Im Kindergarten wird gehustet, in der Grundschule geniest. Kinder fangen sich in Gemeinschaftseinrichtungen schnell hochansteckenden Infektionskrankheiten ein. So auch Scharlach. Der Kinder- und Jugendreport 2024 der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit von November 2024 dokumentiert, dass im Jahr 2023 viermal so viele Kinder im Alter von eins bis 14 Jahren in den Arztpraxen wegen Scharlach behandelt worden sind als im Vorjahr. Laut DAK ist das der höchste Stand seit fünf Jahren.
Mediziner in München geben aber Entwarnung. „Die schlimme Zeit ist vorbei“, sagt Philipp Schoof, Kinderarzt und Sprecher des bayerischen Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Auch der Kinderinfektiologe und geschäftsführende Oberarzt der Schwabinger Kinderklinik, Nikolaus Rieber, spricht von „bereits deutlich niedrigeren Zahlen“.

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Die Scharlach-Entwicklung 2023 überrascht die beiden Münchner Ärzte nicht. Wie auch bei anderen Infektionserkrankungen sei die Corona-Pandemie eine Ursache für diese hohen Zahlen. „Durch die zahlreichen Infektionsschutzmaßnahmen wie zum Beispiel den getragenen Mundschutz hat sich das Abwehrsystem der Kinder in dieser Zeit nicht mit Scharlach auseinandersetzen können“, sagt Rieber. Das Immunsystem müsse sich aber für bestimmte Erreger immer wieder neu „boostern“, müsse immer wieder neu „trainiert“ werden, damit ausreichend Antikörper gebildet werden könnten. „Dass es dann zu solchen Nachholeffekten kommen würde, war absehbar.“ 2023 seien innerhalb eines Jahres die Infekte verstärkt aufgetreten, die man sonst vielleicht in drei Jahren bekommen hätte.
Einen Impfstoff für Scharlach gibt es bis jetzt nicht und ist laut Rieber auch nicht so schnell „in Sicht“. In Bayern besteht für Scharlach keine ärztliche Meldepflicht an die Behörden, sondern nur eine Benachrichtigungspflicht der Leitungen von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Horten, Kinderkrippen. 352 Scharlach-Erkrankungen bei Kindern wurden dem Gesundheitsreferat (GSR) im Jahr 2023 gemeldet, im Jahr 2024 waren es 266. In den Monaten Januar bis März erkrankten, so zeigen die Zahlen, besonders viele Kinder. Zu Beginn dieses Jahres wurden dem GSR gerade einmal zwei Fälle gemeldet.
Erste Symptome bei Scharlach: Halsschmerzen und hohes Fieber
Das Jahr 2023 sei, was die Schwere der Infektionen betrifft, besonders „brutal“ gewesen, sagt Philipp Schoof. Die Kinder, die mit Scharlach in seine Praxis gekommen seien, seien einfach „richtig, richtig krank gewesen“. Zudem seien in dieser Zeit Medikamente für Kinder knapp gewesen, zum Beispiel Antibiotika-Säfte. Aber nicht nur Scharlach, sondern viele andere Infekte sind laut Oberarzt Nikolaus Reber 2023 bei Kindern „nachgeholt worden“. So das Respiratorische Synzytial-Virus (RS-Virus), das Drei-Tage-Fieber oder auch Ringelröteln. Als auffälligsten Erreger des Jahres 2024 sieht Rieber dagegen Mykoplasmen: Diese Bakterien sind unter anderem verantwortlich für schwere Lungenentzündungen, auch bei Kindern. Über aktuelle Infektionen können sich Eltern auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie informieren.
Scharlach tritt ganz plötzlich auf. Erste Symptome sind Halsschmerzen mit Schluckbeschwerden, hohes Fieber und Ausschlag. Gaumen und Rachen sind gerötet. Auch die Zunge färbt sich hochrot und die Papillen (kleine Erhebungen) treten hervor. Diese sogenannte Himbeerzunge ist eines der auffälligen Scharlach-Symptome. „Die Bakterien setzen Toxine frei, die dann für die Entzündung der Zunge verantwortlich sind“, erklärt Kinderarzt Schoof. Er empfiehlt den Eltern: Kinder, die an Scharlach erkrankten, bräuchten absolute Bettruhe und sollten drei Wochen keinen Sport machen. Diese Bettruhe werde oft nicht mehr eingehalten, weil das Antibiotikum so gut wirke. „Das ist aber nicht gut“, sagt Schoof.