Schießerei in Geltendorf:"Wir haben es mit einem absolut durchgeknallten Typen zu tun gehabt"

Serientäter

Tatort Wald: Die Spurensicherung hinterließ an diesen Buchen unübersehbare Spuren. Um Projektile zu bergen, schnitten sie Holzsegmente heraus.

(Foto: Günther Reger)

Mit Hilfe eines Fingerabdrucks klären die Ermittler die Identität des Mannes, der bei einem Schusswechsel mit zwei Polizisten in Geltendorf gestorben ist. Es soll sich um den so genannten Waldläufer handeln. Der Serientäter hatte bei seinen Raubüberfällen innerhalb von drei Jahren insgesamt nur rund 5000 Euro Bargeld erbeutet.

Von Gerhard Eisenkolb

Mit Hilfe eines Fingerabdruckes ist es den Ermittlern am Montag gelungen, die Identität des bei einem Schusswechsel mit zwei Polizisten am Samstag in einem Wald bei Geltendorf getöteten Mannes zweifelsfrei zu klären. Bei dem Toten handelt es sich laut einem Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt um einen 49 Jahre alten selbstständigen Finanzbuchhalter, der im Haus seiner Eltern in Türkenfeld lebte. Das verdächtige Fahrzeug mit Bundeswehraufklebern und Blaulicht, neben dem der mit einem Tarnanzug und Bundeswehrparka bekleidete Mann ums Leben kam, war auf seinen Namen zugelassen.

Aufgrund von Indizien, auf die Mitarbeiter der Kripo Fürstenfeldbruck am Wochenende bei Durchsuchungen der Wohnung des Türkenfelders stießen, geht die Polizei inzwischen auch davon aus, dass es sich bei dem Getöteten um den so genannten Waldläufer handelt. Dieser hatte in den vergangenen Jahren zwischen Inning und Geltendorf insgesamt acht Raubüberfälle verübt und dabei zweimal kaltblütig auf seine Verfolger geschossen.

Bevor er sich selbständig machte, arbeitete der Türkenfelder als Finanzbuchhalter bei einem großen Münchner Konzern. Der Schritt in die Selbstständigkeit soll jedoch kein großer Erfolg gewesen sein. Da der Serientäter bei seinen Raubüberfällen innerhalb von drei Jahren insgesamt nur rund 5000 Euro Bargeld erbeutete, wird angenommen, dass die Tankstellen, Läden und Bäckereien nicht nur aus finanziellen Gründen ausgeraubt wurden. "Wir haben es mit einem absolut durchgeknallten Typen zu tun gehabt", so lautete am Montag in Polizeikreisen eine der Einschätzungen des Täters.

Obwohl der mutmaßliche Räuber einen Zivildienst als Sanitäter absolvierte und also nicht gedient hat, gilt er als Fan der Bundeswehr. Schließlich prangte auf seinem bereits seit drei bis vier Wochen fast täglich am selben Ort neben dem Waldweg von Geltendorf nach Kaltenberg abgestellter Minivan ein Schild mit der Aufschrift "Feldjäger". Auch die Bundeswehrkennzeichen waren gefälscht. Spaziergänger sahen den Wagen regelmäßig, aber nie einen Fahrer. Auch einem Waldarbeiter, der in den vergangenen Wochen wiederholt in der Nähe des abgestellten Autos tätig war, fiel der Wagen auf.

Weil sich der Geltendorfer sicher war, dass es sich bei dem bereits älteren Mitsubishi Colt um kein Bundeswehrfahrzeug handeln konnte, verständigte er am Samstag die Polizei in Landsberg. Als eine Streife den Wagen und den 49-Jährigen kontrollieren wollte, eröffnete der Türkenfelder unvermittelt das Feuer auf die beiden Beamten. Einer der beiden, ein 43 Jahre alter Polizist, überlebte den Schusswechsel nur, weil er eine Schutzweste angelegt hatte. Ob Polizisten das tun, steht in ihrem Ermessen. Zum Tragen einer schusssicheren Weste sind sie nicht verpflichtet.

Inzwischen ist auch geklärt, dass der ehemalige Finanzbuchhalter als Sportschütze über eine Waffenbesitzkarte verfügte. Laut dem Sprecher des Polizeipräsidiums muss man dazu Mitglied eines Vereins sein und den Besuch eines Schießstandes nachweisen. Neben zum Teil selbst gefertigten Sprengkörpern trug der Türkenfelder Serientäter bei der tödlichen Schießerei im Wald insgesamt sechs zum Teil sehr durchschlagkräftige Revolver samt Spezialmunition am Körper. Der Besitz dieser Waffen war illegal. Weitere Schusswaffen stellten die Kripo-Beamten später bei der Hausdurchsuchung sicher. Aus Angst vor Sprengfallen untersuchte eine technische Sondereinheit des Landeskriminalamtes unter anderem mit einem Roboter den Tatort, bevor ein Notarzt und die Spurensicherung zu dem Toten vorgelassen wurden.

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