S-Bahn München:Der MVV legt sich mit der Bahn an

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  • Immer wieder beschweren sich Fahrgäste über unpünktliche Züge oder Bahnen, die komplett ausfallen.
  • Jetzt sagt auch der MVV-Chef, dass es so nicht weiter geht. Schuld sei die Deutsche Bahn, wegen der sich der Verbund mit vielen "hausgemachten" Problemen herumschlagen müsse.

Von Marco Völklein, München

Der Geschäftsführer des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV), Alexander Freitag, setzt die Deutsche Bahn (DB) wegen ständiger Störungen, Zugausfälle und Verspätungen bei der S-Bahn unter Druck. "Das System läuft nicht mehr rund", sagte Freitag der Süddeutschen Zeitung. Der Konzern profitiere zwar vom Verbundsystem mit permanent steigenden Fahrgastzahlen aus dem Großraum, "doch die Leistung bei der S-Bahn stimmt in vielen Fällen nicht mehr".

Immer wieder beschweren sich Fahrgäste über unpünktliche Züge oder Bahnen, die komplett ausfallen. Auch das Kundenbarometer des MVV bestätige diese Entwicklung und zeige abnehmende Zufriedenheitswerte bei der S-Bahn, sagt Freitag.

Zu wenig Lokführer, zu wenig Züge

Zuletzt hatte die DB einräumen müssen, dass sie zu wenige Lokführer hat. Vor gut einer Woche gab eine Spezialmaschine im S-Bahn-Werk in Steinhausen ihren Geist auf. In der Folge musste die S-Bahn-Leitung viele Verstärkerzüge ausfallen lassen. "Viele dieser Unzulänglichkeiten sind hausgemacht und haben nichts mit den nachvollziehbaren Störungen durch Engpässe bei der Stammstrecke zu tun", urteilt Freitag. Um solche Probleme abzufedern, müsse die DB "mehr Reserven" vorhalten.

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Es ist außergewöhnlich, dass der MVV-Chef so deutlich Stellung bezieht - zumal Freitag selbst mal als Beamter bei der damaligen Bundesbahn angefangen hatte, also aus dem Schienenkonzern kommt, und für seinen Geschäftsführerposten von der DB beurlaubt wurde. Nun aber steigt der Druck auf den MVV: Nicht nur Fahrgäste äußern ihren Unmut, immer öfter beschwert sich auch die Politik.

So hatte zuletzt der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) dem MVV einen Beschwerdebrief geschrieben, auch der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU) klagte über die schlechte Leistung. Nun will Freitag offenbar den Druck auf die Bahn steigern: "Unsere Kunden zahlen ordentliche Fahrpreise", sagt er. "Dafür haben sie auch eine saubere Gegenleistung verdient."

Bei Problemen verweist die Bahn auf ihre Schwesterfirmen

Dabei stützt sich Freitag auch auf den Aufsichtsratsvorsitzenden des DB-Konzerns, Utz-Hellmuth Felcht. Der verweist gerne darauf, dass die DB nicht allein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden dürfe. Vielmehr habe der Konzern auch eine Aufgabe auf dem Feld der Daseinsvorsorge - also der Grundversorgung der Bevölkerung mit Mobilität. "Dieser Aufgabe aber kommt die S-Bahn nicht hinreichend nach", findet Freitag.

So seien viele Probleme auf Mängel in der Infrastruktur zurückzuführen. Immer wieder muss die DB Weichenausfälle oder Signalstörungen als Grund für Behinderungen angeben. Das Problem ist nur: Für den Unterhalt der Schienenwege und Signale ist die Bahntochter DB Netz zuständig, die Bahnhöfe unterstehen der Tochterfirma Station & Service. Gibt es Probleme, verweist die S-Bahn als Betreiberin der Züge gerne auf ihre Schwesterfirmen.

Rätsel um den Verbleib zweistelliger Millionenbeträge

"Damit aber macht es sich der Konzern zu einfach", sagt Freitag. CSU-Politiker argwöhnen zudem, dass die DB jedes Jahr aus dem Betrieb der S-Bahn hohe zweistellige Millionenbeträge erzielt, die irgendwo in der DB-Bilanz verschwinden, ohne dass sie je wieder ins Münchner Netz zurückfließen würden. Landtags-Vizepräsident Reinhold Bocklet (CSU) hatte den Betrag zuletzt auf 50 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Die DB wiederum nennt keine Zahlen.

Vielmehr weist der Konzern die Vorwürfe regelmäßig zurück. So hatten vor Jahren Signalstörungen am Ostbahnhof regelmäßig zu Problemen geführt. Daraufhin leitete der Konzern ein Modernisierungsprogramm für das Stellwerk ein und ersetzte Relaisanlagen und Kabel. Seither gibt es deutlich weniger Störungen am Ostbahnhof. Ähnlich verhält es sich mit den immer wieder bemängelten Informationsdefiziten bei Großstörungen im S-Bahn-System: Ansagen seien oft widersprüchlich oder würden gleich gar nicht gemacht, beschweren sich die Fahrgäste. Ähnlich sieht es Freitag: "Wenn ich schon am Bahnhof stehe und nicht weiß, wie ich weiterkomme, dann müssen klare Informationen kommen."

Auch die DB hat dieses Problem erkannt. Seit Jahren tüftelt der Konzern an einem System, um die S-Bahnen per GPS-Technik orten und bei Großstörungen verlässliche Informationen geben zu können. Bislang allerdings wurde dieses System noch nicht gestartet.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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