Ausstellungen während der Salzburger Festspiele:Jedermann auf Entdeckungstour

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Wie wird er wohl, der neue "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen? Wird Philipp Hochmair in der Hauptrolle (hier während einer Probe) einen Tanz ums Goldene PS-Kalb vollführen? Nach der Premiere an diesem Samstag weiß man mehr. (Foto: Barbara Gindl/dpa)

Vom Museum der Verlorenen Generation über das Museum der Moderne und den Kunstverein bis hin zu Galerien – welche Ausstellungen sich in Salzburg zur Festspielzeit lohnen.

Von Evelyn Vogel, Salzburg

Natürlich fährt man im Sommer vor allem aus einem Grund nach Salzburg: wegen der berühmten Salzburger Festspiele mit ihrem noch berühmteren Spiel vom Sterben des reichen Mannes in Person des „Jedermann“. Doch ob Theater, Oper oder Konzert – in der Regel geht der Vorhang erst am Abend hoch und überhaupt, vielleicht will man ja noch etwas anderes und außerhalb der Festspiele erleben? Klar kann man in der Getreidegasse shoppen gehen, oder man fährt Fiaker und lässt es sich anschließend beim Einspänner gut gehen oder treibt seinen Insulinspiegel mit ein paar Salzburger Nockerln hoch. Viel interessanter aber ist die Kunstszene, die sich wie alles in Salzburg zur Festspielzeit richtig anstrengt und tolle Ausstellungen präsentiert. Lohnenswert ist natürlich immer das Museum der Moderne auf dem Mönchsberg und sein Ableger im Rupertinum. Die beiden haben während der Festspielzeit sogar jeden Tag geöffnet. Daneben gibt es aber auch ein paar weniger bekannte Ausstellungsorte, die unbedingt einen Besuch wert sind.

Das "Bildnis einer Rauchenden" aus dem Jahr 1953 von Inge Hergenhahn-Dinand (1907-2003) ist Teil der Sammlung Böhme im Museum der Verlorenen Generation in Salzburg. (Foto: Hubert Auer / © Erben Hergenhahn-Dinand)

Schon mal vom Museum Kunst der Verlorenen Generation gehört? Nein, dann wird es Zeit, das privat geführte und gemeinnützige Museum im „Steinhauserhaus“ (um 1300 erbaut) in der Salzburger Altstadt kennenzulernen. Es widmet sich Künstlern der sogenannten Verlorenen Generation, die in der Weimarer Zeit auf dem Sprung zum Künstlerdasein waren, aber wegen ihrer jüdischen Abstammung, ihrer politischen Überzeugung oder sexuellen Orientierung von den Nationalsozialisten verpönt oder als „entartet“ gebrandmarkt wurden.

Hinter dem Museum steht die Sammlung von Heinz R. Böhme, die derzeit 650 Werke, insbesondere Ölgemälde, umfasst. Hieraus werden regelmäßig Sonderausstellungen kuratiert. Ein hübscher Salon mit zeitgenössischem antiken Mobiliar und einer Bibliothek zum Thema der Verlorenen Generation lädt dazu ein, sich intensiver mit der Geschichte dieser Künstlerinnen und Künstler zu beschäftigen.

Im vergangenen Jahr gab es den ersten Teil der Ausstellung „Beyond Beckmann. Von der Meisterklasse bis zur Sammlung Böhme“. Derzeit ist Part II dran. Die Schülerinnen und Schüler aus Max Beckmanns Meisterklasse galten als vielversprechende Talente der Frankfurter Kunstschule (auch „Städelschule“). Die Bewunderung für Beckmann und das Bemühen, es ihm gleichzutun, ist unverkennbar. Aber auch die Versuche, sich von dem Meister zu lösen und einen unabhängigen Weg zu beschreiten, werden in der Ausstellung deutlich.

„Beyond Beckmann Part II. Von der Meisterklasse bis zur Sammlung Böhme“, Museum der Verlorenen Generation, bis 28. September, www.verlorene-generation.com/museum

Das Foto "La Yaguara Center of Detention" von Ana María Arévalo Gosen vom März 2018 zeigt die damals 47-jährige Daisy, die wegen Drogendelikten im Gefängnis saß - zusammen mit 22 anderen in einer Zelle, deren einzige Tageslichtquelle die Eingangstür ist. (Foto: Ana Maria Arevalo Gosen/Redux)

Das gesamte Jahr steht in der Leica Galerie unter dem Motto „Through Her Lens – Frauen im Fokus“. Die erste Ausstellung, die während der Osterfestspiele im Frühjahr lief, zeigte unter dem Titel „In Frames Our Story“ Werke ausschließlich von Fotografinnen des Leica Oskar Barnack Awards. Es waren hammermäßige Aufnahmen der vier Fotografinnen Ana María Arévalo Gosen, Laetitia Vançon, Nanna Heitmann und Rania Matar, die Frauen in oft schwierigen gesellschaftlichen Situationen zeigten. Daran im Anschluss waren Fotografien von Herlinde Koelbl zu sehen. Ihre Langzeitstudien von bedeutenden Personen der Zeitgeschichte machten sie berühmt. Und noch heute kommt sie mit ihrer Kamera so nah an Politikerinnen wie Angela Merkel heran wie kaum eine andere. Ihre Ausstellung „Life at Its Best“ endet aber bereits diesen Samstag.

Die kanadische Filmemacherin Garine Torossian, fotografiert von Donata Wenders. Die Aufnahme ist zu sehen in der Ausstellung "Reading Time" in der Leica Galerie Salzburg. (Foto: Donata Wenders)

Doch schon am kommenden Donnerstag, 25. Juli, wird die Ausstellung „Reading Time“ von Donata Wenders eröffnet. Zu sehen sind melancholische Schwarz-Weiß-Straßenfotografien und Bewegungsstudien sowie ihre neueste Arbeit „Komorebi Dreams“. Auch Aufnahmen, die während der Dreharbeiten zum Film „Perfect Days“ ihres Mannes, des Regisseurs Wim Wenders, entstanden sind, werden gezeigt. Wer festspielfrei hat: Am Vorabend, 24. Juli, zeigt „Das Kino“ in Salzburg den Film „Perfect Days“, im Anschluss gibt es ein Gespräch zwischen Donata Wenders und der Leica-Chefin Karin Rehn-Kaufmann.

Donata Wenders: Reading Time, Leica Galerie Salzburg, bis 14. September, www.leica-galerie-salzburg.com

Die Performance "The Double Wedding" hat Rose English 1991 für das Royal Court Theatre entwickelt. Jetzt ist sie in einer ortsspezifischen Installation im Museum der Moderne auf dem Mönchsberg zu sehen. (Foto: Hugo Glendinning, courtesy of Rose English Studio Archive)

Um das Museum der Moderne kommt man natürlich nicht herum, wenn man in Salzburg weilt. Der strahlend helle Solitär auf dem Mönchsberg wurde vor nunmehr 20 Jahren nach Plänen des Münchner Architekturbüros Friedrich Hoff Zwink erbaut und hat noch immer eine der schönsten Terrassen Salzburgs mit Blick auf die Altstadt. Was im Museum gezeigt wird, ist meist aber genau so faszinierend – aktuell vor allem die umfassende Werkschau „Plötzlich in Pracht beginnen“ der britischen Performance-Künstlerin Rose English. Elemente aus Theater, Zirkus, Varieté und Oper, die um Themen wie Geschlechterpolitik, Identität und Präsenz kreisen, fließen in Englishs Werk zusammen. Zu sehen sind multimediale ortsspezifische Installationen, darunter erstmals drei ihrer großen Bühnenperformances. Am Samstagnachmittag, 27. Juli (14.30 Uhr), wird die Performance „I Want to Believe (The Second Act): Collider“ aufgeführt. Im Rupertinum, dem Ableger des Museums in der Altstadt, sind unter dem Titel „Poesie des Alltäglichen“ Werke der Fotografin Elfriede Mejchar zu sehen.

Rose English auf dem Mönchsberg bis 2. Februar 2025, Elfriede Mejchar im Rupertinum bis 15. September 2024, www.museumdermoderne.at

Einen Besuch wert ist immer auch der Salzburger Kunstverein. In der Sommerausstellung „echo*“ treffen der gebürtige Österreicher Martin Beck – er lebt in New York und Wien – und die gebürtige Vietnamesin Sung Tieu – sie lebt in Seoul – aufeinander. 28 Lautsprecher schaffen ein Sound-Environment, dass einem mindestens das Hören vergeht. In der anderen Ausstellung startet der Künstler, Schauspieler und Regisseur Philipp Fleischmann – bekannt aus der Rolle des Enkels von Christiane Hörbiger in der Fernsehserie „Julia – Eine ungewöhnliche Frau“ – mit seiner Präsentation von „Flashes of Resilience“ eine Attacke auf Augen und Ohren.

Martin Beck, Sung Tieu: echo* und Philipp Fleischmann: Flashes of Resilience, Kunstverein, bis 8. September, www.salzburger-kunstverein.at

Und natürlich hält auch Thaddeaus Ropac in seiner Galerie in der so zauberhaft am Mirabellgarten gelegenen historischen Villa Kast zu den Festspielen wieder etwas Besonderes bereit. Dieses Mal ist es eine Ausstellung des Großkünstlers Anselm Kiefer. Gezeigt wird die neue Werkserie mit dem Titel „Mein Rhein“, die Kiefer dem Rhein und dem umliegenden Auwald widmet. Kiefer wuchs am Rande des Schwarzwalds in unmittelbarer Nähe zum Rhein auf. Dessen Ostufer diente ihm als Schauplatz vieler seiner frühen Abenteuer. Als Grenzfluss zu Frankreich übte der Rhein eine große Faszination auf den jungen Künstler aus und stellte gleichzeitig die Grenze seiner damaligen Welt dar. Die Ausstellung zeigt nun großformatige Arbeiten aus der Rhein-Serie sowie eine Vitrine und eine Auswahl an Kinderzeichnungen – Kiefers früheste Auseinandersetzungen mit seinem Fluss.

Anselm Kiefer: Mein Rhein, Galerie Thaddeaus Ropac, Eröffnung am 26. Juli, zu sehen bis 28. September, www.ropac.net

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