Schlecker-Insolvenz:"Es geht uns allen richtig mies"

Hoffnungslosigkeit macht sich breit. Etwa 300 Schlecker-Mitarbeiterinnen sind in München von der Insolvenz der Drogeriemarktkette betroffen. In 100 Filialen bereiten sie sich auf Ausverkauf und Arbeitslosigkeit vor.

Florian Fuchs

Nach der angekündigten Zerschlagung der Drogeriekette Schlecker stehen in München und der Region etwa 100 Filialen vor dem Aus. Rund 300 Mitarbeiter in Stadt und Umland, die meisten von ihnen Frauen, werden wohl ihren Job verlieren. "Wir haben wegen der Wirren der vergangenen Monate keine genauen Zahlen, aber im Schnitt dürften es drei Mitarbeiter pro Laden sein", sagt Viktoria Sklomeit, die sich bei der Gewerkschaft Verdi um Schlecker in München kümmert. Bei den Angestellten, die am Samstag in den Filialen normal arbeiteten, herrscht tiefe Betroffenheit.

Schlecker-Insolvenz: In München und Umland sind 100 Schlecker-Filialen von der Insolvenz der Drogeriemarktkette betroffen.

In München und Umland sind 100 Schlecker-Filialen von der Insolvenz der Drogeriemarktkette betroffen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Bei mir steht das Telefon nicht mehr still", sagt Sklomeit, "die Mitarbeiterinnen wollen wissen, wie sie sich jetzt verhalten sollen." Die Gewerkschafterin rät den Anrufern zunächst einmal, nichts Unüberlegtes zu tun: "Alle müssen weiter ihren Schichtplan einhalten, niemand darf einfach zu Hause bleiben." Ansonsten bleibt Sklomeit nicht viel mehr, als zu beruhigen und die Rahmenbedingungen der Zerschlagung zu erläutern: Die Arbeitsverträge können mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden, vielleicht sogar noch schneller. "Alle sollten sofort ihr Arbeitslosengeld beantragen", rät deshalb Sklomeit.

Es ist dieser Gang zur Agentur für Arbeit, vor dem sich eine der Mitarbeiterinnen in der Filiale in der Türkenstraße fürchtet. "Ich war noch nie beim Arbeitsamt", sagt die Frau mit den rötlichen Haaren. 22 Jahre arbeitet sie inzwischen für Schlecker. "Es ist unglaublich, das alles einfach wegbrechen zu sehen."

Sie hat schon einiges mitgemacht seit der Insolvenz am 23. Januar, sie hat die erste Entlassungswelle im März überstanden, als deutschlandweit mehr als 10.000 Angestellte gehen mussten. Vor sieben Wochen hat sie eine Bewerbung an den Drogeriemarkt Rossmann geschickt. "Ich habe bis heute keine Antwort erhalten." Über Aussagen aus der Politik, dass im Einzelhandel derzeit viele Stellen zu besetzen seien, schüttelt sie deshalb nur den Kopf. "Das ist so ein Quatsch. Ich bin schon lange dabei, ich verdiene ein vergleichsweise hohes Tarifgehalt. Die anderen Ketten stellen doch lieber Leute ein, die billiger sind."

Hoffnungen, dass die Rettung doch noch gelingt, etwa durch Sonderfonds oder staatliche Hilfen, wollen sich nur wenige Mitarbeiter machen. "Warten wir Montag ab, vielleicht tut sich ja noch etwas", sagt eine der Angestellten der Filiale in der Sendlinger Straße. "Die meisten sind total niedergeschlagen", berichtet Gewerkschafterin Sklomeit, "und einige sind wenigstens froh, dass nun eine Entscheidung bekannt gegeben wurde nach den Monaten der Ungewissheit."

In einigen Filialen in München sind am Wochenende offenbar schon Werbedrucke für den Ausverkauf der nächsten Wochen angeliefert worden. In dem Laden an der Lindwurmstraße nahe dem Sendlinger Tor steht eine Mitarbeiterin zwischen den Regalen, sie will nicht reden vom Ende ihres Arbeitgebers und ihrer bevorstehenden Entlassung, wie es jetzt weiter gehen und was aus ihr werden soll. "Ich kann wirklich nur eines sagen: Es geht uns allen richtig mies."

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