügle, München

Vor dem Deutschen Theater hat sich eine Menschentraube gebildet, bis zum Straßenrand stehen die Besucher an diesem Donnerstagabend und drängen Richtung Eingang. Die Fassade im Innenhof leuchtet in blauem und violettem Licht. Auf dem roten Teppich werden die ersten Fotos geschossen, innen lässt sich eine Frau im rosa Hasenkostüm ablichten.

Nach langer Pause kann das Deutsche Theater endlich wieder in eine neue Spielzeit starten - und das mit einer ganz besonderen Premiere. Das Musical "Der Schuh des Manitu" wird erstmals in München gezeigt und kehrt damit in die Heimatstadt eben jenes Mannes zurück, der bei der Filmvorlage aus dem Jahr 2001 nicht nur Regie und Produktion, sondern auch zwei Hauptrollen übernommen hat. Michael "Bully" Herbigs Gesicht darf also an dem Abend nicht fehlen, wenn auch nur auf der großen Leinwand. Er sei sehr traurig, an diesem Abend nicht dabei sein zu können. Während das Deutsche Theater in diesem Jahr bereits 125-jährigen Geburtstag feiert, wird sein Film heuer 20 Jahre alt. "In dem Rhythmus können wir gerne weitermachen", witzelt Herbig bevor er dann die Bühne freigibt für das Musical von Regisseur Andreas Gergen.

Weißer Rauch auf der Bühne, Parfümwolken im Publikum

Schon vor Beginn ist Gelächter zu hören, es wird sich umarmt, das Publikum ist gut gelaunt. Auf der Bühne sind Holzbalken zu einem Gerüst zusammengezimmert, im Hintergrund lassen sich Tipis erkennen. Während auf der Bühne weißer Rauch aufsteigt, mischen sich in den Zuschauerreihen die Parfümwolken.

Dass diese Musicalproduktion sich selbst nicht so ernst nimmt, offenbart sich relativ schnell. Im Lied der Schoschonen reimt sich "Mikrowelle" auf "Feuerstelle", die Blutsbrüder Ranger und Abahachi, Daron Yates und Mathias Schlung, kommen auf Fahrrädern mit Pferdeköpfen angeritten. Hans Neblung gibt einen ziemlich lässigen Santa Maria ab, auch seine wüste und schmierige Cowboybande wirkt überzeugend. Fabio Diso als Grieche Dimitri Stroupakis macht mit breitem Lächeln und einer engelsgleichen Stimme seinem Vorbild Rick Kavanian Konkurrenz.

Unangefochten bleibt jedoch Marc Seitz als Winnetouch, schon beim ersten Auftritt wird er mit tosendem Applaus empfangen. In rosa Kostüm tänzelt er über die Bühne, während sich neben ihm die regenbogenfarbenen Sonnenschirme drehen. Ob er zur Cocktailbar schreitet oder die Nägel feilt - Winnetouch bewegt sich als hätte er das Wort "Prosecco" höchstpersönlich erfunden. Eine charmante Figur in Herbigs Geschichte, weil er sich Krieg und Gewalt verweigert und bis zum Ende dem treu bleibt, was er am besten kann: das Leben auf seiner Puder Rosa Ranch genießen. So etwa singend in einer fliegenden Badewanne während neben ihm Seifenblasen herab schweben.

Die allermeisten Dialoge kennen Fans aus dem Film

Ein Highlight ist auch die Voice-of-Germany-Imitation. Miriam Neumaier soll da als Uschi unter mehreren Kandidaten den am schönsten jodelnden auswählen. Da drückt sie auf einer Drehscheibe den Buzzer und fällt nach dem Umdrehen ihrem Auserkorenen in die Arme. Die meisten Dialoge erkennen Fans aber aus dem Film wieder, insbesondere die zwischen Ranger und Abahachi im schönen Bairisch. Die Komik des Stücks lebt unterdessen vor allem von den Geräuschen: Die Zuschauer dürfen dabei zusehen, wie Philipp Dietrich am Mikrofon nebenan live für die passende akustische Untermalung sorgt. Als Abahachi den schlafend geglaubten "Falschen Hasen" mehrfach rechts und links ohrfeigt, um ihn aufzuwecken, schlägt sich Dietrich mit beiden Händen auf den Oberschenkel. Mit Holzschalen sorgt er für Hufgeklapper, bei der Badewannen-Szene taucht er seine Hände in einen mit Wasser gefüllten Bottich.

Beim "Superperforator"-Song kommt er dann mit einem mal auf die Bühne, um stellvertretend für Santa Maria eine Steppeinlage hinzulegen, die sich sehen lassen kann. Neben der "Superperforator"-Tanzeinlage in glitzernden Kuhflecken-Schlaghosen dürfen sich Besucher auch auf die Star-Trek-Parodie mitsamt "Space Taxi"- Song freuen. Aber auch die Musik von Martin Lingau und Heiko Wohlgemuth sorgt für Stimmung. Bei Dimitris "Ich trinke Ouzo, und was machst du so" klatschte das Publikum begeistert im Takt mit, auch noch beim dritten, ja sogar vierten Mal.

Insgesamt kann das Musical seinem filmischen Vorbild nicht ganz das Wasser reichen. Mit dem Original, dem bisher erfolgreichsten deutschen Film mit insgesamt zwölf Millionen Kinobesuchern, hat Herbig die Humor-Messlatte aber auch recht hoch gelegt.

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