Schmerzende Erinerungen:Am Montag jährt sich das Oktoberfest-Attentat

Ignaz Platzer war sechs Jahre alt, seine Schwester Ilona acht. Vor 25 Jahren starben die beiden am Haupteingang des Oktoberfests. Er könne heute noch nicht allein auf den Friedhof gehen, sagt ihr Vater Ignaz Platzer.

Birgit Lutz-Temsch

Für manche ist klar, was an diesem Tag geschah, an dem die Bombe 13 Menschen tötete und mehr als 200 verletzte: dass der 21 Jahre alte Gundolf Köhler, Einzelgänger und Waffennarr, seinen einsamen Entschluss, eine Bombe auf dem Oktoberfest zu zünden, in die Tat umsetzte. Und niemand sonst damit zu tun hatte. So lautet das Ermittlungsergebnis.

Für andere ist das nicht so klar. Deshalb geht es bei der diesjährigen Gedenkfeier am Montag neben dem Erinnern an die Toten und Verletzten wieder um die Frage, was wirklich geschah. Der Journalist Ulrich Chaussy, Autor des Buchs "Oktoberfest. Ein Attentat", wird um 20 Uhr auf dem Marienplatz die Geschehnisse nach dem 26. September rekonstruieren, mit Original-Zeugenaussagen und Tagesschau-Ausschnitten. "Ich nehme nicht in Anspruch, sagen zu können, wer hinter dem Anschlag wirklich steckt", sagt Chaussy, "aber ich kann sagen: So, wie es offiziell gewesen sein soll, war es nicht."

Er zeigt Widersprüche in den Zeugenaussagen, er wird belegen, dass Spuren nicht weiter verfolgt wurden und kann Verbindungen zur rechtsextremistischen Wehrsportgruppe Hoffmann nachweisen.

Es sollte ein Täter sein

"Die Ermittlungen sollten nur ein Ergebnis haben: die Einzeltäterversion", sagt Chaussy. Denn im Herbst 1980 war Wahlkampf, Franz-Josef Strauß wollte Bundeskanzler werden. Er schrieb den Anschlag anfangs Linksterroristen zu. Die Wehrsportgruppe Hoffmann hatte er zuvor als "halbverrückte Spinner" abgetan.

Chaussy, viele Überlebende und Hinterbliebene wollen seit Jahren, dass die Ermittlungen wieder aufgenommen werden. Seine Kinder würde es nicht mehr lebendig machen, sagt Platzer. Aber er möchte wissen, warum sie tot sind.

Und so steht er auch am Montag wieder an dem Denkmal am Haupteingang, auf dessen Podest zurzeit wieder Menschen durch die Blumen trampeln, Leberkässemmeln essen oder ihren Rausch ausschlafen. Neben allem anderem Schlimmen sei auch das schwer zu ertragen, sagt Platzer. Bei anderen Denkmälern würde geschaut, dass immer alles in Ordnung sei, sagt er. Hier nicht. Und er fragt: "Sind die denn nichts wert, sind das denn die letzten der letzten, die da sterben mussten?"

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