Schapeau:Der Edel-Bayer verdient Respekt

Mehr als "Schachtel-Wirte" und Pizza-Hütten: In der Altstadt ist die Gastronomie viel besser als ihr Ruf. Nach dem Umbau erinnert das Schapeau im Hotel Torbräu an das Jugendstil-Kaffeehaus, das es einmal war.

Marcelinus Sturm

Erfreulicherweise ist die Gastronomie in Münchens Altstadt viel besser als ihr Ruf. Klar, es gibt die Fastfood-Ketten, die "Schachtel-Wirte", wie sie der Wiener mit seinem unvergleichlichen Charme nennt, und es gibt die Pizza-Hütten. Aber daneben eben auch eine Reihe hochsolider Wirtschaften und Restaurants, die erkennbar nach Höherem streben als der reinen Profitmaximierung.

Schapeau: Nach dem Umbau erinnert das "Schapeau" im Hotel Torbräu an das Jugendstil-Kaffeehaus, das es einmal war.

Nach dem Umbau erinnert das "Schapeau" im Hotel Torbräu an das Jugendstil-Kaffeehaus, das es einmal war.

(Foto: Stephan Rumpf)

Unter diese hat sich jetzt auch das Restaurant des Hotels Torbräu eingereiht. Die Inhaberfamilie Kirchlechner hat dem ehemaligen Pächter gekündigt, eine Zwischendecke entfernt und die Räume aufwendig umgebaut, so dass das neue Lokal fast wieder an das einstige Jugendstil-Kaffeehaus erinnert, das es mal war. "Schapeau" nennen sie ihr Restaurant, weil das "'Hut ab!' auf Bayrisch" heiße, behaupten sie.

Das stößt Marcelinus Sturm sauer auf, schließlich ist er Bayer von Geburt an und hat noch nie einen Bayern "Schapeau!" sagen hören. "Trottoir" für Gehsteig und "Jalousie" für Rollladen sehr wohl, das ist seit den napoleonischen Kriegen so. Aber statt "Hut ab!" sagt man in Bayern immer noch "Reschpeckt!" Nur, dass das ein für alle Mal klar ist, liebe Kirchlechners!

Sonst aber ist vieles sehr gelungen in dem neuen Lokal. Für die Küche hat man Sascha Santen als Chefkoch geholt, der unter anderem bei Alfons Schuhbeck gearbeitet hat, und zwar in dessen Sterneküche. Das ist so deutlich erkennbar, dass man sich bei einzelnen Gerichten sogar fragt, ob der Schuhbeck dafür nicht Lizenzgebühren kassiert - geschäftstüchtig, wie er ist. Denn Santen folgt dem Konzept der regionalen, leicht veredelten Küche des Meisters zum Teil so eng, dass man sich schon fast am Platzl, in Schuhbecks Reich, wähnt.

Der hohe Anspruch ist unverkennbar, ebenso die bayerische Ausrichtung mit Anklängen an die Küche der hier lebenden Migranten. So überzeugt das "Duett vom Saibling an Blattsalaten vom Viktualienmarkt und Schwarzbrotkrusteln" (14,50 Euro) vor allem durch das traumhaft zarte Tatar. Auch beim "Ziegen-Rohmilchkäse im Speckmantel gebraten auf warmem Apfel-Preiselbeer-Ragout" (11,50) stimmte alles - der Speck war nicht zu salzig, was ja gerne vorkommt, Apfel und Preiselbeeren standen im richtigen Verhältnis zueinander, so dass der Geschmack des einen Obsts nicht den des anderen dominierte.

Auch Exotisches wie der "Süßwassergarnelen-Zitronengras-Spieß auf süß-saurem Kürbisgemüse" (17,50) kam auf den Punkt gebraten aus der Küche. Bei den Suppen probierte Sturm die "Essenz vom Reh mit Pistaziennockerl" (6,50). Von einer Essenz erwartet man sich einen besonders kräftigen Geschmack, daran mangelte es am Tag des Besuchs sehr. Dafür waren die Nockerl schlichtweg ein Gedicht.

Der Schwerpunkt liegt im Schapeau auf den Fleischgerichten, an denen es wenig auszusetzen gilt. Auf der Winterkarte etwa war der "rosa gebratene Rehrücken auf schwarzer Johannisbeersauce mit Kohlrabi-Karottengemüse und hausgemachten Schupfnudeln" (28) ebenso perfekt wie die "gebratene Fasanenbrust auf Champagnerkraut an Calvados-Rahmsauce mit getrüffeltem Kartoffelpüree" (24). Schade nur: So ausführlich die Beilagen aufgelistet sind, so übersichtlich ist ihre Menge. Hier orientiert man sich formal wie umfangmäßig an der Spitzengastronomie.

Bisweilen ist das Fleisch aber auch zu viel: Kurz nach der Eröffnung aß Sturm den "Kalbstafelspitz auf Spitzkohlgemüse und Kartoffelterrine an Thymiansauce" (19,50) mit drei kaum zu bewältigenden Scheiben Fleisch, so dass er noch vor der ersehnten Nachspeise kapitulieren musste. Möglicherweise waren das Anfangsschwierigkeiten, bei weiteren Besuchen waren die Portionen durchaus reell.

Übrigens müssen Vegetarier und Fischliebhaber im Schapeau nicht darben: Für sie gibt es wenige, aber feine Gerichte auf der Karte. Sturms Anhang war von den Maronenravioli (11,80) angetan, auch die Rote-Bete-Meerrettichterrine (13,50) hätte bestens gemundet, wäre sie nicht um einiges zu kalt auf den Tisch gekommen, so wie auch der Zwetschgenröster zum Kaiserschmarrn (9,50) anscheinend gerade aus der Kühlung kam. Das ist ärgerlich für ein Restaurant mit diesem Anspruch und diesem Preisniveau: Zu zweit und mit drei Gängen sowie einer Flasche Wein verlässt man das Lokal immerhin kaum, ohne wenigstens 120 Euro dagelassen zu haben.

Man sieht schon: Es ist noch nicht alles perfekt im neuen Schapeau, daran wird jedoch gearbeitet. Aber wenn es auch noch nicht, um es auf Migranten-Bayerisch zu sagen, zu einem "fetten Reschpeckt!" reicht, zu einem verhaltenen doch allemal.

Schapeau im Hotel Torbräu, Tal 41, 80331 München, Telefon 24234300, www.schapeau.de, geöffnet täglich von 11 bis 1 Uhr

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