Schlafmöglichkeit für das Oktoberfest:169 Euro für eine Nacht im Container

Sie sehen aus wie eine Mischung aus Gefängniszelle und Bürocontainer, nennen sich aber vornehm Wiesn-Loft und eine Übernachtung kostet viel Geld: Während des Oktoberfestes können Touristen nun auch in Schlafcontainern übernachten. Unumstritten ist dies nicht.

Jan Knobloch

Übermäßig wohnlich sehen sie nicht gerade aus, eher wie eine Mischung aus Gefängniszelle und Bürocontainer. Wiesn-Lofts heißen die sieben Quadratmeter großen, innen in schlichtem Edelmetall gehaltenen Container offiziell. Außer einem Doppelbett findet kaum etwas Platz darin, dafür gibt es Heizung, Klimaanlage und eine angeschlossene Wellness-Lounge.

Wohncontainer fuer Wiesn-Besucher

Sieben Quadratmeter für bis zu 169 Euro die Nacht: Billig sind die Schlafcontainer während der Wiesn natürlich nicht.

(Foto: dapd)

Während des Oktoberfests sollen die braunen Kästen im Riemer Reitstadion stehen, für 129 bis 169 Euro pro Nacht kann man sie mieten. Sie sind Teil des Wiesn-Camps, das schon seit zwölf Jahren vergleichsweise günstige Übernachtungsangebote während der teuersten Münchner Zeit anbietet.

Das interessiert auch Global Player wie Wimdu und Airbnb - beide wollten das Wiesn-Camp online vermitteln. Die Unternehmen bieten einen nahezu identischen Service an. Auf ihren Seiten können Privatpersonen Teile ihrer Wohnung zur Miete freigeben, Reisende können so auf der ganzen Welt günstig Unterkunft finden. Zwar sieht sich der Internetauftritt der beiden Konkurrenten täuschend ähnlich, streng gesehen ist aber Airbnb das Original, Wimdu nur die Kopie.

Hinter Wimdu stehen die Berliner Samwer-Brüder, drei Unternehmer, die in der Branche zu den umstrittensten ihrer Zunft gehören. Sie sind dafür bekannt, Online-Trends aus den USA aufzuspüren, deren Geschäftsmodell unter eigenem Namen zu kopieren und die so erarbeiteten Marktanteile dann an das Original zurück zu verkaufen.

Das Internet-Auktionshaus Alando beispielsweise traten sie 1999 noch für 50 Millionen Mark an Ebay ab. Es folgten größere Coups, wie der Verkauf von Citydeal an Marktführer Croupon (mehr als 126 Millionen Dollar) oder ihr Ausstieg aus dem sozialen Netzwerk StudiVZ (85 Millionen Euro). Mittlerweile sind die Brüder Schwergewichte in der Gründerszene.

Erst im Juni hatte sich Wimdu eine Kapitalspritze von 90 Millionen Dollar genehmigt, Airbnb folgte im Juli mit 112 Millionen. Doch was hat das alles mit dem Wiesn-Camp zu tun? Die Kapitalzuschüsse der beiden Unternehmen sind unter anderem für die Expansion auf europäische Märkte gedacht, in Deutschland ist das Oktoberfest ein absolutes Prestigeobjekt.

Arena für zwei Start-ups

Wimdu schaltete schneller, sie vermittelte das Camp als billige Schlafgelegenheit für Festzeltbesucher. Gefragt hatte die Firma Betreiber Bernhard Obst zwar nicht, dem war das aber nicht unrecht, schließlich war es Werbung für sein Projekt. Wer also bei Wimdu buchte, zahlte der Firma drei Prozent Vermittlungsgebühr, die Buchung ging dann bei Obst ein wie jede andere Buchung auch.

Wohncontainer fuer Wiesn-Besucher

Innen hat nicht viel mehr als ein Doppelbett Platz - und eine Heizung.

(Foto: dapd)

Mittlerweile ist das Ganze von der Wimdu-Homepage aber wieder verschwunden, stattdessen hat es jetzt Konkurrent Airbnb im Angebot, inklusive der neuen Loft-Container. Die Plattform hat einen Vertrag mit dem Campbetreiber abgeschlossen, in dem sie als Vermittler festgelegt wird und gleichzeitig einen Teil der Kosten übernimmt. "Wir wollen ja auf dem deutschen Markt größter Anbieter in diesem Bereich werden. Das Oktoberfest hat einen Ruf über die Grenze hinaus", sagt Gunnar Froh von Airbnb Deutschland. Er verzeichne im Moment ein wöchentliches Wachstum von 20 Prozent, sowohl beim Wohnungsangebot als auch beim Buchungsvolumen, sagt er, da sei so ein Event schon wichtig.

Wie prestigeträchtig das Camp für die beiden Konkurrenten ist, zeigt auch, dass Airbnb von seinem üblichen Geschäftsmodell abweicht und die Container selbst anmietet. Normalerweise vermittelt die Seite nur private Angebote und unterhält selbst keine Lokalitäten. Ob das den Ausschlag für seine Firma gegeben hat oder, wie Froh sagt, die "authentischere Unternehmenskultur", ist nicht klar. Obst selbst will sich dazu nicht äußern, auch bei Wimdu erhält man keine Antwort.

Klar ist indes, dass das Reitstadion mit seinen Zelten und den graubraunen Containerboxen kurzzeitig zur Arena für die Standortbestimmung zweier Start-ups mit internationalen Ambitionen geworden ist.

Froh und seine Mitarbeiter hatten selbst einmal eine zum Verwechseln ähnliche Seite im Netz stehen, mit wesentlich kleinerem Umfang aber - Accoleo hießen sie damals noch. Jetzt arbeiten sie im ersten Airbnb-Büro außerhalb von San Francisco, es liegt in Hamburg. Der Riese aus den USA hatte das aus sechs Studenten bestehende Team übernommen, um auch in Europa physisch präsent zu sein. Das laufe aber alles "ganz organisch" ab, versichert Froh, "wir arbeiten ziemlich autark." Ganz autark haben sie auch die Preise für die Lofts entworfen - eingepasst auf dem Wiesn-Preisniveau.

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