Gerichtsprozess:Wo ist Rosi?

Gerichtsprozess: Verschwunden: Wo ist Labrador Rosi geblieben?

Verschwunden: Wo ist Labrador Rosi geblieben?

(Foto: privat)

Labradordame Rosi kommt ins Tierheim, weil der Besitzer sie gequält haben soll. Der fordert seine Hündin bald darauf zurück - doch plötzlich ist sie weg. Haben die Mitarbeiterinnen mit dem Verschwinden zu tun?

Von Susi Wimmer

Rechtsanwältin Monika Wiegand sieht einen handfesten Skandal, einen Skandal um Rosi. Der Tierschutzverein wittert einen ebensolchen, allerdings in ganz anderer Hinsicht. Sicher ist momentan nur eins: Labradorhündin Rosi ist spurlos verschwunden. Und deshalb finden sich die Geschäftsführerin des Münchner Tierheims sowie zwei Mitarbeiterinnen auf der Anklagebank vor dem Münchner Amtsgericht wieder. Ihnen wird vorgeworfen, "die ihnen anvertraute Sache", nämlich Rosi, unterschlagen zu haben.

Was genau geschah, lässt sich an dem Sitzungstag für die Zuhörer nur schwer rekapitulieren. Denn Richter Josef Bonkamp willigt einem Verständigungsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein. Es werden keine Zeugen gehört, die beispielsweise berichten könnten, wie es Rosi bei ihrem Besitzer Alexander K. erging. In der Anklageschrift ist davon die Rede, dass Nachbarn mehrfach bei Polizei, Tierschutzverein, KVR und Veterinäramt meldeten, das Tier werde "nicht artgerecht" gehalten. Claus Reichinger, stellvertretender Vorsitzender des Tierschutzvereins, sagt, mehrere Leute hätten den Vorwurf erhoben, das Tier werde misshandelt.

Auch am Nachmittag des 14. Juni 2021 alarmierten Nachbarn die Polizei, weil "der Hund so schrie", sagt Reichinger. Der polizeibekannte Alexander K. war betrunken, sagt seine Anwältin. Und als die Polizei kam, habe der arbeitslose Gebäudereinigungsmeister Widerstand geleistet, beleidigt und die Polizisten angegriffen. Er wanderte in Sicherheitsgewahrsam, Rosi blieb zurück. Nachbarn verständigten das Tierheim, die Hündin wurde abgeholt.

Als Alexander K. gegen 22 Uhr wieder nach Hause kehrte, war die Labradorhündin verschwunden. Laut Anklage versuchte er erfolglos in den nächsten Tagen, das Tier wieder zurückzuholen. Zwei Tage nach dem Vorfall soll eine Mitarbeiterin des Tierheims beim Verein zur Tierregistrierung eine Ummeldung von Rosi erbeten haben: Man möge das Tierheim als Besitzer eintragen und ihnen Plakette und Ausweis zukommen lassen. So geschah es dann auch.

Alexander K. schaltete Rechtsanwältin Wiegand ein. Im Juli versuchten Beamte der Inspektion Milbertshofen, den Hund im Tierheim abzuholen. Doch eine Mitarbeiterin erklärte, sie habe ohne die Tierheim-Chefin nicht die Befugnis, den Hund herauszugeben. Sogar das Innenministerium wurde involviert, und in einem Telefonat mit einem Polizeioberrat soll die Tierheim-Geschäftsführerin Gabi S. erklärt haben, Rosi befinde sich in einer Pflegefamilie, und die sei momentan verreist.

Als schließlich Rosi am 11. August 2021 endgültig von der Polizei aus dem Tierheim abgeholt werden sollte, war der Zwinger leer. Das Tierheim erstattete Anzeige, Rosi sei gestohlen worden. Laut Polizei fanden sich keine Aufbruchsspuren an den Türen. Die Staatsanwaltschaft verschickte drei Strafbefehle wegen Unterschlagung, Beihilfe zur Unterschlagung und Begünstigung. Die drei Damen vom Tierheim legten Einspruch ein - und fanden sich vor Gericht wieder.

Richter Josef Bonkamp stellte nach Absprache mit Verteidigung und Staatsanwaltschaft die Verfahren ein. Die drei Angeklagten müssen insgesamt 1600 Euro an Alexander K. bezahlen - der wirtschaftliche Wert von Rosi. K. selbst sitzt derzeit im Gefängnis die Strafe ab, die ihm wegen des Polizeieinsatzes im Sommer 2021 aufgebrummt worden war. Er stand damals unter offener Bewährung.

Claus Reichinger vom Tierschutzverein sagt, man habe den Hund nicht mutwillig einbehalten, sondern den Fall sorgfältig überprüft. "Wir stellen uns schützend vor die Tiere." Der Verein verfüge über knapp 1000 Gassigeher und rund 500 Ehrenamtliche, die Zutritt auf das Gelände hätten. Wo Rosi ist, das weiß der Himmel.

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