Richard Rigan über Schwabing:"Da bleibe ich lieber daheim"

Erlebt Schwabing ein Revival? Richard Rigan, genannt der "Elvis von Schwabing", hat in dem Viertel jahrelang einen Club betrieben - und glaubt nicht an die Rückkehr der alten Zeiten.

Lisa Sonnabend

Richard Rigan, 64, wuchs in der Barerstraße auf und macht seit 50 Jahren Rock'n'Roll. Von 1978 bis 1986 hatte der "Elvis von Schwabing" seinen eigenen Live-Club, den Rigan-Club in der Herzogstraße. Derzeit schreibt er an seinem dritten Buch "Virus der Akademiker-Verblödung". Gelegentlich tritt er auch noch mit seiner Rock'n'Roll-Show auf - und dann geht es genauso turbulent zu wie früher.

Richard Rigan über Schwabing: Richard Rigan, der Elvis aus Schwabing, bei einem Auftritt im Pacha 2008.

Richard Rigan, der Elvis aus Schwabing, bei einem Auftritt im Pacha 2008.

(Foto: Foto: Max Sterz / muenchenblogger.de)

sueddeutsche.de: Herr Rigan, Viele reden derzeit davon, dass das Alte Schwabing zurückkehrt. Stimmt das?

Richard Rigan: Es ist nicht möglich, die Zeit zurückdrehen. Das Schwabing, das wir jetzt haben, ist ein Konzeptschwabing, es geht ums Geschäftemachen. Mit den überhöhten Pachten rund um die Leopoldstraße ist es gar nicht mehr möglich, eine normale Kneipe zu eröffnen. Die Wirte müssen eine Geschäftsidee haben und beten, dass der Umsatz jeden Tag stimmt. Das Alte Schwabing, das Künstlerviertel - das ist vorbei.

sueddeutsche.de: Dann spielt das Schwabinger Nachtleben heute eigentlich keine Rolle mehr?

Rigan: Es gibt noch das Alfonso's in der Franzstraße und das Schwabinger Podium in der Wagnerstraße mit Live-Konzerten, mehr aber nicht. Wirte müssen so viele Auflagen beachten. Da kann gar nichts wachsen.

sueddeutsche.de: Was hat das Alte Schwabing damals so besonders gemacht?

Rigan: Es war erdig und natürlich. Der Wirt war damals eine Persönlichkeit. Im Tabu zum Beispiel gab es jeden Tag etwas anderes: einen Abend Kabarett, einen anderen ein Konzert. Hier hat Udo Jürgens seine ersten Gehversuche gemacht. Heute vermisse ich auch Lokale wie Marienkäfer in der Georgenstraße, Domizil in der Leopoldstraße oder Cosy am Elisabethplatz, die von Künstlern selber geführt wurden. Denn nur die wissen, wie es geht.

sueddeutsche.de: Und was hatte es mit Ihrem Rigan-Club in der Herzogstraße auf sich?

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Rigan: Das Besondere bei mir im Rigan-Club war, dass ich nicht auf den Umsatz schauen musste. Ich bin jahrelang als Musiker durch die Welt getingelt und kannte die ganze Popliga. Durch meine eigenen Auftritte und die der weltweiten Rockprominenz, die bei mir für Spesen aufraten, hatte ich mein Image und der Club war von Donnerstag bis Samstag immer voll.

sueddeutsche.de: Welche Bands waren da?

Rigan: The Searchers, Marmalade oder Bay City Rollers - sie haben alle in meinem Club gespielt. Deswegen konnte ich von Sonntag bis Mittwoch junge Bands auftreten lassen, ohne Rücksicht darauf, ob der Club leer oder voll ist. Im Rigan-Club haben auch die ersten Punkgruppen gespielt. Da war das Wort Punk in Deutschland noch gar nicht bekannt.

sueddeutsche.de: Was waren die legendärsten Abende im Rigan-Club?

Rigan: Da gab es sehr, sehr viele. Einmal hat Nina Hagen so viel Anlage mitgebracht, dass wir keinen Gast mehr reingebracht haben. Nina hat dann gesagt: "Vor so wenig Leuten spiele ich nicht." Paul Breitner hat mal einen Abend hier Schlagzeug gespielt. Und Mike Oldfield ist mal über eine Stunde lang mit einer Schülerband aufgetreten - und ich habe gar nicht gemerkt, dass es der Mike Oldfield ist. Es hat ihm einfach Spaß gemacht.

sueddeutsche.de: Warum haben Sie dann 1986 zugemacht?

Rigan: Es lag an der dichteren Besiedlung von Schwabing. Schon nachmittags um fünf Uhr hat man in der Herzogstraße keinen Parkplatz mehr gefunden. Das führte zu Problemen. Bei mir haben viele englische Bands gespielt und die waren es nicht gewohnt, dass sie, wenn sie mit ihrem Bus kommen, nicht mitten auf der Straße parken dürfen. In Liverpool war es üblich, dass man den Bus in der Mitte der Straße abstellt und die Autos links und rechts vorbeifahren. Und das Wort "leise" kannten die nicht. Ich hatte diverse Lautstärkeprobleme mit der Nachbarschaft. Ich habe dann freiwillig zugemacht, aber wegen der vielen Anzeigen hätte ich sowieso zwangsläufig kurz darauf schließen müssen.

Die Rückkehr des Elvis von Schwabing

sueddeutsche.de: Inzwischen ist der Wassermann, das Lokal einer Gastronomie-Kette, in den Räumen Ihres Club untergebracht...

Richard Rigan

Im Jahr 2010 plant Rigan wieder eine Elvis-Show.

(Foto: Foto: Max Sterz / muenchenblogger.de)

Rigan: Der Wassermann ist ein ganz normales Lokal, da kann man nichts dagegen sagen. Es ist die Entwicklung der Zeit. Einmal habe ich dort sogar einen Erinnerungsauftritt gehabt.

sueddeutsche.de: Sie werden der "Elvis von Schwabing" genannt. Wie kam es dazu?

Rigan: Sechs Wochen nach dem Tod von Elvis wurde ein Sänger für eine Show im Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz gesucht. Da ich Ähnlichkeit mit Elvis hatte und mehrere Rock'n'Roll-Tanztitel gewonnen hatte, habe ich mir einen weißen Anzug besorgt und bin aufgetreten. Den Namen habe ich dann nicht mehr losbekommen, obwohl ich schon 20 Jahre keine Elvis-Show mehr gemacht habe und bei einem normalen Auftritt höchstens zwei Elvis-Lieder spiele.

sueddeutsche.de: Stört Sie das?

Rigan: Das ist halt so. Mein guter Freund Jürgen Drews, den ich oft auf Mallorca besuche, ist einer der besten Live-Sänger in Deutschland. Aber aus "Ein Bett im Kornfeld" kommt er nicht mehr raus. Auch Mick Jagger wäre unten durch, wenn er plötzlich Chansons singen würde. Die Leute wollen das halt so haben. Und so bleibe ich eben der "Elvis von Schwabing". Ich habe in diesem Jahr 50-jähriges Berufsjubiläum und da überlege ich sogar, noch einmal eine Elvis-Show zu machen.

sueddeutsche.de: Inzwischen wohnen Sie nicht mehr in Schwabing, sondern in Zamdorf. Warum?

Rigan: Ich bin nicht weggezogen, weil mich Schwabing gestört hat - bis auf die etwas überzogenen Mieten. Demnächst will ich sogar wieder nach Schwabing zurück, weil es mir in Zamdorf zu langweilig ist. Hier fährt nur ein Bus, man muss x-mal umsteigen, um irgendwo hinzukommen. Da bin ich in Schwabing besser aufgehoben.

sueddeutsche.de: Kann man das vielleicht als Zeichen deuten, dass Schwabing wieder im Kommen ist, wenn sogar Richard Rigan zurückkehrt?

Rigan: Das könnte man so deuten. Um die Häuser ziehen werde ich allerdings nicht mehr oft, weil ich kaum noch Alkohol trinke. Aber ich werde oft Essengehen in die Rheinpfalz, eines der wenigen Lokale, wo es noch urig ist und kein Schickimicki zu sehen ist. Ich mag dieses Aufgesetzte nämlich nicht, diese Vorgaben, wie man wo zu sein hat. Ich ziehe immer das an, was mich in der Sekunde anspringt, wenn ich mich anziehe. Vorschriften wie "Hier darf man keine Cowboystiefel anziehen" mag ich nicht. Da bleibe ich lieber zu Hause.

In der Ursulastraße 6 gibt es eine Woche lang ein Programm aus Ausstellungen, Referaten, Podiumsdiskussionen und Theaterstücken über Schwabing geboten. Mehr Infos gibt es hier.

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