Rockausstellung im Olympiapark:Probesitzen in Jaggers Verführercabrio

20.000 Exponate aus der Welt des Rock'n Roll hat Herbert Hauke in seinem Leben zusammengetragen - von Mick Jaggers Cabrio bis zu Shakiras Schmetterlings-BH. Jetzt zeigt er seine Sammlung im Olympiapark.

Anna Fischhaber

Ein Cabrio von Mick Jagger, das von Kiss verfasste Originaldrehbuch zum eigenen Film, der BH von Shakira, der Rennanzug von Britney Spears. Bei solchen Schätzen schlägt Herbert Haukes Sammlerherz höher. Über 20.000 Exponate aus der Musikwelt hat der Münchner Finanzkaufmann in seinem Leben zusammengetragen. Rund ein Prozent seiner Sammlung zeigt der Direktor des höchsten Rockmuseums der Welt normalerweise in über 200 Meter Höhe auf dem Olympiaturm. Mehr davon gibt es ab Donnerstag im Rahmen der Sonderausstellung "All You Need Is Music" im Eissportzentrum zu sehen.

Rockausstellung im Olympiapark: Sammler aus Leidenschaft: Herbert Hauke besitzt unzählige Exponate aus der Rock- und Popwelt.

Sammler aus Leidenschaft: Herbert Hauke besitzt unzählige Exponate aus der Rock- und Popwelt.

(Foto: Foto: oh)

Auf fast 2000 Quadratmetern hat Hauke seine Kleinode aus der Rock- und Popwelt, die bislang an einem geheimen Ort ein Dasein im Verborgenen fristeten, ausgebreitet. Befreundete Sammler aus aller Welt haben ihren Teil beigetragen. Die dadurch entstandene Gitarrensammlung ist so wertvoll, dass sie aus Sicherheitsgründen in einem Käfig des Circus Krone eingeschlossen werden muss. In Mick Jaggers Cabrio darf man dagegen probeweise sitzen. "Wegen des Lebensgefühls", sagt der Finanzkaufmann, den hier alle nur "Herbie" nennen. Der himmelblaue Schlitten, mit dem der Stones-Sänger durch London brauste, hat ihm ein Gönner für die Ausstellung vermacht. Hauke hat Rosenblätter unter den ledernen Sitzen gefunden. "Das war sein Verführerauto."

"Elvis konnte einfach nicht allein sein"

Auch die Fotos von Elvis Vergnügungsbesuch in München 1959 hat ein Freund beigesteuert - man sieht Elvis beim Begutachten einer Lederhose, Elvis mit seinen weiblichen Fans und Elvis im Moulin Rouge, einem bekannten Rotlicht-Etablissement. "Elvis war so ein Mensch, der einfach nicht allein sein konnte", sagt Hauke. Neben dem King of Rock'n Roll haben auch die Beatles ihre Spuren in der Landeshauptstadt hinterlassen. Die Schwarz-Weiß-Fotos erzählen von den emotionalen Höhepunkten der Münchnerinnen beim Anblick der vier Engländer und Massenhysterien vor dem Bayerischen Hof, von Freiheit und Abenteuern und von der Freude an der Musik.

Der Berliner Grafiker Klaus Voormann hat seine Skizzen für das weltberühmte Beatles-Schallplattencover Revolver gespendet, für das er 1967 einen Grammy erhielt. Alte Belege aus dem legendären Starclub an der Reeperbahn, von dem aus die Engländer ihre Weltkarriere starteten, berichten dagegen aus einer Zeit als die vier Jungs noch eine ganz normale Band mit ganz normalen Problemen waren. Wie sonst hätte Paul McCartney sein rauschendes Radio unerkannt in einem Fernsehfachgeschäft reparieren lassen können? Oder John Lennon sich mit 512 DM Vorschuss zufrieden gegeben?

Probesitzen in Jaggers Verführercabrio

Von Ringo Starr gibt es eine Postkarte, auf der er einem Freund in Liverpool von den Konzerten in Hamburg vorschwärmt, ein Jahr später ist er selbst weltberühmt. Nur von George Harrison findet sich keine Spur in der Hinterlassenschaft des Starclubs. "Er wurde wieder heimgeschickt, weil er noch unter 21 war", erklärt Hauke.

Ein anderer Pavillon ist dem Übergang zu den Siebzigern gewidmet. Die Schallplattencover sind bunter und provokanter geworden. Der Drogenkonsum, Woodstock und die freie Liebe sind Thema auf vielen Flugblättern und Plakaten. Frank Zappa etwa kündigt seinen Auftritt im Circus Krone im Dezember 1970 mit einem doppeltem Unterleib von Michelangelo an. So viel Freizügigkeit ist man in der Landeshauptstadt nicht gewöhnt - ein Skandal. Über Nacht sind die Plakate verschwunden.

In München fühlen sich die Stars wohl

Hauke hat trotzdem München als Standort seines Rock- und Popmuseums gewählt. "Hier ist nicht gerade der Nabel der Rock'n Roll-Welt, aber wenn man sich überlegt, dass hier die Rolling Stones produziert gemacht haben, Freddie Mercury durch die Clubs gezogen ist und in der Münchner Version des Starclubs, dem Big Apple, die ersten großen Stars wie Jimi Hendrix aufgetreten sind, muss man sagen: München war immer ein Ort an dem sich die Stars wohlgefühlt haben", erklärt er. Vielleicht hat sich der Finanzkaufmann aber auch für die Landeshauptstadt entschieden, weil er nicht nur Musik-, sondern auch großer München-Fan ist. Auch wenn es ihm die Heimat die Sache mit dem Museum nicht immer leicht gemacht hat.

Haukes Geschichte beginnt in München, wo der Krieg seine Familie stranden lässt und er 1955 geboren wird. Über seine beiden älteren Schwestern und die Musikbox in der Schwabinger Kneipe der Eltern kommt er früh mit Elvis und den Beatles in Berührung. "Auch wenn mir die Texte damals noch gar nichts sagten. Erst als ich das erste Mal verliebt war und gleichzeitig die Beatles ihr 'I Want to Hold Your Hand' veröffentlichten, habe ich verstanden, dass sie auch mein Lebensgefühl reflektieren." Der Weg vom Musikliebhaber zum Sammler ist bei Hauke eher ein pragmatischer: "Weil die Platten damals noch so teuer waren, habe ich zwei Jahre auf ein neues Album von Pink Floyd gespart. Und dann hat man es natürlich viel sorgsamer behandelt."

Probesitzen in Jaggers Verführercabrio

Das aus seinen "kleinen Schätzen" mal ein Rockmuseum wird, hat Hauke nie gedacht. Doch wie das beim Sammeln so ist, häufen sich bald die Fundstücke aus der Rock- und Popwelt bei ihm - und verrückte Geschichten vor und hinter der Bühne. Viele Stars kennt er heute persönlich. Tina Turner zum Beispiel, der er einst Rosen auf die Bühne geworfen hat. Mit der Hilfe des Musikjournalisten Arno Eser stellt Hauke seine Sammlung 1992 erstmals in München aus - im "Zentrum für außergewöhnliche Museen" im Tal, direkt neben den Nachttöpfen von Sissi. Ganze 13 Jahre dauerte es, bis die Exponate ihr eigenes Museum bekommen.

Das höchste Rockmuseum der Welt

"Wir haben viele negative Erfahrungen gemacht, weil sich niemand so recht vorstellen konnte, wie so ein Rockmuseum aussehen soll", erklärt Hauke. Erst als der Fußball das Olympiagelände verlässt und man dort auf der Suche nach neuen Ideen ist, bekommt er eine Chance.

Eine ziemlich begrenzte allerdings. Auf der Aussichtsplattform des Olympiaturms findet kaum ein Prozent seiner Sammlung Platz. Dafür ist der Standort umso spezieller - Hauke kann sich nun "Direktor des höchsten Rockmuseums der Welt" nennen. Bald veranstaltet er auf dem über 200 Meter hohen Turm auch Konzerte für geladene Gäste. "Dann kam Sissi Perlinger und Wolfgang Niedecken und der Bürgermeister und der Torwart vom FC Bayern und plötzlich hat man das Thema in München angenommen und wir sind zum Kleinod geworden."

Mit "All You Need Is Music" wagt er nun den nächsten Schritt. Fünf Jahre lang wird ihm der Olympiapark die Eisaufwärmhalle in den Sommermonaten zur Verfügung stellen. Bei so viel Raum ist nicht nur Platz für die musikalische, sondern auch für die politische Revolution - auch der Prager Frühling und der Vietnam-Krieg sind Thema. Außerdem haben bei der ersten Sonderaustellung neben den Stars der sechziger und siebziger Jahre auch die Idole der Musikindustrie von heute ihren Platz gefunden - "wegen des Kontrasts", wie Hauke sagt.

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Shakiras BH und Robbies Champagner

Intime Details der Popgöttinnen wie der Schmetterlings-BH von Shakira, das Kleid von Jeanette Biedermann oder der knallrote Rennanzug, den Britney Spears einst trug, als sie bei einem Konzert in Deutschland spontan Lust auf Autofahren bekam, zieren die Sammlung. Auch der Champagner, an dem Robbie Williams in München nippte, ist unter den Fundstücken. Schließlich geht der Museumsdirektor auch heute noch auf Konzerte. Robbie, den "letzten großen Live-Entertainer", mag er ganz besonders.

Und so ist die Ausstellung dank Haukes Leidenschaft für die Musik, die ihn sein ganzes Leben nicht losgelassen hat, eine kleine Zeitreise durch die Geschichte des Rock und Pop geworden, die längst museumsreif ist. "Rock ist heute ein Stück Kulturgeschichte, das sich wie die Klassik oder Gemälde auch, seinen Platz im Museum verdient hat", findet auch der Finanzberater mit dem unvergleichlichen Sammlerinstinkt.

Die Eröffnungs-Party unter anderem mit Claudia Koreck findet am Donnerstag, 8. Mai 2008, ab 11 Uhr, statt. Die Ausstellung im Eissportzentrum, Olympiapark, ist zwischen dem 9. Mai und 26. Juli 2008, täglich zwischen 11 und 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet neun Euro.

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