Süddeutsche Zeitung

Sanierung:Wie im KVR jetzt alles besser werden soll

  • Für die "Kunden" ist der Besuch in Münchens Ordnungsbehörde oft mit langen Wartezeiten verbunden - der Umbau soll Platz für zusätzliche Mitarbeiter schaffen.
  • Die Bauarbeiten finden bei laufendem Bürobetrieb statt. Jeder einzelne Mitarbeiter muss mindestens einmal umziehen, manche auch mehrmals.
  • Das Gebäude an der Ruppertstraße wird nicht nur saniert, sondern auch um ein Stockwerk erweitert.

Von Dominik Hutter

An der Wand lehnen Schrankelemente mit Zahnrädern und Ketten, Männer im Blaumann schleppen große Metallteile aus den Räumen. Das orangefarbene Registratursystem mit seinen fahrbaren Aktenfächern wird komplett demontiert, in die Räume im vierten Stock kommt ein Großraumbüro für 18 Mitarbeiter. Einst waren hier Gewerbeakten und Dokumente der Waffenbehörde eingelagert - die sind nun in den Keller umgezogen.

Und das ist erst der Anfang. Im Kreisverwaltungsreferat, das demnächst hinter Baugerüsten verschwindet, werden in den kommenden Jahren hausinterne Umzüge zum Massenphänomen. Der aus den Achtzigerjahren stammende Klotz an der Ruppertstraße wird bei laufendem Bürobetrieb saniert und aufgestockt.

Noch im April beginnt die Einrichtung der Baustelle. In den drei Innenhöfen werden Kräne aufgestellt - damit das überhaupt möglich ist, musste die darunterliegende Tiefgarage mit zusätzlichen Stützen verstärkt werden. Die Fassade verschwindet hinter einem Baugerüst und wird, wenn sie Ende 2018 wieder auftaucht, nicht mehr wiederzuerkennen sein. Alle 2300 Fenster werden ausgetauscht, und weil der Komplex einen durchgehenden fünften Stock erhält, kommen noch 710 neue hinzu.

Es ist eng geworden in der Zentrale der Münchner Ordnungsbehörde. Die Stadt wächst, und mit ihr der Arbeitsaufwand in der Verwaltung. Damit die bald 1,6 oder 1,7 Millionen Münchner mit einem vertretbaren Zeitaufwand ihre Ausweise verlängern, ihre Gewerbescheine, Führerscheine oder Parklizenzen beantragen können, muss das Kreisverwaltungsreferat größer werden.

200 neue Arbeitsplätze sollen unterkommen, wo heute noch Dachflächen und Terrassen sind sowie einige Lager- und Besprechungsräume, die nur über Oberlicht verfügen und mit ihren hölzernen Wandvertäfelungen den Geist der längst vergangenen Achtzigerjahre atmen. Der bereits vorhandene fünfte und sechste Stock im Trakt an der Lindwurmstraße soll Fenster erhalten und zu Büros umgewandelt werden. Die kaum genutzten Ein- und Ausgänge zur Ruppertstraße werden auffälliger gestaltet, damit nicht immer jeder das überlastete Portal an der Lindwurmstraße nutzt.

Wenig Einschränkungen für die Kunden

Die Antragsteller und Dokumentabholer, die im Behördenjargon "Kunden" heißen, müssen am Anfang nicht allzu viele Einschränkungen in Kauf nehmen. Ein paar Parkplätze in der Tiefgarage fallen weg, gelegentlich muss ein Aufzug außer Betrieb genommen werden. Und möglicherweise hat der vertraute Ansprechpartner auf einmal ein neues Büro. Die Asyl-Abteilung wechselt am 1. Juli in angemietete Büros an der Seidlstraße.

Den Mitarbeitern des Kreisverwaltungsreferats steht dagegen eine echte Durststrecke bevor. Provisorien, Umzüge, Baulärm, Staub, Gerüste - die Kollegen trifft es während der gesamten Bauphase hart, warnt der für den Umbau verantwortliche Projektleiter Klaus Schreiber. Noch geht es relativ harmlos zu.

In zahlreichen Wänden sind inzwischen kleine Löcher zu sehen: Probebohrungen, mit denen festgestellt werden soll, ob die Statik des Gebäudes überhaupt eine Aufstockung verträgt. Falls es Probleme gibt, müssen die Wände verstärkt werden, bis ganz nach unten durch logischerweise. Demnächst beginnt dann auch die große Büro-Rochade, denn Teile des Gebäudes müssen für die Bauarbeiten geräumt werden.

Aber auch die Erneuerung von 13 300 Quadratmetern Fassade ist keine angenehme Sache. Die Betonplatten rund um die Fenster werden angebohrt und abgenommen. Anschließend montieren die Arbeiter eine neue, 40 Zentimeter dicke Dämmung. Die neue Fassade besteht dann aus eloxiertem Aluminium. Für die in den Büros verbliebenen Mitarbeiter heißt das: Dichter zusammenrücken, damit an der Fensterfront gearbeitet werden kann.

In der unangenehmsten Bauphase, wenn die Fassade offen ist, schützt eine temporär montierte Staubwand vor Zugluft und Schmutz. Schön ist das nicht. Aber es geht nicht anders. Im früheren Materiallager im obersten Stock wurde bereits eine provisorische Außenwand samt Fenstern eingezogen, durch die man jetzt noch gegen das düstere Innere einer geschlossenen Betonfassade blickt. Licht fällt durch die Scheiben erst herein, wenn die alte Fassade entfernt wird. Die Arbeiten sollen Ende 2018, vielleicht auch erst 2019 beendet sein.

Damit es auch Rückzugsmöglichkeiten gibt, richtet die Referatsspitze im neueren und daher von Bauarbeiten verschonten Trakt an der Ruppertstraße 11 ein Auszeit-Café für gestresste Büroleute ein. Im Intranet soll über den Baufortschritt berichtet werden, Webcams an den Kränen bieten Einblicke ins Baugeschehen. Dauerbeschallung mit Bohrer und Presslufthammer will Beck allerdings tunlichst verhindern.

Während des Parteienverkehrs in der Behörde sind lärmintensive Arbeiten komplett tabu, und auch zu den "normalen" Bürozeiten gelten Einschränkungen: Die ganz unangenehmen Tätigkeiten werden möglichst auf die Abend- und Nachtstunden sowie aufs Wochenende verlegt. Ganz einfach ist das nicht: Das Bürohaus an der Ruppertstraße liegt in einem Wohngebiet. Auch die Nachbarn haben ein Anrecht auf ihre Nachtruhe.

Wenn die Bautrupps dann abgezogen sind, sieht das Kreisverwaltungsreferat nicht nur von außen moderner aus. Auch in den Büros und Gängen soll einiges besser werden. Die neuen Fenster verfügen über eine schallgedämmte Lüftung - die Ordnungsbehörde hat mit der Lindwurmstraße und dem Eisenbahn-Südring zwei ziemlich laute Nachbarn.

Die Kosten trägt der Vermieter

Zusätzlich werden die Beleuchtung, die Klimatisierung und die Besucherführung verbessert. Beck will zudem einige "akustische Defizite" loswerden. Beim Übergang vom neuen, von Standesamt und Referatsleitung belegten Bau an der Ruppertstraße 11 in den "Altbau" verändert sich die Akustik: Es hallt, und das Gesprochene wabert unangenehm laut durch den Raum. Dagegen helfen eine Akustikdecke oder Akustikbilder.

Bezahlen muss den gesamten Aufwand der Hauseigentümer. Das Kreisverwaltungsreferat ist nur Mieter in dem Gebäude - der Vertrag wurde erst kürzlich um 30 Jahre verlängert.

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Quelle:
SZ vom 11.04.2017/vewo
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