Schrannenhalle:Gemüse statt Prosecco

Schrannenhalle: Gemüse einkaufen, wenn es draußen regnet: Das könnte ein Zukunftsmodell für die Schrannenhalle sein.

Gemüse einkaufen, wenn es draußen regnet: Das könnte ein Zukunftsmodell für die Schrannenhalle sein.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Jahrelang undenkbar, jetzt auf einmal ein Zukunftsmodell: die Einbeziehung der Schranne in den Viktualienmarkt. Weder Investor Hans Hammer noch die Händler schließen eine Zusammenarbeit aus. Doch bevor es dazu kommt, müssen noch ein paar Dinge geregelt werden.

Von Peter Fahrenholz

Die seit Jahren immer wieder aufflackernde Diskussion über eine sinnvolle Nutzung der Schrannenhalle könnte überraschend in eine völlig neue Bahn gelenkt werden. Denn auf einmal erscheint denkbar, was jahrelang sowohl politisch tabu war, als auch von den Marktkaufleuten heftig bekämpft worden war: eine Integration der Schrannenhalle in den benachbarten Viktualienmarkt.

Für diese Idee, mit der ein Geburtsfehler der Schranne geheilt werden könnte, gibt es nun aber sowohl politischen Rückenwind als auch Gesprächsbereitschaft auf allen Seiten. Eine echte Erweiterung des Viktualienmarktes mit einer auf die Bedürfnisse des Marktes zugeschnittenen Halle "wäre doch das Größte", sagt Elke Fett, die Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Viktualienmarkthändler (IGV). Und auch Hallenbetreiber Hans Hammer, der sich seit zwei Jahren bemüht, die kriselnde Halle mit neuem Leben zu füllen, ist bereit für neue Gespräche mit den Marktkaufleuten und schließt dabei auch bauliche Veränderungen an der Halle nicht aus. "Ich bin da wirklich offen", sagt Hammer.

Die Idee, die Schranne zu einer echten Markthalle zu machen, stößt auch in der Politik auf Sympathie. Denn die bisherigen Konzepte für die riesige Halle haben alle nicht funktioniert. Am klarsten plädiert SPD-OB-Kandidat Dieter Reiter für eine "Expansion des Viktualienmarktes". "Das wäre zukunftsfähig", glaubt Reiter. "Die Münchner würden auch gerne mal einen Gemüsemarkt besuchen, wenn es regnet." Ins gleiche Horn stößt Sabine Nallinger, die OB-Kandidatin der Grünen. Den Viktualienmarkt auszuweiten, sei "naheliegend", sagt Nallinger und plädiert dafür, die Markthändler von Anfang an in eine solche Diskussion mit einzubinden.

"Man sollte ihnen die Möglichkeit geben, da mit reinzugehen." Auch die FDP könnte sich eine Kombination aus Freiluftmarkt und Halle vorstellen. "Ich bin da völlig offen", sagt FDP-Fraktionschef und OB-Kandidat Michael Mattar, "wichtig ist mir, dass die Halle funktioniert." Die CSU hält sich in dieser Frage bisher bedeckt. "Wir warten erst einmal ab", sagt ihr OB-Kandidat Josef Schmid.

Initialzündung für die neue Debatte um die Schranne war ein völlig anderer Plan von Hallenbetreiber Hammer: in der Schranne einen großen Edel-Supermarkt zu etablieren. Hammer dementierte zwar inzwischen solche Absichten, doch entsprechende Vorgespräche hat es bereits gegeben. Im Sommer bat Hammer nach SZ-Informationen nämlich die Fraktionschefs von SPD, CSU, Grünen und FDP zu einem vertraulichen Gespräch, um ihnen diese Idee zu präsentieren. Sie wurde dann aber nicht weiter verfolgt, offenbar auch, weil sich da bereits Widerstand abzeichnete. Während die OB-Kandidaten von CSU und FDP der Supermarkt-Idee zumindest neutral gegenüberstehen, wird sie von SPD und Grünen abgelehnt.

Weder Reiter noch Nallinger können sich einen großen Supermarkt in der Schranne vorstellen. Und die Marktkaufleute würden sich "vehement dagegen wehren", sagt Fett. Kein Wunder, denn ein Edel-Supermarkt könnte das gleiche Sortiment an frischen Waren anbieten, vermutlich aber zu günstigeren Preisen.

Ruf als überteuerter Schickimicki-Tempel

Von sich aus könnte Hammer nicht einfach einen Großmarkt in die Schranne nehmen. Denn das wäre eine Änderung des Nutzungskonzepts, das im Erbbaurechtsvertrag geregelt ist, den Hammer mit der Stadt abgeschlossen hat und der noch bis 2098 läuft. "Er kann natürlich nicht machen, was er will", sagt Kommunalreferent Axel Markwardt. Eine Änderung des Konzepts, das eine kleinteilige Mischnutzung vorsieht, würde in eine Novelle des Vertrags münden, die vom Stadtrat abgesegnet werden müsste. "Wir würden da nicht ohne Schwert dastehen", sagt Dieter Reiter.

Dass Hammer überhaupt über einen, wie er selber sagt, "Plan B" nachgedacht hat, hat auch damit zu tun, dass es sich als steiniger Weg herausgestellt hat, die Halle erfolgreich zu bespielen. Die Schranne ist von den Münchnern nie wirklich angenommen worden, sie kämpft mit ihrem schlechten Ruf, ein überteuerter Schickimicki-Tempel für die Prosecco-Gemeinde und neugierige Touristen zu sein. "Wir verlieren kein Geld", sagt Hammer zwar über seine bisherigen Anstrengungen, aber er gibt auch zu: "Natürlich gibt es Dinge, die besser laufen könnten."

Hammer beteuert, er würde liebend gerne Händler vom benachbarten Viktualienmarkt als Mieter aufnehmen, man habe das auch versucht, aber "die trauen sich alle nicht". Folgt man Elke Fett, könnte sich das aber ändern, falls sich an der Schranne einiges ändern würde. Wenn daraus eine wirklich offene Halle würde, es also eine echte Erweiterung des Marktes sei, "da würden einige Händler gerne reingehen", sagt Fett. Im derzeitigen Zustand "geht von uns keiner rein". Auch Reiter und Nallinger wünschen sich eine transparentere Halle, gerade im Sommer. Fett hält außerdem günstigere Mieten für unabdingbar, damit die Halle auch für Markthändler eine Option sei. "Es muss eine Umsatzmiete sein", sagt Fett. Hammer will sich über seine genauen Mietkonditionen nicht näher äußern, beteuert aber, bei ihm zahlten kleine Händler nicht mehr als für einen Marktstand. Der Unternehmer, der viel Geld in die Halle gesteckt hat, kann sich auch bauliche Veränderungen vorstellen, um die Halle für die Marktkaufleute attraktiver zu machen. "Auch da bin ich für alles offen."

Auch wenn ein gemeinsames Konzept für Markt und Schranne noch in weiter Ferne liegt, sind zumindest die Voraussetzungen dafür offenbar deutlich günstiger geworden. Jahrelang hätten sich die Marktkaufleute gegen eine unerwünschte Konkurrenz der Schrannenhalle "mit Händen und Füßen gewehrt", erinnert sich Mattar. Heute sagt Elke Fett lapidar: "Konkurrenz belebt das Geschäft."

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