RSV bei Kindern:„Einen Impf-Engpass im Winter wird es nicht geben“

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Eine Impfung gegen RSV schützt sofort: Babys sollten möglichst schnell nach der Geburt geimpft werden. (Foto: Ute Grabowsky/imago images)

Die Ständige Impfkommission hat RSV-Impfungen für alle Säuglinge empfohlen. Nach anfänglichen Lieferengpässen gibt es in München nun genug Impfstoff, um Babys vor der Atemwegserkrankung zu schützen.

Von Nicole Graner

Schnupfen, Husten und Halsschmerzen – mit Erkältungssymptomen fängt es an, wenn sich Säuglinge mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) angesteckt haben. Meist klingen die Beschwerden bei einem harmlosen Verlauf nach einer Woche wieder ab. Aber die feinen Äste der unteren Atemwege können sich auch schwer entzünden. Dann atmen die Babys schnell und angestrengt, sind kraftlos und trinken nicht genug. Sie müssen ins Krankenhaus, manchmal sogar auf die Intensivstation.

70 Prozent aller Säuglinge fangen sich laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in ihrem ersten Herbst oder Winter eine RSV-Infektion ein. 3,5 Prozent müssen wegen RSV ins Krankenhaus. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat im Juni daher die Empfehlung ausgesprochen, dass alle Neugeborenen und Säuglinge vor ihrer ersten RSV-Saison mit dem Wirkstoff Nirsevimab geimpft werden sollten. Babys, die in den Monaten von April bis September geboren wurden, sollen demnach die Prophylaxe zwischen September und November erhalten. Für Geburten zwischen Oktober und März soll die Impfung so schnell wie möglich danach erfolgen.

Schnell ging dann aber zum angestrebten Impfbeginn im September gar nichts. In einigen Bundesländern gab es keinen oder zu wenig Impfstoff. Auch in München habe man erst Mitte Oktober richtig mit den Impfungen beginnen können, sagt Kinderarzt Philipp Schoof. „Das ist ein absoluter Witz“, ärgert sich der Münchner Interessenvertreter des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte und -ärztinnen. Man hätte nach der Stiko-Empfehlung Zeit gehabt, genügend Impfstoff zur Verfügung zu stellen. „Um die Neugeborenen für die Wintermonate zu schützen, wäre es wirklich sinnvoll gewesen, wenn wir gleich im September mit der Impfung begonnen hätten.“

Zu wenig Impfstoff bestellt

Ursachen für die Verzögerung sieht Schoof unter anderem darin, dass die Abrechnungsmodalitäten für Apotheker und Kinderärzte nicht geregelt gewesen seien. Der Impfstoff, erklärt er, komme aus den USA, Frankreich und Spanien. Es sei außerdem auch zu wenig bestellt worden. Marcus Krüger, Chefarzt der München Klinik (Mük) für Neonatologie in Harlaching und Schwabing, bestätigt das. Die Großhändler hätten es zwischenzeitlich wohl „verschlafen“, genügend Impfstoff von den Herstellern abzurufen.

Nach dem holprigen Start gibt es in München jetzt aber genügend Impfstoff. Die Eltern, die Schoof mit einem Rezept für die Spritze in die Apotheke schickt, würden das Arzneimittel Beyfortus mittlerweile sofort bekommen. Die kommunalen Kliniken der Mük brauchen laut Krüger im Monat 500 Dosen. „Die bekommen wir auch“, sagt der Chefarzt. „Wir können also sicherstellen, dass alle Neugeborenen, die in der Mük geboren sind und zur U-2-Untersuchung bleiben, auch geimpft werden können.“ Die Impfung werde gut angenommen. Krüger ist sich auch sicher: „Einen Impf-Engpass im Winter wird es nicht geben.“ Kinderarzt Philipp Schoof hofft, dass das auch so bleibt.

Ein kleiner Piks in den Oberschenkel schützt die Babys sofort und verringert das Risiko für einen schweren Verlauf der RSV-Infektion erheblich. Auch verhindert die Impfung Krankenhaus-Einweisungen um 80 bis 90 Prozent. Das werde die Kliniken in Zukunft „erheblich“ entlasten, sagt Krüger. Und auch die Kinderarztpraxen.

Prophylaxe schützt fünf Monate

Der Impf-Wirkstoff Nirsevimab verhindert laut Krüger, dass das RS-Virus in die Zelle eindringen kann. Der Passiv-Impfstoff schütze fünf Monate. Eine solche passive Immunisierung, bei der Antikörper gespritzt werden, wirkt schnell, aber nicht so lange. Bei einer aktiven Immunisierung wird der Körper dagegen mit dem jeweiligen Krankheitserreger konfrontiert, um einen langfristigen Schutz aufzubauen.

Nicht nur Babys können geimpft werden, sondern auch werdende Mütter. Von der 32. Schwangerschaftswoche an können sie mit dem aktiven Impfstoff Abrysvo eine Prophylaxe bekommen. Das Baby muss dann nach der Geburt nicht geimpft werden. Dieser Impfstoff, der von der Stiko bislang nicht empfohlen, aber für Schwangere zugelassen ist, sei, so Krüger, auch für Menschen über 65 Jahre zugelassen. „Wenn die Großeltern geschützt sind, kann das Neugeborene schon mal kein RSV von ihnen bekommen.“

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