Sanierung des Münchner Stadtmuseums:Fit für die nächsten 100 Jahre

Münchner Stadtmuseum in München, 2013

Das Münchner Stadtmuseum muss saniert werden.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Teile des Hauses sind in einem erbärmlichen Zustand: Das Stadtmuseum muss grundlegend saniert werden - und sich von einer Bildungsanstalt zum Kommunikationsort wandeln. Dazu lobt der Stadtrat einen Architektenwettbewerb aus.

Von Franz Kotteder

Heute würden die Stadträte "eine Jahrhundertentscheidung" fällen, meinte Kulturreferent Hans-Georg Küppers (SPD) am Donnerstag im großen Sitzungssaal des Rathauses. Das ist recht vollmundig formuliert, aber bedenkt man, dass es um eine Investition von mindestens 100 Millionen Euro geht, dann liegt Küppers sicher nicht ganz falsch.

Tatsächlich haben der Kulturausschuss und der Kommunalausschuss des Stadtrats dann ohne große Diskussion einstimmig dafür gestimmt, eine Art Architektenwettbewerb für den Umbau und die Sanierung des Münchner Stadtmuseums auszuloben. Der soll bis 2016 klären, wie das größte kommunale Geschichtsmuseum Deutschlands einmal aussehen soll und wie sich das Ensemble zwischen Rosental und St.-Jakobs-Platz im Herzen der Stadt dann darstellen will.

Erbärmlicher Zustand

Einerseits geht es darum, das 1888 im alten Zeughaus aus dem 15. Jahrhundert gegründete Stadtmuseum von Grund auf zu sanieren. Insbesondere die Gebäude im Nordteil an Oberanger, Rosental und Nieserstraße, die Anfang der Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts von dem Architekten Gustav Gsaenger erbaut wurden und deshalb den Namen Gsaengertrakt tragen, sind in einem erbärmlichen Zustand.

Von "erheblichen Bauschäden" spricht das Kulturreferat in seiner schriftlichen Vorlage für den Stadtrat: "Die Erweiterungsbauten sowie die technische Ausstattung insgesamt liegen deutlich unter den für Museen gültigen Mindeststandards und entsprechen zum Großteil nicht mehr den aktuellen bau- und sicherheitsrechtlichen Normen." Es sei mittlerweile schon gar nicht mehr möglich, die Konditionen für Leihgaben anderer Museen zu erfüllen, auch seien weite Bereiche der Haustechnik ziemlich marode.

Neuausrichtung zum Kommunikationsort

Andererseits steht das Stadtmuseum aber auch vor einer Neuausrichtung. "Das Haus soll von einer Bildungsanstalt zu einem Kommunikationsort werden", sagt Küppers, und das bedeutet: Es werden auch ganz andere Räume gebraucht. Wo es langgeht mit der inhaltlichen Neuorientierung, habe sich in den jüngsten Ausstellungen schon gezeigt. Da gab es unter anderem eine Schau über gleichgeschlechtliche Lebensweisen in München, eine Ausstellung über die Kultur der Protestbewegungen unter dem Titel "Wem gehört die Stadt?", und derzeit läuft "Decolonize München", wo es um die Spuren des Kolonialismus in der Stadt geht. "Das Museum soll in die Stadtgeschichte des Heute einwirken", nennt Küppers das, wenn das Haus aktuelle Entwicklungen aufgreift und dabei durchaus auch einmal provokant wird. Als "aktives materielles Gedächtnis der Stadtkultur" soll es sich bewähren.

Als Kommunikationsort erweist es sich derzeit aber nicht gerade - am ehesten noch im Stadtcafé beim Filmmuseum. Die Bauten im Nordteil jedoch wirken trotz der vielen für ein Museum nicht gerade idealen Glasfenster eher abweisend, der Eingang am Oberanger ist nicht leicht zu finden.

Das soll alles anders werden. Küppers und die Museumsleute wünschen sich vom anstehenden Architektenwettbewerb nicht nur einen Vortrags- und einen großen Veranstaltungssaal, sondern auch Ideen für den bisher kaum genutzten Innenhof, über den momentan die Anlieferung erfolgt. Zudem soll das Haus zur Stadt hin geöffnet und durchgängiger werden - soweit das der Denkmalschutz erlaubt.

Das Münchner Stadtmuseum in München, 2013

Ein neues Ensemble entsteht: Das Münchner Stadtmuseum mit Jakobsplatz.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Eine Reihe von Unwägbarkeiten

Keine leichte Aufgabe für die Architekten. Den Stadträten aber gefiel diese Vorgabe ganz besonders. Marian Offman (CSU) kam regelrecht ins Schwärmen und fand es "fast beglückend, wie hier ein neues Ensemble zusammen mit dem St.Jakobs-Platz, der Synagoge und dem Jüdischen Zentrum entsteht. Hier hat die Stadt einen internationalen Platz und ein völlig neues Gesicht gekriegt".

Inhaltlich will man sich im Museum auch an der 2008 eröffneten Dauerausstellung "Typisch München" orientieren, die ebenfalls nicht in sich abgeschlossen ist, sondern auf 2200 Quadratmetern einem stetigen Wandel unterliegt. Ergänzend soll es künftig einen 2500 Quadratmeter großen Bereich für Wechselausstellungen geben, "Münchner Welten" genannt, in der verschiedene Aspekte der Stadt und ihrer Geschichte beleuchtet werden können. Man will sich dort "mit allem beschäftigen, was in München passiert", so Küppers.

Zusätzliche Dauerausstellungen

Auch wenn die rund vier Millionen Ausstellungsstücke, über die das Museum verfügt, in der Regel nur zeitweise aus dem Depot kommen werden: Zusätzliche Dauerausstellungen wird es auch weiterhin geben. Eine über die Schaustellerei unter dem neuen Sammlungsnamen "Oktoberfest", eine über das Thema Wohnen unter dem Titel "Münchner Zimmer" sowie weitere Abteilungen zum Thema Foto, Mode, Figurentheater, Musik und Film.

Zusätzlich soll auch ein "Stadtlabor" eingerichtet werden: ein Areal, in dem Dauerausstellungen mit aktuellen Ergänzungen versehen werden können, in dem Platz für Gesprächsrunden ist und Multimedia-Plätze für Besucher bereitstehen sowie eine Leselounge. Überhaupt will man Treffpunkte schaffen im neuen Stadtmuseum. So stellt man sich vor, an der Ecke Nieserstraße/Sebastiansplatz, heute ein eher totes Eck, die historische Gaststätte "Kratzerwirt" wieder auferstehen zu lassen.

Entscheidungen erst nach dem Wettbewerb

Ob das wirklich sinnvoll ist, will man allerdings erst nach dem Wettbewerb entscheiden. Gastronomisch ist die unmittelbare Umgebung nämlich nicht gerade unterversorgt: Nicht weniger als sechs Lokale grenzen direkt an den winzigen Sebastiansplatz an, eine größere Gastronomiedichte findet sich in ganz München sonst nirgends.

So gibt es also noch eine Reihe von Unwägbarkeiten, die in der jetzt anstehenden Ausschreibung geklärt werden sollen. Bis zum Herbst 2014 sollen die Lösungsvorschläge vorliegen, danach muss der Stadtrat entscheiden, welcher Vorschlag verwirklicht wird, 2016 könnte die Planung abgeschlossen sein, dann kann theoretisch auch der Umbau beginnen. Über die Kosten, so das Kulturreferat, könne man derzeit noch keine realistische Schätzung abgeben.

Der ansonsten recht seriöse Stadtkämmerer Ernst Wolowicz (SPD) ließ es sich aber nicht nehmen, dem Stadtrat schon mal eine eindeutige Summe zu nennen. Er wolle nur darauf hinweisen, so Wolowicz, "dass für das deutlich kleinere Lenbachhaus rund 60 Millionen Euro für die Sanierung und Erweiterung aufgewendet wurden". Die Kämmerei habe deshalb vorsorglich die Summe von 100 Millionen Euro für das Stadtmuseum in die Liste langfristiger großer Vorhaben aufgenommen.

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