Ritterschwemme zu Kaltenberg:"Bayerische G'schicht'n"

Kaltenberg: Gaststaette RITTERSCHWEMME - Biergarten

In der Ritterschwemme ist man auf Ausflügler eingestellt.

(Foto: Johannes Simon)

Keine Angst vor Kalorien: In der Ritterschwemme gibt es deftige Speisen und frisch gezapfte Gerstensäfte in königlichem Ambiente.

Luis Löschnigg

Helme glänzen in der Sonne, bunte Uniformen überall und am Eingang zum Biergarten der Ritterschwemme zu Kaltenberg sind die Rösser abgestellt. Doch nicht in Fleisch und Blut, mit vom Kampfgetümmel in der nahen Turnierarena erhitzten Körpern und bebenden Nüstern stehen sie da, sondern ganz still und matt schimmernd in Stahl, Alu und Karbon. Die Ritter von heute tragen Kunstfaserhemden und eng anliegende Shorts, die wegen ihrer eingearbeiteten Polster oft aussehen wie Windelhosen. Aber auch sie sind auf ihren Fahrrädern ins Schwitzen geraten und haben großen Durst. Dunkles, Helles und Weißbier vom Fass, gebraut vom Wittelsbacher-Spross Luitpold Prinz von Bayern weckt die Lebensgeister und lindert die Schmerzen in der Gegend, die eigentlich vom Polster geschützt werden sollte.

In der Ritterschwemme ist man nicht nur im Ausschank auf die Ausflügler mit Fahrrädern oder Motorrädern eingestellt, auch die Küche bemüht sich, mit großen Portionen den Kalorienhaushalt auszugleichen. Das schaffte sie zum Beispiel mit ihrem Dunkelbierbraten mühelos. Der Schweinsbraten entpuppte sich als ein richtig schönes, deftiges Exemplar seiner Gattung, einschließlich des traditionellen Zubehörs in Gestalt von Kartoffelknödel und Krautsalat.

Die drei prächtigen, zarten Scheiben waren aus der Schulter geschnitten, lagen in einer herzhaften dunklen Soße und waren jeweils umgeben von einem kleinen Fettrand mitsamt einer röschen Kruste, die richtig angewachsen war und nicht - wie so oft - einfach dazugelegt wurde. Da verzieh man dem Knödel gerne seine etwas festere Konsistenz. Zu anderen Gerichten dagegen, wie etwa der großen Haxnportion, wurden viel lockerere Knödel gelegt, weich und saugfähig für die gute, nicht angedickte Soße.

Kuriositäten aus der bayerischen Küche

Schweinshaxen sind auf Kaltenberg eine Spezialität, schon deshalb lohnt ein Besuch am Mittwoch, wenn "Haxntag" ist. Dann landet dort nicht nur die halbe Haxn mit butterweichem Fleisch und röscher Kruste auf dem Teller, das zarte Haxnfleisch wird auch veredelt, unter anderem als Haxnragout. Das bestand aus mehreren pyramidenförmig geschnittenen Fleischstücken, deren Spitzen aus einer deftig-würzigen Senf-Zwiebelsoße ragten und Häubchen aus saurer Sahne trugen. Warum der Teller mit winzigen blauen Blüten bestreut wurde, blieb ein Rätsel, zumal die Blumen nach nichts schmeckten. Haxnfleisch fand sich auch in einer Sülze wieder, zu der Bratkartoffeln gereicht wurden.

Zu den Kartoffeln waren Speck und Zwiebel in die Pfanne gekommen, so dass allein die Beilage völlig satt machte. Die beiden mindestens ein Zoll dicken Scheiben ließen durch die klare Sülze viel dünn geschnittenes Fleisch erkennen. Die Sülze selbst hatte leider einen etwas matten Geschmack. Der Rahmbraten aus der Kalbsschulter war naturgemäß kein optischer Hingucker, sonst aber tadellos: die beiden dicken Scheiben Kalbfleisch weich und saftig, ohne störende Sehnen oder Flachsen, was sich allerdings nur durch sorgfältiges Beiseiteschieben der fein säuerlich abgeschmeckten, aber vom offenbar längeren Warmhalten schon etwas dicklich gewordenen Soße feststellen ließ. Die in Butter geschwenkten runden Spätzle, die eher badischen Knöpfli glichen, waren eine Gaumenfreude für jeden Liebhaber dieser Sorte von Teigwaren.

Warum aber eine mächtige Brezen-Speise "Bayerische G'schicht'n" hieß, blieb ein weiteres Rätsel der an kuriosen Bezeichnungen reichen Speisekarte. In der aufgeschnittenen Breze lag eine dicke Scheibe warmer Schweinsbraten, überhäuft mit heißem, süß-saurem Sauerkraut und überbacken mit Sauerrahm, Speck und Zwiebel. Wer hunderte Kalorien in kurzer Zeit zu sich nehmen will oder muss, ist mit dieser Geschichte sicher gut bedient. Auch die Gerichte aus der kalten Küche waren reichlich portioniert, wie etwa der "König-Ludwig-Teller" mit feinen Schinken- und Käsesorten und jeweils einem Tiegelchen Griebenschmalz und Obazda.

Handwerkskunst an Schmarrn und Strudel

Die ritterliche Völlerei wurde durch Kaiserschmarrn mit Apfelmus abgeschlossen, zu dem der Kellner ungefragt gleich zwei Gabeln mitbrachte, damit auch andere am Tisch die Mehlspeise probieren konnten. Die Teigstücke bildeten ein goldbraunes kleines Gebirge auf dem Teller, die Menge an Rosinen und Puderzucker war fein abgestimmt, und aufs Mus waren noch ein paar Apfelscheiben drapiert. Auch der in seinem Inneren arg heiße Topfenstrudel fand nicht nur einen Liebhaber. Während bei Schmarrn und Strudel handwerkliche Unterschiede zu erkennen waren, muss der Hersteller der Apfelkücherl ein wahrer Kunstschnitzer gewesen sein. Völlig gleichmäßig geschnittene Apfelscheiben, umhüllt von einer Zimtzuckerkruste kamen rasend schnell nach der Bestellung und unglaublich heiß auf den Tisch, so als hätten sie nur darauf gewartet, endlich abgerufen zu werden.

Zu allen Vor- und Hauptgerichten passt vorzüglich das am Ort gebraute dunkle Bier und die in der Fürstenfeldbrucker Braustätte hergestellten anderen Biersorten. Liebstes Getränk der Radler, wie bei Biergartenbesuchen festzustellen war, ist aber eben nicht das Radler, sondern Weißbier. Die Preise in der Ritterschwemme bewegen sich bei den Suppen um 4 Euro, die Hauptspeisen kosten zwischen 7 und 12 Euro, eine Halbe Bier ist für 3,20 Euro zu haben.

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