Rockerclubs:Welche Gangs es in München gibt

Rocker legen Bandenkrieg bei

München war nie eine Hochburg der Straßengangs. Dennoch haben vier Münchner Mitglieder der Hells Angels vergangene Woche Gefängnis- und Bewährungsstrafen erhalten, weil sie ein Mitglied der Bandidos bewusstlos geschlagen haben.

(Foto: dpa)

Straßengangs in München - gibt es nicht? Doch, und es kommt immer wieder zu Reibereien zwischen den Rockerclubs. Ein Übersicht, von Hells Angels bis zu Black Jackets.

Von Florian Fuchs

Hells Angels - Veteranen der Rockerszene

Die Hells Angels sind 1948 in Kalifornien entstanden, benannt ist die Gruppe nach einer Bomberstaffel der US Air Force im Zweiten Weltkrieg. Es heißt, die Gründungsmitglieder seien Ex-Militärs gewesen, die nach dem Krieg beschäftigungslos waren - die Hells Angels selbst bestreiten diese Darstellung. Im Gegensatz zu anderen Motorradclubs nennen sich die örtlichen Gruppierungen nicht Chapter, sondern Charter. 1973 gründete die Gruppe einen Ableger in Hamburg, kurz darauf auch in anderen großen deutschen Städten. In München gab es lange sogar zwei Charter, eines davon hat sich aber im vergangenen Jahr aufgelöst - aus Angst vor einem Verbot. Mitglieder des Charters hatten einen Bandido brutal zusammengeschlagen, erst vor wenigen Tagen wurden die Rocker dafür zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die Polizei geht davon aus, dass sich das Charter bald unter anderem Namen neu gründen wird. Insgesamt gibt es wohl etwa 70 Hells Angels in München - viele von ihnen sind vorbestraft.

Bandidos - Aktiv im Rotlichtmilieu

Vietnam-Veteranen haben den Motorradclub Bandidos 1966 in Texas gegründet. Das Logo ist ein mexikanischer Bandit mit Machete und Revolver. In Deutschland ist die Gruppe erst seit 1999 vertreten, als einige deutsche Motorradclubs ihre Namen aufgaben und sich den international vernetzten Bandidos anschlossen - wie etwa die Destroyers München. Bandidos und Hells Angels gelten als verfeindet, was in der Vergangenheit vor allem in Norddeutschland und besonders in Skandinavien zu Gewaltexzessen geführt hat. Auch die Bandidos sind im Rotlichtmilieu aktiv, einige Mitglieder machen illegale Geschäfte. In München hatte die Polizei bislang keine großen Probleme mit Auseinandersetzungen der Hells Angels und Bandidos. Die beiden Münchner Ableger der Rockerclubs, so erzählen es die Ermittler, sind teilweise gemeinsam aufgewachsen und kennen sich noch aus der Jugendzeit. Die Rivalität der Rocker ist hier deshalb nicht so groß. Die Bandidos haben nur etwa zehn Mitglieder in der Stadt.

Trust - Unauffällig, aber keineswegs harmlos

Wie die anderen Rockerclubs lassen auch die Mitglieder der Gruppierung Trust gerne verlauten, dass sie Werte wie Ehre, Freundschaft, Stärke und Freiheit hoch halten. 1982 hatte sich der Motorradclub Ergoldsbach gegründet, schon 1984 schlossen sich die Anhänger unter anderem aus Erding, Landshut und Moosburg zusammen - der Trust MC Germany war geboren. "MC" steht für Motorradclub. Zu einem der ersten Chapter gehörte auch der Trust MC München. Die Mitglieder der hiesigen Gruppe sind vergleichsweise unauffällig, harmlos ist der Motorradclub keineswegs: Bei Durchsuchungen zahlreicher Rockerclubs mit insgesamt 1750 Beamten im Jahr 2013 zum Beispiel filzte die Polizei auch ein Clubheim der Rocker von Trust. Die Gruppe versucht, sich verstärkt im Umland von München auszubreiten und Stützpunkte in kleineren Städten zu errichten. Das Clubheim steht im Landkreis Fürstenfeldbruck. Der Trust hat in München und dem Umland etwa zehn Mitglieder.

Gremium - Im Visier der Behörden

Gremium ist der größte deutsche Motorradclub - und sogar einer der größten in Europa mit Ablegern in zahlreichen Staaten. Die Mitglieder sind beileibe nicht harmlos, was Vereinsverbote in den neuen Bundesländern beweisen, die Polizei hat auch Probleme mit einigen Chaptern in Nordbayern. Die Mitglieder von Gremium sind aber nicht so auffällig und tauchen nicht so oft in Medienberichten auf wie ihre Pendants von den Hells Angels oder den Bandidos. Trotzdem wird auch Gremium regelmäßig in den bayerischen Verfassungsschutzberichten erwähnt - die Sicherheitsbehörden haben die Mitglieder fest im Visier. Der Club, der 1972 in Mannheim gegründet wurde und dessen Erkennungsfarben Schwarz und Weiß sind, ist laut Polizeipräsidium auch in München aktiv, aber eher unauffällig. Gremium ist die letzte große Rockergruppe aus Deutschland, die sich keinem international vernetzten Club wie den Hells Angels oder den Bandidos angeschlossen hat. In München hat die Gruppe etwa 20 Mitglieder.

Black Jackets - Streetgang mit Aggressionspotenzial

Die Black Jackets haben sich Mitte der Achtzigerjahre in Heidenheim gegründet. Weil es oft Übergriffe von Neonazis gab, beschlossen junge Männer - vorwiegend mit türkischen Wurzeln - sich zu einer Gruppe zusammenzuschließen. Aus dem Bündnis zum Schutz vor Rechtsradikalen entwickelte sich bald eine Streetgang, die ähnlich wie Rocker im Rotlicht und bei Drogengeschäften Geld zu machen versucht. Im Sommer vergangenen Jahres gründeten die Black Jackets einen Münchner Ableger mit etwa 50 Mitgliedern. Es sind auch hier hauptsächlich junge Männer türkischer Abstammung zwischen 18 und 30 Jahren mit hohem Aggressionspotenzial. Viele von ihnen sind vorbestraft, wegen Körperverletzungen oder anderer Gewaltdelikte. Die meisten Black Jackets sind arbeitslos. Im Gegensatz zu Rockern fahren Streetgangs nicht Motorrad, sondern Autos. Sie sind aber ähnlich hierarchisch aufgebaut. Die Führungsmitglieder der Münchner Gruppe sitzen nach einer Razzia seit Ende Februar in Haft.

United Tribuns - Polizeibekannte Türsteher

Die United Tribuns sind die jüngste Gruppierung in München, sie haben sich erst vor wenigen Wochen als Reaktion auf Übergriffe der Black Jackets zusammengeschlossen. Ursprünglich stammt die Straßengang aus Baden-Württemberg, ein Bosnier hat sie 2004 gegründet. Der Boss war ein brutaler Zuhälter, der inzwischen zurück in seine Heimat geflüchtet ist und mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Die United Tribuns bestehen weiter, vor allem Türsteher aus Ex-Jugoslawien sind Mitglieder. Wie die Rocker und die Black Jackets versuchen sie im Rotlichtgeschäft Geld zu machen. Die etwa ein Dutzend Mitglieder in München stammen vorwiegend aus der Türsteherszene und sind größtenteils polizeibekannt. Sie sollen sich zusammengetan haben, als Mitglieder der Black Jackets versuchten, ihnen nicht gewogene Türsteher einiger Diskotheken zu entfernen oder sie für Hausverbote zu bestrafen. Als Gruppe, so das Kalkül der United Tribuns, lässt es sich leichter bestehen gegen Angriffe der Black Jackets.

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