Münchner Projekt zur Förderung von Austausch und ToleranzKunst aus Südamerika sichtbar machen

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Aufmerksamkeit erregte „Salta Art“ mit der Präsentation des international bekannten Künstlers Alfredo Jaar auf dem Wiener Platz zu „Various Others“ im September vergangenen Jahres.
Aufmerksamkeit erregte „Salta Art“ mit der Präsentation des international bekannten Künstlers Alfredo Jaar auf dem Wiener Platz zu „Various Others“ im September vergangenen Jahres. (Foto: Malte Wandel. Courtesy Salta Art)

Die südamerikanische Kunstszene ist in Deutschland wenig bekannt. Agustina Strüngmann möchte das ändern. Die Wahl-Münchnerin aus Argentinien hat „Salta Art“ gegründet, eine unabhängige Organisation, die Austausch und Toleranz fördert.

Von Lisa Mattern

„Mit Salta Art will ich den Kreislauf durchbrechen und Kunst aus Südamerika sichtbar machen“, sagt Agustina Strüngmann. Lange wurde die südamerikanische Kunstszene in Europa unterschätzt. Erst nach und nach finden Künstlerinnen und Künstler aus Südamerika Beachtung. Mit ihrem Projekt Salta Art will Strüngmann den zähen Prozess beschleunigen.

Strüngmann ist Buenos Aires geboren. Nach ihrem Schulabschluss studierte sie zunächst Betriebswirtschaftslehre in Montevideo. Doch schon während dieses Studiums entdeckte sie ihr Interesse für Kunstgeschichte. Sieben Jahre lang arbeitete sie anschließend im Marketingbereich, bis sie sich schließlich doch dazu entschloss, ihrem Interesse für die Kunst weiter nachzugehen und Kunstgeschichte in London zu studieren.

Immer wieder nutzt Salta Art den alten Kiosk am Wiener Platz für Ausstellungen, wie bei „Nat Geo, Sorry Square“ im Frühjahr 2024. Hier führt Agustina Strüngmann (links) die Freunde vom Haus der Kunst durch die Ausstellung.
Immer wieder nutzt Salta Art den alten Kiosk am Wiener Platz für Ausstellungen, wie bei „Nat Geo, Sorry Square“ im Frühjahr 2024. Hier führt Agustina Strüngmann (links) die Freunde vom Haus der Kunst durch die Ausstellung. (Foto: Malte Wandel / Sorry Square / Sorry Press)

Bald musste Strüngmann feststellen, dass Kolonialismus im Bereich der Kunst noch tief verwurzelt ist. Ihr Studium in London war stark eurozentrisch ausgerichtet. Anders als Kunst aus Europa und Nordamerika wurden Arbeiten aus ihrer südamerikanischen Heimat kaum besprochen und schnell abgetan. Ein klassischer Fall von Othering (Phänomen der Abgrenzung).

Nach ihrem Studium in London zog Strüngmann zunächst mit ihrem deutschen Mann in die Schweiz. In Zürich ließ sie sich weiter zur Kuratorin ausbilden. Inzwischen lebt die 41-Jährige in München. Ihr Netzwerk reicht aber über München hinaus, wo sie Beirat der Akademie der Bildenden Künste ist. In Berlin ist sie im Vorstand der Kunst-Werke. Und in der südamerikanischen Kunstszene kennt sie sich bestens aus.

Die Idee, Salta Art zu gründen, fasste Strüngmann 2020. Zwei Jahre dauerte es, bis das Projekt als unabhängige, gemeinnützige Kunstorganisation, die den Austausch zwischen Südamerika und Deutschland fördert, an den Start ging. Seither organisiert Strüngmann regelmäßig Residenzen für Künstlerinnen und Kuratoren. Zunächst lud sie nur Künstler aus Südamerika nach München ein, inzwischen schickt sie aber auch Kuratorinnen und Künstlerinnen aus Deutschland nach Südamerika.

Strüngmanns großes Ziel? „Es geht mir um gegenseitiges Verständnis und um Toleranz“, sagt sie. Und das, so Strüngmann weiter, funktioniere nur über Austausch und Vernetzung. Informelle Treffen mit lokalen Künstlern, Atelier- und Museumsbesuche mit lokalen Kuratorinnen, Gespräche mit den lokalen Kulturakteuren – wenn Strüngmann Künstlerinnen aus Südamerika in München begrüßen darf, setzt sie alles daran, diese so gut wie möglich mit der hiesigen Kunstszene zu vernetzen.

Mercedes Azpilicueta zeigt derzeit im Luitpoldblock ihre Ausstellung „An Art Student in Munich“.
Mercedes Azpilicueta zeigt derzeit im Luitpoldblock ihre Ausstellung „An Art Student in Munich“. (Foto: Malte Wandel / Various Others)

Wie man am Wochenende sehen konnte, wo Salta Art im Programm der Kunstinitiative Various Others vertreten war. Dort zeigte Strüngmann den Film „Crash“ der brasilianischen Künstlerin Gabriela Mureb, den diese vor zwei Jahren während eines Stipendiums in München gedreht hatte. Außerdem ist auf Einladung von Salta Art und in Kooperation mit dem Instituto Cervantes noch bis zum 18. Mai die Ausstellung „An Art Student in Munich“ der argentinischen Künstlerin Mercedes Azpilicueta im Luitpoldblock, Salvatorplatz 4, zu sehen (täglich von 12 bis 18 Uhr).

Ein weiteres Projekt, mit dem Salta Art auf sich aufmerksam gemacht hatte, war die Zusammenarbeit mit dem chilenischen Künstler Alfredo Jaar im vergangenen Jahr – damals ebenfalls zum Kunstwochenende von Various Others vorgestellt. „Er hatte schon lange mit der Idee gespielt, sein Projekt in Europa zu zeigen“, sagt Strüngmann über Jaar. „Das war die perfekte Gelegenheit.“

Gemeinsam mit der Kuratorin Sofía Lanusse und dem Künstler Iván Argote, die gemeinsam Espacio Temporal, einen gemeinnützigen Ausstellungsraum in Frankreich leiten, lud Strüngmann den bekannten Chilenen nach München ein. Jaars „Chiaroscuro, 2024“ ist eine Installation aus 14 Flaggen und Postern, die am Wiener Platz und in 78 Münchner U-Bahn-Stationen gezeigt wurde. Jaar verstand seine Arbeit als poetische und politische Intervention im öffentlichen Raum gegen die Normalisierung von Gewalt, Rassismus und Diskriminierung.

Doch Alfredo Jaar steht gewiss nicht exemplarisch für die Arbeit von Salta Art. Er ist ein etablierter Name in der europäischen Kunstszene. Und die Bekanntheit eines chilenischen Künstlers in Europa ist noch immer ein Einzelfall. Mit Salta Art hofft Agustina Strüngmann das zu ändern.

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