Nahverkehr:Wenn die Rolltreppe Hindernis statt Hilfe ist

Lesezeit: 3 Min.

Die Rolltreppe am Hauptbahnhof hat schon überregionale Bekanntheit erreicht, weil sie immer noch defekt ist. (Foto: Stephan Rumpf)

Gerade für Menschen mit eingeschränkter Mobilität sind defekte Aufzüge und Rolltreppen ärgerlich. Dabei sind die Anlagen angeblich sehr zuverlässig. Warum es trotzdem oft Probleme gibt – und was dagegen unternommen wird.

Von Andreas Schubert

Für viele Fahrgäste sind defekte Rolltreppen und Aufzüge in Münchner U- oder S-Bahnhöfen ein großes Ärgernis. Besonders Menschen mit eingeschränkter Mobilität sind massiv genervt, wenn sie vom Bahnsteig nicht an die Oberfläche kommen. Am Dienstag hat der Behindertenbeirat der Stadt dem Stadtrat sein Leid geklagt. Kritisiert wurde besonders die aus Sicht des Beirats unzureichende Information über ausgefallene Anlagen.

Ob es nun Rolltreppe oder Fahrtreppe heißt, Fahrstuhl oder Aufzug, ist den vielen Tausend Menschen, die sie täglich nutzen, herzlich egal. Sie wollen wissen, ob sie die Bahnhöfe überhaupt betreten oder verlassen können, wenn sie zum Beispiel im Rollstuhl sitzen, einen Rollator nutzen oder mit Kinderwagen oder schweren Lasten unterwegs sind.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bietet hier schon seit Längerem den Service „MVG zoom“ an, zu finden ist dieser über die Homepage der MVG. Brigitte Neumann-Latour und Georg Kronawitter schilderten als Mitglieder des Behindertenbeirats die Situation. Unter anderem kritisierten sie, dass MVG zoom zwar defekte Anlagen anzeige, nicht aber, wenn sie gerade gewartet würden. Die MVG wartet ihre Aufzüge zwölfmal pro Jahr, die Rolltreppen viermal.

Die Wartung eines Aufzugs dauert nach Angaben von MVG-Chef Ingo Wortmann etwa zwei Stunden, die einer Rolltreppe etwa viereinhalb. Dass solche Wartungsarbeiten schneller gehen, als mancher vermuten würde, hilft den betroffenen Fahrgästen allerdings nichts. Ebenso ärgerlich ist es für mobilitätseingeschränkte Menschen, wenn sie zwar vom Bahnsteig zur Zwischenebene kommen, von dort aber nicht weiter und dies im Infosystem nicht angezeigt wird.

Die MVG betreibt in München 772 Rolltreppen und 178 Aufzüge. Im vergangenen Jahr lag die Zuverlässigkeitsquote der Rolltreppen laut Wortmann bei 96,2 Prozent, rechnet man die Ausfälle durch Vandalismus und Wartung dazu, sinkt diese Quote auf 95,4 Prozent. Bei Aufzügen lag die Quote bei 98,7 genauer gesagt 98,1 Prozent, wenn man Vandalismus und Wartung einbezieht.

Für Wortmann ist dies immer noch „ein guter Wert“, wie er sagte. Dass Rolltreppensanierungen manchmal sehr lange dauern, liege daran, dass unter anderem die Fundamente erneuert werden müssten. „Das sind Dinge, die wir so nicht erwartet haben“, sagte Wortmann.

Ersatzteile müssen teilweise erst in China gefertigt werden

Auch bei der Deutschen Bahn (DB) sind ausgefallene Rolltreppen und Aufzüge ein Dauerthema. Ein überregional bekannter Problemfall ist die Rolltreppe vom Sperrengeschoss in die Gleishalle am Münchner Hauptbahnhof, die seit Monaten defekt ist. Den Grund dafür hat die DB wiederholt kommuniziert: Die Stufenketten müssen verschleißbedingt erneuert werden. Und obwohl die DB nach eigener Aussage für diese Fahrtreppen bereits ein Ersatzlager mit den gängigen Ersatzteilen aufgebaut hat, sind ausgerechnet die Stufenketten nicht vorrätig und müssen über den Hersteller bestellt werden.

Im S-Bahn-Bereich München betreibt die DB 132 sogenannter Höhenfördertechnik-Anlagen (HFT). 83 davon sind Rolltreppen, 49 sind Fahrstühle. Im Jahr 2024 habe die Verfügbarkeit dieser HFT-Anlagen bei 96,3 Prozent gelegen, sagte Esther Heckmann, Regionalbereichsleiterin Personenbahnhöfe Bayern. Zehn Anlagen seien derzeit in Bau, 32 würden in den nächsten Jahren erneuert, so Heckmann. Verzögerungen begründete sie mit diversen Engpässen, etwa bei den Baufirmen, den Planern und den Prüfern.

SZ Good News
:Gute Nachrichten aus München – jetzt auf Whatsapp abonnieren

Mehr positive Neuigkeiten im Alltag: Die Süddeutsche Zeitung verbreitet jeden Tag auf Whatsapp ausschließlich schöne und heitere Nachrichten aus München und der Region. So können Sie ihn abonnieren.

Aus dem Stadtrat kamen verschiedene kritische Fragen und Anmerkungen. CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl etwa wollte wissen, warum die Reparatur der besagten Rolltreppe am Hauptbahnhof gar so lange dauere. Esther Heckmann erklärte, die Rolltreppen stammten aus China. Die defekten Teile müssten dort einzeln gefertigt werden. Das verwunderte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD): Handgefertigte Teile für eine Rolltreppe aus China zu holen, statt die Treppe auszutauschen, halte er nicht für die„ allerbeste Idee“. Heckmann versicherte, man werde künftig eine zweite Fahrtreppe auf Lager haben.

Wann die aktuelle Störung behoben ist, kann die DB übrigens immer noch nicht sagen. Was die Kommunikation angeht, so sieht auch Heckmann Nachholbedarf und verspricht Besserung. Man arbeite daran, die Störungsinformationen, die derzeit im Internet auf bahnhof.de abrufbar sind, in die DB Navigator App zu integrieren.

Auch MVG-Chef Ingo Wortmann versprach, die Anregungen für eine bessere Störungskommunikation aufzunehmen. Im Gegensatz zur DB habe die MVG eine größere Lagerhaltung und stelle viele Teile selbst her. Aber gerade jetzt, im Winter, bereitet wieder Rollsplitt den Rolltreppen Probleme. Die Beschwerden von Fahrgästen über defekte Anlagen werden deshalb so schnell nicht abreißen. CSU-Stadtrat Pretzl sagte, es gebe kaum ein Thema, zu dem es so viele Beschwerden gebe, wie zu Aufzügen und Rolltreppen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Elterntaxis vor Schulen
:„Sie parken auf dem Gehweg, fahren zu schnell, blockieren die Sicht“

Immer mehr Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule und gefährden so die anderen, die zu Fuß kommen. München will nun drastisch gegen „Elterntaxis“ vorgehen.

SZ PlusVon Kathrin Aldenhoff

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: