Kritik:Expressive Bravour

Der Pianist Rudolf Buchbinder spielt Beethoven mit dem London Symphony Orchestra.

Von Klaus P. Richter, München

Wenn sich Rudolf Buchbinder und Beethoven treffen, dann ist für souveräne Könnerschaft und solides Brio gesorgt. Schon gar in München, wo Buchbinder quasi zur Klassik-Folklore gehört. Aber diesmal waren in der Isarphilharmonie auch hochkarätige Musiker von der britischen Insel dabei. Mit dem London Symphony Orchestra musizierte er Beethovens fünftes Klavierkonzert, das die Engländer ja "Emperor" nennen, obwohl es der österreichische Patriot Beethoven gegen Napoleon geschrieben hatte. Den imperialen Gestus aber spielte Buchbinder mit expressiver Bravour aus, nach der virtuosen Kadenz zunehmend im mentalen Gleichklang mit dem Orchester, bis zum rasanten Fortefortissmo der Coda des ersten Satzes.

Für italienische Glut im Brio sorgte Maestro Gianandrea Noseda, ein hochenergetischer Dirigieraktivist mit intensivstem Gestaltungswillen. Umso eindrucksvoller dann seine Fähigkeit zum verinnerlichten Seelenton des Adagios. Mit ihm kostete Buchbinder das arkane H-Dur des choralartigen Hauptthemas und sein erhabenes Melos aus, bevor es im attacca in das Sonatenrondo des furiosen Finales ging. Was als fabelhafte "Transparenz" des Saales immer so viel Lob bekommt, könnte man allerdings auch als einen analytischen Präsenzklang mit wenig räumlicher Fülle empfinden. Deshalb klang auch der Steinway im Diskant oft recht spröde.

Für die 15. Sinfonie von Schostakowitsch spielte das dann keine Rolle. Es ist sein letztes sinfonisches Resümee zwischen aufgekratzten Clownerien mit grellen Scherzo-Gesten und dunklen Schattenbildern, mit Rossini- und Wagnerzitaten und einer Passacaglia, die nichts mehr von der alten Zuversicht der barocken Gattung hat, sondern als qualvolle Zwangsjacke auftritt. Aber auch hier gelang es Noseda mit dem Orchester in sensiblem Piano, andächtigen Cellosoli und magischen Bläserepisoden zu überzeugen. Zugaben von beiden.

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