Schäden an der Pinakothek der Moderne:Ärger von Anfang an

Schon beim Bau der Pinakothek gab es Streit um Mängel, Termine und Kosten. Jetzt sind Schäden an der Rotunde aufgetreten - und es wird nach einem Verantwortlichen für das Debakel gesucht.

Alfred Dürr

Es geht ein Riss durchs Herz dieses architektonisch herausragenden Bauwerks. Die Experten im von einer Lichtkuppel überwölbten Foyer der Pinakothek der Moderne - die "Rotunde" ist der Mittelpunkt des Museums - sind ratlos. Woher kommen die Schäden an der Wand? Wer ist Schuld an dem Malheur, und hätte man die Probleme nicht viel früher erkennen und beheben können?

Schäden an der Pinakothek der Moderne: Risse im Mauerwerk: Die Rotunde in der Pinakothek der Moderne ist eingerüstet.

Risse im Mauerwerk: Die Rotunde in der Pinakothek der Moderne ist eingerüstet.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das sind die drängenden Fragen, zumal das kunstsinnige Publikum unmittelbar betroffen ist. Wegen des Gerüstaufbaus in der Rotunde muss das Haus, das normalerweise die Besuchermassen anzieht, bei der "Langen Nacht der Museen" geschlossen bleiben.

Ärgerlich ist das allemal. Schon vor vier Jahren waren Schäden in den Wänden der Rotunde aufgefallen. Man habe diese damals untersucht, sagt der Chef des staatlichen Bauamts München I, Kurt Bachmann. Es habe keine Gefahr für Leib und Leben der Besucher bestanden - so war der Fall schnell mit ein paar kleineren Ausbesserungsarbeiten erledigt. Haftungs- und Gewährleistungsansprüche waren längst verjährt.

Lange Zeit sei ja auch Ruhe gewesen, sagt Bachmann. Dafür kommt es jetzt buchstäblich umso dicker. Die neuen Risse sind besorgniserregend, weil es offensichtlich um mehr geht als nur Gebäudekosmetik.

Was sich aber genau im Mauerwerk des Foyers abspielt und was sich für Konsequenzen für die Besucher ergeben, sollen die Untersuchungen bis November zeigen. Dass man bis dahin zudem jemand findet, dem man die Verantwortung für das Baudebakel aufbürden könnte und womöglich auch die Kosten - das dürfte schwierig werden. Die Öffentlichkeit bleibt nicht nur ausgesperrt, sie darf am Ende wohl auch noch dafür bezahlen.

Schuldzuweisungen will vor Abschluss der Untersuchungen niemand machen. Ein peinlicher Makel aber fällt auf die Erbauer der Pinakothek der Moderne, einer der attraktivsten und beliebtesten Kulturbauten weit über München hinaus. Nach nur neun Jahren holt sie die Vergangenheit ein. Als das Haus im September 2002 feierlich eröffnet wurde, hatte es schon eine qualvolle Baugeschichte mit viel Streit um Kosten und Pfusch hinter sich.

Doch das war alles vergessen, als das Publikum endlich den Prachtbau und die wertvolle moderne Kunst genießen konnte. "Es war eine schwere Geburt, doch das Kind ist schön", seufzte der damalige bayerische Kunstminister Hans Zehetmair überglücklich. Und auch Ministerpräsident Edmund Stoiber wird nachgesagt, dass er froh war, weil man den prestigeträchtigen Einweihungstermin nach zahlreichen Verzögerungen gerade rechtzeitig vor der Bundestagswahl geschafft hatte.

Der Architekt der Pinakothek, Stephan Braunfels, trat allerdings bei der Feier nicht ans Rednerpult. Dieser Affront zeigte, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen Zehetmair und Braunfels war.

Der Schwarze Peter wurde hin- und hergeschoben

Auf der einen Seite sollte ein architektonisch herausragendes Meisterwerk entstehen, das aber andererseits nicht zu viel kosten durfte. Ein hoher Anspruch, der gar nicht eingelöst werden konnte, wie auch der Bayerische Oberste Rechnungshof feststellte. Im Bericht an den Landtag war von einem völlig unrealistischen Kostendeckel von 100 Millionen Euro die Rede (Am Ende kostete das Haus 120 Millionen Euro). Außerdem ging es um teure Änderungen während der Bauzeit, um Ausführungsmängel sowie um erhebliche Störungen im Bauablauf wegen des Termindrucks. Auch eine unzureichende Projektorganisation kritisierte der Rechnungshof.

Der Schwarze Peter wurde zwischen den staatlichen Stellen und den am Bau beteiligten Unternehmen immer wieder hin- und hergeschoben. Stephan Braunfels wies 2001 darauf hin, dass das Hochbauamt gegen seine heftigen Proteste ein Ingenieurbüro mit der Bauleitung beauftragt habe.

Außerdem habe das Amt von Anfang an die Projektsteuerung selbst übernommen, sei also entscheidend verantwortlich für die Beauftragung aller Firmen und Ingenieurbüros sowie für die vereinbarten Vertragstermine.

Auch der kritische Architekturhistoriker und Chef des Architekturmuseums in der Pinakothek der Moderne, Winfried Nerdinger, mag sich heute nicht zum Richter aufspielen. Die Fachleute würden herausfinden, was schiefgelaufen ist. Sicher sei jedoch, das immer der Architekt am längsten hafte, nämlich bis zu 30 Jahre: "Vorausgesetzt, man kann ihm einen Planungsfehler nachweisen."

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