Folk-Festival:Heimaten hören

Folk-Festival: "Alphorntechno" ist die Erfindung von Marcel Engler.

"Alphorntechno" ist die Erfindung von Marcel Engler.

(Foto: Anton Ostler)

Die "Fraunhofer Volksmusiktage" bieten international besetzte Konzerte zwischen Alpentechno, Wirtshausliedern und Jodel-Flow.

Von Michael Zirnstein

Den Marketingslogan "Heimatsound" findet man nirgends im Programm der Fraunhofer Volksmusiktage. Auch wenn er schön hipp und doch bodenständig daherkäme, wie zum Beispiel der Musiker Marcel Engler, der in Lederhosen auf Alphorn Techno spielt - er stellt sich übrigens nach dem Ende seines zu Ruhm gekommenen Duos Loisach Marci solo neu auf und will zwischen Landlern und Hip-Hop mit Elektronik und 14 Instrumenten einfach "mit der musikalischen Tradition was Geiles machen" (20.1.). Aber Heimatsound ist so ein enges Radiowort für Popmusik made in Bavaria, die das Traditionelle eher ausschließt. Und die Freunde der Volksmusiktage hatten seit Anfang der Neunzigerjahre durchaus ein offenes Ohr für alle möglichen Spielarten: alte wie neue, hiesige und ferne, und das gerne auch gemischt.

Folk-Festival: "Alpentales" von Riesen und Wellensittichen will ein Ensemble mit Johanna Dumfart, den Geschwistern Mader, Jakob Köhle und Joachim Pedarnig erzählen.

"Alpentales" von Riesen und Wellensittichen will ein Ensemble mit Johanna Dumfart, den Geschwistern Mader, Jakob Köhle und Joachim Pedarnig erzählen.

(Foto: Fraunhofer Volksmusiktage)

So machen das einige der Dauergäste des von Martin Jonas kuratierten Festivals seit eh und je. Zum Beispiel "Bayerns Klöppelvirtuose Nr. 1", Rudi Zapf, der mit Zapf'nstreich (25.1.) auch auf dem neuen Album "Weltwärts" wieder alpine Melodien mit Rhythmen vom Balkan, aus Spanien, Argentinien, Mexiko und Kuba tanzen lässt (25.1.) und sich auch mit dem Trio Grenzenlos (11.2.) auf musikalische Weltreise begibt. Das ist im übrigen keine kulturelle Aneignung, sondern eine kulturelle Verneigung eines neugierigen Brückenbauers.

Folk-Festival: Der Südafrikaner Thokozani Mhlambi spielt mit dem Cello einen "African Song Cycle".

Der Südafrikaner Thokozani Mhlambi spielt mit dem Cello einen "African Song Cycle".

(Foto: Blacksheep)

Ähnlich gehen Aniada a Noar zu Werke (26.1.). Seit mehr als 40 Jahren machen sie "Neue Volksmusik", zu der man auch "Weltmusik" sagen darf, weil sie daheim in der Steiermark aufgesaugte Klänge mit einem lustigen Instrumentarium aus Mandola, singender Säge, Nasenflöten und Piffero mit internationalem Folk aus Ungarn, Slowenien, Irland und Schweden kreuzen. "Home is where the heart is", sagt der Brite. Oder Hanns Koren, Erfinder des geistesverwandten Festivals Steirischer Herbst, sagt: "Heimat ist Tiefe, nicht Enge."

Folk-Festival: Als "Alpine Legenden" gelten Toni Hornsteiner (r.) und Christoph Kriner.

Als "Alpine Legenden" gelten Toni Hornsteiner (r.) und Christoph Kriner.

(Foto: Christoph Huber)

Heimat kann auch Weite sein, wenn man in Verbindungen mit anderen Kulturen gemeinsame Vorlieben entdeckt. So reisen etwa beim Ogaro Ensemble Musiker aus Syrien, Moldawien, Venezuela und Deutschland vom Griechischen Rembetiko zu türkischen Tanzliedern bis zu Weisen aus dem Irak (22.1.). Und in der heimeligen Atmosphäre des Fraunhofer Gasthauses ist auch Platz für "Exkursionen in andere Klangwelten", wenn der Südafrikaner Thokozani Mhlambi, Stipendiat des "African Multiple Clusters" der Uni Bayreuth, mit Cello und Stimme klassische und folkloristische Traditionen zu einem "African Song Cycle" vereint (22.1.).

Aber auch die Meister der alpinen musikalischen Erzählkunst waren bei den Volksmusiktage immer explizit willkommen. Seien das nun Karl-Heinz Hummel und die Kampp-Musik mit ihren "Rauhnachtsagen" (13.1.) oder das junge Ensemble Alpentales, das Anekdoten von Riesen und Wellensittichen aus den Bergen zum Klingen bringt (15.1.).

Spannend bleibt das allemal, wenn man alte und junge Bekannte in neuen Kombinationen erlebt: Beim Abend "Vom Boarischen Woid nach Mittenwoid" etwa das frische Trio Salchegger Pürner Schmid neben dem "Alpine Legenden"-Duo Kriner Hornsteiner (7.1.); oder der Multi-Blechbläser Johannes Bär (Holstuonarmusigbigbandclub) samt Loop-Maschine im zweistimmigen "Jodlerflow" mit Jodula Roth (19.1.); Stefan Straubinger und Ludwig Himpsl alias Strimpsl mit ihrem Avantgarde-Bayern-Groove (10.2.); oder die Multiinstrumentalistin Marja Burchard, bekannt als leitende Erbin der Weltmusik-Pioniere Embryo. Mit ihrem Mittelmeermusik-Ensemble Seferia (19.1.) benennt sie sich nicht umsonst nach der Göttin der reisenden Musiker und glaubt an "Heimaten, die durch Musik entstehen".

Fraunhofer Volksmusiktage, bis 18. Feb., Wirtshaus im Fraunhofer, Fraunhoferstr. 9, Tel. 267850, fraunhofertheater.de

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