Rot-schwarzes Bündnis in München:Rot-Grün ist ausgeträumt

Zwei Parteitage haben den Weg für Rot-Schwarz in München geebnet - zum Ärger zahlreicher Genossen. Sie träumen weiter von einer rot-grünen Minderheitsregierung und haben eine Sache nicht begriffen: Um politische Ziele durchzusetzen, braucht es eine Mehrheit.

Ein Kommentar von Peter Fahrenholz

Seinen Geburtstag hätte sich Münchens neuer Oberbürgermeister Dieter Reiter sicherlich anders vorgestellt. Statt mit seiner Frau gemütlich beim Stammitaliener in Sendling zu sitzen, musste er auf dem SPD-Parteitag für ein schwarz-rotes Bündnis in München kämpfen. Es war eine fünfstündige Redeschlacht, die an die wilden Zeiten der Münchner SPD in den Siebzigerjahren erinnerte. Da kochten die Emotionen hoch und auch persönliche Verunglimpfungen wurden ausgetauscht. Am Ende hat sich die SPD-Führung durchgesetzt, aber die Mehrheit von unter 60 Prozent wird für eine schnelle Befriedung der aufgewühlten SPD-Seele nicht reichen. Und ohne die auch im Ton geschickte Rede von Reiter hätte es leicht schiefgehen können.

Denn auf dem Parteitag prallten nicht nur die alten Gegensätze zwischen dem linken Flügel, dem die reine Lehre wichtiger ist, und den Pragmatikern, die wissen, dass zum politischen Geschäft nun mal Kompromisse gehören, aufeinander. Es war auch ein Generationenkonflikt zu besichtigen. Die Jüngeren unter den Delegierten kennen in ihrem politischen Leben nichts anderes als Rot-Grün.

Viele von ihnen verklärten diese Verbindung deshalb zu einer Art von Heilsgemeinschaft, ohne die München quasi der Untergang drohe. Die Dauerquerelen der vergangenen Jahre im rot-grünen Rathausbündnis wurden ausgeblendet. Das empörte viele Ältere, die zu Recht daran erinnerten, dass in München auch schon vor den Grünen vernünftige Politik gemacht worden ist.

Die Gegner einer schwarz-roten Zusammenarbeit haben vor allem ihrem generellen Widerwillen gegen die CSU Ausdruck verliehen. Der Inhalt des Kooperationspapiers, über das am Ende abgestimmt wurde, spielte seltsamerweise in der ganzen Debatte so gut wie keine Rolle. Dabei steht in diesem Papier so gut wie nichts, was für die SPD-Basis eine Zumutung ist. Das ist auch kein Wunder, denn das Papier, das ja noch unter Mitwirkung der Grünen ausgehandelt wurde, ist in der Summe ein rot-grünes Papier mit nur wenigen CSU-Einsprengseln.

Stattdessen propagierten die Kritiker hartnäckig die Option einer rot-grünen Minderheitsregierung, ohne zu sagen, wie das in der Praxis eigentlich funktionieren soll. Denn die Kleinen, die man dafür bräuchte, haben Rot-Grün ja schon in der Frühphase der Mehrheitssuche die kalte Schulter gezeigt. Es war der ehemalige Oberbürgermeister Georg Kronawitter, der seine Genossen mit zittriger Stimme daran erinnerte, dass eines unabdingbar ist, wenn man eigene politische Ziele durchsetzen will: Man braucht dafür eine Mehrheit. Rot-Grün hat aber keine Mehrheit mehr. Viele Sozialdemokraten haben das noch immer nicht begriffen.

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