Nowhere Man
Karl Forster ist Autor der Süddeutschen Zeitung:
"Es wäre wohl vieles anders gekommen, hätte ich ein Jahr vor den Beatles im Rahmen des Musikunterrichts nicht Louis Armstrong im Circus Krone erlebt. Seither war und bin ich, bis dahin dem Klavier und der Klassik verschrieben, infiziert mit dem Virus namens Blue Note, der auch Pop und Rock in sich trägt, was zu Hause als das Böse schlechthin angesehen wurde. Nach dem Tag, als die Beatles erstmals in München gastierten, verstand ich, warum. Ich hatte, dank der Großherzigkeit eines Internatskollegen, ein Ticket für das Nachmittagskonzert. Es herrschte da Riesentrubel vor dem Krone-Bau, Mädchen (aha, so sehen also Mädchen aus!) kreischten, überall bildeten sich Trauben und lösten sich lärmend wieder auf, Polizisten schauten böse, mir wurde schwummerig, auf was hatte ich mich da eingelassen? Agoraphobie, Klaustrophobie. Nix wie weg! Da, die Rettung: ,Suche Karte!' Junger Typ, schwarzer Anzug, Nyltesthemd. ,15 Mark?' - ,Okay, hab' aber das Geld nicht dabei, hier hast Du meinen Ausweis, wir treffen uns morgen um 12 Uhr am Kaufhof, Haupteingang.' Große Erleichterung. Am nächsten Tag, Kaufhof, Haupteingang. Der Typ ist da, zu zweit. Herzklopfen gehört sich nicht für den König der Schwarzhändler! ,Gib mir meinen Ausweis zurück, ich habe einen Zeugen dabei, sonst gibt's eine Anzeige wegen Schwarzhandels.' Keine Beatles, kein Geld, kein König. Seither bin ich Stones-Fan."