Süddeutsche Zeitung

Ristorante Villini:Qualität statt Bussi-Bussi

Die Küche des Villini versteht es, aus ausgezeichneten Zutaten mit immer neuen Ideen und Kombinationen überraschende Geschmackserlebnisse zu schaffen.

Von Gertrude Fein

Es gibt Leute, die sich mit Straßenkarten überall zurechtfinden und den Einsatz von Navigationsgeräten zutiefst verachten. Bei nicht wenigen dieser stolzen Kartenleser soll es vorkommen, dass sie sich diebisch freuen, wenn sie in der Zeitung lesen, dass wieder so ein Navi-Abhängiger tief im Wald am Ende eines Feldweges oder im knietiefen Schlamm eines Weihers gelandet ist, statt an der Autobahneinfahrt nach Starnberg oder Stuttgart.

Bei der Anfahrt zum Ristorante Villini lohnt es sich, ein Navi zu befragen, auch wenn seine Stimme den Fahrer fast schwindlig macht mit rechts, links, sofort wieder rechts, Kreisverkehr an der ersten Ausfahrt verlassen, wieder links und fröhlich so weiter. Nach gefühlten dreißig Abbiegungen landet man dann vor einem dunkelrot getäfelten Haus mit einem Vorgarten, wo man an warmen Tagen unter großen Sonnenschirmen angenehm sitzen und tafeln kann. Durch den Garten geht es in das helle, freundliche Restaurant.

Trotz seiner abgelegenen Lage ist das Villini immer so gut besucht, dass es fast unmöglich ist, ohne Reservierung einen Platz zu ergattern. Am Abend scheint es für die vielen Stammgäste ein erweitertes Esszimmer zu sein; entsprechend laut geht es dann oft zu. Mittags ist es ruhiger und auch einfacher, einen Platz zu bekommen. Dann gibt, es neben den Angeboten auf einer großen Schiefertafel, täglich zwei dreigängige Mittagsmenüs zum Preis von 13,90 oder 15,90 Euro.

Das Menü I - mit Gemüse gefüllte Aubergine auf Salat, Maronenfettuccine mit Spanferkelragout, Bananentorte - war jeden Cent wert. Auch die Calamaretti vom Grill, weich, aber nicht zu weich, eine große Portion mit sehr gutem Kartoffelbrei, hätten besser nicht sein können (17,90). Dagegen fiel die Pizza bianca mit Lachs, Rucola und Creme fraiche etwas ab, weil der Boden rasch recht zäh wurde (11,90).

Die Küche des Villini versteht es, aus ausgezeichneten Zutaten mit immer neuen Ideen und Kombinationen überraschende geschmackliche Erlebnisse zu schaffen. So war etwa die Entenlebermousse nicht nur wunderbar schaumig, sondern wurde durch die Beigabe von karamellisierten Apfelstücken, Kapuzinerbart und Tropeazwiebeln zu etwas ganz Besonderem (10,90).

Degustationsmenü für Genießer

Auch nicht alltäglich: in Folie gegarter Radicchio Trevisano. Der leicht bittere Salat wurde mit Pinienkernen, Auricchiokäse (eine Provolonesorte), Büffelmozzarella und Pecorino Fonduta veredelt (10,90). Nach so einer reichhaltigen Vorspeise war die ausgezeichnete, leichte toskanische Fischsuppe mit dem schönen Namen Guazzetto di Pesce ein wahrer Genuss (19,90). Etwas langweilig hingegen die Spaghetti mit Langostinos; ihnen fehlte die Prise Originalität, die beinahe alle Gerichte im Villini auszeichnete (12,90).

Einen guten Überblick über die Qualität des Hauses bietet das täglich wechselnde, viergängige Degustationsmenü (38,00). Als Aperitif wurde ein sehr angenehmer Franciacorta Berlucchi brut serviert, der richtige Einstieg in die kommenden Genüsse. Gang 1: Galletto, gefüllte Stubenkükenkeule mit Backenspeck auf gegrillten Artischocken und feinen Salatblättern, ein guter Auftakt. Gang 2: Hausgemachte Tortelli mit Ricotta-Kürbis-Füllung in sahniger Schnittlauchsauce, köstlich. Hauptgang entweder Fisch oder Fleisch: Skreifilets in Kräuterkruste auf Gemüse mit anscheinend hausgemachtem Kartoffelbrei, sehr wohlschmeckend. Oder gegrillte Filetscheiben vom irischen Salzwiesenlamm ebenfalls mit Gemüse.

Desserts, die das Menü bestens abrunden

Das Fleisch war, obwohl sehr dünn geschnitten, zart, aber es hätte auch Kalb oder sonst etwas sein können, nach Lamm schmeckte es jedenfalls nicht. Der "Weißwein der Woche", Vermentino Montemassi aus der Toskana, bildete eine gute Begleitung durch das Menü (0,2 Liter 5,90).

Dolce: Fein säuerliche sizilianische Zitronenmousse mit Erdbeeren, auf dem Tellerrand der Namenszug Villini in Kakao. Sie rundete das Ganze aufs Trefflichste ab. Die Mousse hatte der Patrone, die Grenze der Aufnahmefähigkeit der Gäste erkennend, statt der in der Karte vorgesehenen gebackenen Ravioli empfohlen. Die Aufmerksamkeit für die, in diesem Fall noch unausgesprochenen Wünsche, ist wohl mit ein Grund für die Beliebtheit des Restaurants.

Chef und Kellner verlieren auch bei größtem Andrang nie den Überblick. Ruhig und zurückhaltend, ohne jedes läppische Italianità-Getue, umsorgen sie ihre Gäste. Mit Handschlag, nix Bussi-Bussi, verabschieden sie sich und wünschen, dass man bald wiederkommen möge.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2017/vewo
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